Geliebte Teufelin
Kirche bekannten Marin Luther und Johannes Calvin die Verfolgung von Hexen und Zauberern für eine notwendige Maßnahme.“
„Nun, Monsignore Calderoni“, erwiderte Luzifer mit einem Lächeln, „es ist sehr e h renwert, dass sie die katholische Kirche verteidigen.
Lassen sie mich doch aber bitte den letzten Teil meiner kleinen Geschichte erzählen.
Das kleine Haus in Italien hat Jahrhunderte der Geschichte überdauert und steht immer noch. Inzwischen wurde es natürlich mehrfach umgebaut und renoviert und von seinem ursprünglichen Zustand ist nicht mehr viel zu erkennen. Es scheint aber einen eigentümlichen Reiz gerade auf Künstler auszuüben, denn seit mehreren Ja h ren, wir haben inzwischen das Jahr 2010, wohnt wieder einer dieser seltsamen Spez i es dort. Womit ich nichts gegen Künstler gesagt haben will, mir gefiel nur diese Fo r mulierung gut. Ahnt jemand, wie diese Geschichte ausgeht, beziehungsweise was die Moral von der Geschichte ist? Nein, nicht schon wieder Cornelius, wie wäre es denn mit Luzia. Von dir haben wir in dieser Runde noch gar nichts gehört.“
Luzia war es offenbar etwas peinlich, angesprochen zu werden. Sie fühlte sich in G e genwart der anderen Personen deplatziert. Waren sie doch alle entweder sehr gebi l det oder hatten wichtige Ämter inne. Und nun sollte ausgerechnet sie den Schlus s punkt dieser Geschichte setzen. Andererseits wusste sie genau, worauf ihr Vater hi n auswollte. Sie musste sich nur trauen, den Mund aufzumachen. Nachdem Luzifer sie aufmunternd und mit einem leichten Nicken angeschaut und Cornelius sie unter dem Tisch angestupst hatte, fasste sie sich ein Herz und erhob sich.
„Ich glaube, ich weiß, was uns mein Vater mit dieser Geschichte sagen will. Früher war es einfach, die Menschen zu beeinflussen oder ihnen Angst einzujagen. Sie glaubten an die Existenz höherer Mächte, sie fürchteten sich vor Teufeln, Hexen und Dämonen. Die modernen Menschen haben ganz andere Ängste. Kinder haben Angst davor, ausgelacht zu werden, wenn sie mit Turnschuhen von Aldi statt mit teuren Designer-Modellen in die Schule gehen müssen. Ihre Väter fühlen sich minderwertig, wenn sie sich nicht einen mindestens genauso großen Flachbildfernseher wie ihr Nachbar leisten können. Heutzutage braucht doch niemand mehr Götter oder Ki r chen. Die neuen Religionen heißen Fernsehen und Internet, die neuen Idole sind die Mächtigen und Superreichen, die sich alles leisten können. Die Götter der Jugendl i chen sind Tokio Hotel oder Lady Gaga. Wir Teufel haben auch ausgedient, schlie ß lich gibt es genug Drogen, die einen auf einen Dauertrip schicken können oder Ho r rorfilme, mit denen man sich die schönsten Alpträume verschaffen kann. Der Küns t ler, der jetzt in dem Haus wohnt, glaubt nur noch an sich selbst und seine Karriere und fürchtet sich höchstens vor einem Minus auf seinem Bankkonto oder davor, dass sein Computer kaputt gehen könnte, während er ein Digitalfoto bearbeitet.“
Luzifer nickte zustimmend und applaudierte. „Bravo, meine kleine Luzia, genauso ist es.“
Luzia nahm erleichtert wieder Platz und Cornelius klopfte ihr anerkennend auf die Schenkel.
„Wisst ihr, was einer der ersten Sätze war, die Gott bei unserem Treffen zu mir g e sagt hat?“ , fuhr Luzifer fort. „Er sagte, Luzifer, die Menschen glauben nicht mehr an uns, weder an dich noch an mich. Wir müssen dringend etwas tun, um sie wieder auf den rechten Pfad zurückzuführen.“
„Haben sie uns dafür zusammengerufen? Wir sollen beraten, wie wir die Menschen dazu bewegen können, wieder an Gott und den Teufel zu glauben?“ Herbert Bruc h hagen schien endgültig aufgetaut zu sein.
„Ich glaube, das funktioniert nur, wenn wir das Rad der Geschichte zurückdrehen und die technischen Errungenschaften der letzten 150 Jahre rückgängig machen: Kein Fernsehen mehr, keine Computer, keine Videospiele, keine Autos und Flugze u ge und was weiß ich.“
Cornelius nickte zustimmend und fügte hinzu: „Und vor allem kein Internet, die Menschen waren früher nur deshalb so leicht zu beeinflussen, weil sie keine Ahnung von der Welt hatten, weil sie sich nicht informieren konnten. Je besser die Menschen informiert sind, desto kritischer sind sie.“
„Genau“, nahm Bruchhagen den Faden wieder auf, „aber diese ganze Diskussion führt doch zu nichts, wenn wir uns endlos darüber unterhalten, wie schön einfach früher alles war. Wir leben im Hier und Jetzt, also sollten wir überlegen, was
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