Geliebte Teufelin
aber weitaus wirkungsvoller. Nac h dem sie ein Glas mit Wasser geholt hatte, tätschelte sie Petras Wangen, die langsam wieder zu sich kam.
Sie sah Luzia mit einem verwirrten Blick an: „Was ist passiert, wer…?“
„Ich bin Luzia, Ihnen ist wohl schlecht geworden, nehmen Sie die Tablette, dann geht es Ihnen besser.“
Petras Hände zitterten so stark, dass Luzia ihr beim Trinken helfen musste. Nachdem Petra die Tablette geschluckt hatte, seufzte sie laut und sah sich im Zimmer um. „Wie spät ist es?“
Luzia sah auf die Uhr: „Viertel vor fünf, haben Sie noch etwas vor?“
„Ich habe… ich hatte um vier einen Termin bei Herrn Möller, wieso ist es denn jetzt schon fünf? Ich war doch gerade noch… ich kann mich überhaupt nicht erinnern.“
Luzia setzte sich neben sie und nahm ihre linke Hand.
„Sie hatten einen kleinen Kreislaufkollaps und sind ohnmächtig geworden. Der Termin muss leider ausfallen. Es gibt auch keine neuen, Herr Möller schließt vor ü bergehend die Praxis. Leider konnte er nicht mehr allen Patienten Bescheid geben. Er hat mich gebeten, alle, die heute noch kommen, zu informieren.“
Petra wusste nicht, was sie tun sollte. Sie litt seit Jahren unter starken Zwangsneur o sen, wie einem Putz- und Waschzwang. Zu einem Psychologen wollte nicht gehen, ließ sich aber vor einem halben Jahr von einer Freundin überreden, Sven Möller zu konsultieren. Sie lernte ihn als sehr netten und einfühlsamen Mann kennen, der sich geduldig ihre Probleme anhörte und sie anschließend mit Akkupunktur behandelte. Ihre Neurosen konnte er zwar nicht heilen, aber sie ging weiter zu ihm, weil sie das Gefühl hatte, dass er der einzige Mensch auf der Welt war, der Verständnis für ihre Probleme hatte. Ihre wenigen Freunde, die sie noch hatte und alle anderen Me n schen, die davon wussten, nahmen sie offensichtlich nicht ernst. Die Nachricht, dass Möller die Praxis geschlossen hatte, traf sie wie ein Blitz aus heiterem Himmel und machte sie völlig ratlos. Wohin sollte sie noch gehen, wer würde sich jetzt ihre So r gen anhören.
Sie begann hemmungslos zu weinen und fiel Luzia in die Arme. Luzia war völlig verblüfft und mit der Situation überfordert. Was war bloß mit dieser Frau los, hatte das Serum nicht richtig gewirkt? Sie löste sich behutsam aus der Umarmung und fragte: „Was ist das Letzte, an das Sie sich erinnern können?“
Petra hörte auf zu Weinen. „Sie meinen heute? Ich weiß nicht so genau, ich glaube, ich bin irgendwann hier reingekommen und habe mich hingesetzt.“ Sie schaute auf den Tisch mit Zeitschriften. „Ich habe eine von den Zeitungen gelesen, ich weiß nur nicht mehr welche. Was mach ich denn jetzt nur?“ Wieder fing sie an zu schluchzen. Bevor sie sich erneut Luzia an den Hals werfen konnte, sprang diese schnell auf.
„Ich mach Ihnen einen Vorschlag: Ich gehe mal kurz in den Nebenraum und erledige etwas und dann gehen wir beide gegenüber ins Café und unterhalten uns in Ruhe, einverstanden?“
Petra zögerte kurz und nickte dann.
„Schön hier sitzen bleiben, ich bin gleich wieder da.“
Kurz bevor Luzia durch die Tür schweben wollte, fiel ihr ein, dass sie damit höchs t wahrscheinlich wieder einen hysterischen Anfall bei Petra auslösen würde. Sie hielt im letzten Moment inne und ging wie ein normaler Mensch nach nebenan. Dort kam Möller gerade langsam auf die Beine, Luzia war blitzschnell bei ihm und setzte ihren Spezialgriff an, der ihn wieder ins Land der Träume zurückschickte.
Im Café hörte sich Luzia zwei Stunden lang Petras Probleme an, verabschiedete sich dann unter einem Vorwand, allerdings nicht ohne zu versprechen, sich um einen Ersatz für Möller zu kümmern. Schließlich brauchte sie selbst ja auch einen neuen Therapeuten. Auf einem Umweg ging sie anschließend durch eine Hintertür in die Praxis zurück. Sie hatte noch etwas Dringendes zu erledigen.
Am übernächsten Tag stand auf der Titelseite der größten Tageszeitung „Bekannter Therapeut Sven Möller tot- Unfall oder Selbstmord?“
Im Artikel war zu lesen, dass gegen neun Uhr des Vortages die Putzfrau Möller tot in seinem Atelier aufgefunden habe. In seiner Brust steckte mit dem spitzen Ende eines der Beine eines Fotostatives. Daneben lag ein umgestürzter Stuhl. Gerichtsmediziner und Kriminaltechniker, die den Fall untersuchten, verweigerten zunächst jeden Kommentar und verwiesen auf die notwendigen Untersuchungen, die mehrere Tage dauern könnten. Nach einer Woche gab
Weitere Kostenlose Bücher