Geliebte Schwindlerin
schnell lernen, ihre Vorteile wahrzunehmen, wenn sie’s zu etwas bringen will.“
Verwirrt sah Minella die Freundin an.
„Tut mir leid, Liebes“, sagte Connie, „aber wenn wir zusammen sind, geraten wir immer ins Fachsimpeln.“
„Vielleicht möchtet ihr lieber unter euch sein?“ fragte Minella. „Soll ich ins Schlafzimmer gehen?“
„Es wäre ratsam, wenn du dein Gepäck nach oben bringen ließest. Mir ist gerade eingefallen, wo du zumindest die nächsten drei Tage wohnen kannst.“ Connie erhob sich und fuhr fort: „Zufällig ist das Zimmer nebenan frei. Der Schauspieler, der es bewohnt, ist auf Tournee. Er gibt mir immer die Schlüssel, damit ich seine Pflanzen gieße.“
„Aber wenn er nicht da ist, können wir ihn doch auch nicht um Erlaubnis fragen“, gab Minella zu bedenken.
„Mach dir darüber keine Sorgen“, entgegnete Connie unbekümmert.
„Wir helfen uns hier gegenseitig. Komm mit, ich schließe dir die Tür auf.“
Sie nahm einen Schlüssel von dem Tischchen im Wohnzimmer, trat auf den Flur hinaus und ging auf die gegenüberliegende Tür zu.
Sie schloß auf, ging durch das dunkle Zimmer und zog die Jalousie hoch. Minella fand sich in einem sogenannten Wohnschlafzimmer wieder. Es gab eine Couch darin, einige Stühle und ein Schreibpult. Auch hier schmückten Theaterplakate die Wände. Dahinter steckten alte Zeitungsausschnitte und Theaterfotos.
„Hier hast du’s ganz gemütlich“, meinte Connie, „und Angst brauchst du nicht zu haben, denn ich bin ja nebenan.“
„Meinst du wirklich, daß sich das gehört?“
Connie lächelte nachsichtig. „Allerdings. Wir Theaterleute sind sehr großzügig und nicht so mißtrauisch wie die Leute auf dem Lande, die keinem über den Weg trauen. Und jetzt lauf die Treppe hinunter und ruf Ted, der sich im Keller aufhält. Er wird dir dein Gepäck hochtragen. Gib ihm einen Penny, mehr ist es nicht wert. Dann packst du aus, was du für die Nacht brauchst.
Bevor ich ins Theater gehe, besprechen wir noch, was aus dir werden soll.“
„Hast du heute abend Vorstellung?“ fragte Minella.
„Selbstverständlich“, erwiderte Connie. „Ich muß aber erst in einer Stunde weg. Es hat also keine Eile.“
Sie drehte sich um und verschwand wieder in ihrer Wohnung.
Gertie und Nellie wandten sich ihr zu, als sie das Wohnzimmer betrat.
„Eine schöne Bescherung ist das!“ sagte sie verdrossen. „Reden wir offen miteinander, Kinder. Was sollen wir tun?“
„Darüber haben wir uns gerade unterhalten“, gab Gertie zurück, „und wir haben eine gute Lösung gefunden!“
„Und die wäre?“ fragte Connie neugierig.
„Wie wär’s, wenn deine Freundin Katys Platz einnehmen würde?“ schlug Gertie vor. „Sie ist hübsch und mal was ganz anderes.“
„Du bist verrückt!“ rief Connie entgeistert aus.
„Warum sollte das denn nicht klappen?“ fragte Gertie. „Wenn du mich fragst, so ist sie auf eine ganz eigene Weise attraktiv und unterscheidet sich völlig von uns allen. Das ist genau das, was Seine Lordschaft sucht!“
3
Minella öffnete gerade einen ihrer Koffer, um das Nachthemd und die Toilettensachen herauszunehmen, als Connie zurückkam.
Besorgt sah Minella sie an. Sie hatte das unbestimmte Gefühl, daß Connie ihr etwas sagen wollte, was sie unangenehm berühren würde, obwohl sie diese Annahme nicht begründen konnte.
Connie setzte sich auf die Couch. „Hör mir mal zu, Minella“, sagte sie dann in sehr ernstem Ton.
Minella, die neben dem Koffer kniete, richtete sich halb auf und hockte sich auf die Fersen.
„Was hast du, Connie?“ fragte sie. „Bin ich dir im Wege? Möchtest du, daß ich verschwinde?“
„Nein, das ist es nicht“, entgegnete Connie, „aber ich will dir einen Vorschlag machen, der dir vielleicht mißfällt. Sollte das der Fall sein, mußt du’s ehrlich sagen, hörst du?“
„Natürlich“, erwiderte Minella. „Wir zwei sind doch immer ehrlich zueinander gewesen, zumindest früher, als wir noch zusammen waren.“
„Ja, sicher“, sagte Connie ein wenig hastig, „aber diesmal ist es etwas anderes.“
„Wieso?“ fragte Minella. Sie hatte das Gefühl, daß irgend etwas nicht stimmte, und blickte die Freundin mit großen fragenden Augen an.
Sie sah dabei so jung und arglos aus, daß Connie Bedenken kamen.
„Eigentlich sollte ich dir diesen Vorschlag gar nicht machen“, sagte sie, „aber die Mädchen halten es für eine gute Idee, und außerdem möchte ich dich auch nicht gern allein
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