Geliebte Teufelin
Existenz des Teufels gesprochen hat.“
„Nun, Johannes Paul II . galt in vielerlei Hinsicht als erzkonservativ“, gab Kardinal Calderoni zu Bedenken, „ich glaube nicht, dass seine Meinung darüber von vielen Kirchenmitgliedern geteilt wurde. Der derzeitige Amtsinhaber ist in seinen Ansic h ten weitaus, ich glaube das richtige Wort dafür wäre: moderner. Er teilt die Ansicht vieler Theologen, dass man die Bibel und andere theologische Schriften, wie er sich gerne auszudrücken pflegt, entstauben müsste und nicht alles wörtlich verstehen sollte.“
Von Bergheim hob zögernd die Hand und räusperte sich. Als ihn alle ansahen, zuc k te er wieder zusammen.
„Nur zu, Herr Bergheim, Verzeihung, Herr von Bergheim“, forderte ihn Uriel auf.
„Mein Vorschlag klingt vielleicht etwas radikal, aber wäre es nicht das Einfachste und Wirkungsvollste, wenn Herr Luzifer ihn, ich meine seine Heiligkeit, einfach mal besuchen würde. Wenn ich jemanden von meiner Existenz überzeugen wollte, dann würde ich mich doch einfach vor ihn hinstellen und sagen: Sieh her, ich bin’s, es gibt mich wirklich.“
Luzifer musste lächeln, was scheinbar ansteckend auf einige andere in der Runde wirkte. Ein allgemeines Murmeln entstand. Er hob die Hände und gab ein leises Z i schen von sich, woraufhin wieder Ruhe einkehrte.
„Meine Lieben, was Herr von Bergheim gesagt hat, ist gar nicht so lustig. Mein L a chen war auch nicht abwertend gemeint. Im Grunde hat er das Hauptproblem ang e sprochen, mit dem wir es zu tun haben: das Glaubensproblem, wie ich es einfach nennen möchte. Ich will es anhand eines Beispiels erläutern. Man könnte es auch ein Gleichnis oder eine Allegorie nennen, um mich der Ausdrucksweise der Theologen zu bedienen.
Stellt euch bitte folgendes vor:
Wir schreiben das Jahr 1300, in einem kleinen Ort irgendwo in Italien sitzt ein Maler vor seinem Haus. Nachdem er stundenlang an einem Bild gearbeitet hat, möchte er eine kleine Pause machen. Nach einiger Zeit verfinstert sich am Horizont der Hi m mel, Blitze zucken aus den Wolken und ein großer, schwarzer Rabe fliegt über ihn hinweg. Was denkt er sich dann wohl?“
Cornelius meldete sich. „Ich könnte mir vorstellen, dass er die Blitze und den Raben als böses Omen interpretiert und sich lieber ins Haus verzogen hat.“
„Gute Antwort Cornelius, in dieser Zeit war es sehr einfach, die Menschen von der Existenz finsterer Mächte zu überzeugen, aber die Geschichte geht noch weiter. 200 Jahre später steht das Haus, das sehr solide gebaut wurde, immer noch. Wieder sitzt ein Künstler vor dem Haus, um sich auszuruhen und wieder gewittert es und ein großer Vogel fliegt vorbei.“
Wieder meldete sich Cornelius. „Wenn der Künstler zum Beispiel Leonardo da Vinci hieß, wird er auch schnell ins Haus gegangen sein. Im Gegensatz zu seinem mittela l terlichen Kollegen hat er aber nur einen Skizzenblock holen wollen, um die Wolke n formationen und vielleicht auch noch die Silhouette des Vogels zu zeichnen.“
„Auch das war sehr gut, Cornelius. Was hat sich Leonardo oder ein anderer Künstler in dieser Zeit denn wohl dabei gedacht?“
Diesmal hob Kardinal Calderoni die Hand, um Cornelius‘ Gedanken weiterzuführen: „Ich möchte gerne Herrn Fischers Ausführungen ergänzen. Leonardo da Vinci und viele andere Menschen, nicht nur Künstler, waren in der Zeit der Renaissance aufg e klärt und wissensdurstig. Im Gegensatz zu den Menschen im Mittelalter jagten ihnen Blitze und Donner kaum noch Schrecken ein. Der größte Unterschied bestand aber darin, dass sie sich fragten, warum es donnert und blitzt. Sie nahmen die Welt um sich herum nicht als unveränderlich und unergründlich hin, sondern wollten sie e r forschen und erobern.“
„Ich danke ihnen für diese trefflichen Ausführungen, Kardinal Calderoni, ich hätte es auch kaum bess er erklären können. Und dennoch, so aufgeklärt die Menschen in dieser Zeit schon waren, glaubten immer noch viele an die Existenz und das Wirken teuflischer Mächte. Das beste Beispiel dafür waren die Hexenprozesse, die noch bis in das 18. Jahrhundert hinein durchgeführt wurden. Die Geschichte ist aber immer noch nicht zu Ende.“
Bevor er weiterreden konnte, machte sich Kardinal Calderoni noch einmal bemer k bar: „Verzeihen sie bitte, bevor sie mit ihren Ausführungen fortfahren, möchte ich betonen, dass die katholische Kirche die Hexenprozesse nie forciert hat. Dagegen hielten aber gerade die als Reformatoren der
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