Geliebte Widersacher 03 - Zaertlicher Winter
er. „Wie schon erwähnt, frage ich mich manchmal, wie Sie überhaupt für irgendeinen Mann ein freundliches Wort haben können. Und ich genieße eine Sonderstellung bei Ihnen. Ich ziehe es vor, wenigstens auf irgendeine Weise besonders zu sein als gar nicht.“
„Das ist albern“, sagte er.
„Ich weiß.“
Sie barg ihr Gesicht an seiner Schulter. Ihm war nie zuvor aufgefallen, wie viel ein Atemzug aussagte. Er schien mehr zu sein als der Transport von Luft in die Lungen. Der Akt, mit einem anderen Menschen zusammen zu atmen – gemeinsam zu schweigen, einfach im Einklang mit dem Lebensrhythmus eines anderen zu leben – war zutiefst intim. Sie sagten mehr zueinander mit ruhigem Atmen als sie es in sechzehn Monaten des Zankens geschafft hatten.
Lydia sprach als Erste: „Ich glaube, Dr. Grantham, dass ich Ihnen gegenüber unfair war.“
Er schloss die Augen. Es war nicht Liebe, aber bei Gott, er nahm es. Es war Hoffnung, ein kleiner Strahl Hoffnung, dass sie für ihn erreichbar war. Dass sie das Schlimmste über ihn wusste und ihn dennoch wollte. Und sie ließ ihn auch nicht los. Er mochte es, wie es sich anfühlte, sie im Arm zu halten. Sie war warm und hatte genau die richtige Größe für ihn.
„Sie haben nichts falsch gemacht“, bemerkte sie schließlich. „Sie waren … wie alt, als Sie Parwine begleitet haben? Nicht älter als ich jetzt. Sie waren da, um zu lernen, nicht um zu widersprechen. Ich hätte Ihnen nie die Schuld geben dürfen.“
Er stieß den angehaltenen Atem aus.
„So.“ Sie bekam einen kleinen Schluckauf, und dann breitete sich ausgerechnet ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus. „Nun können Sie nicht mehr behaupten, ich hätte nie ein freundliches Wort für Sie gehabt. Haben Sie wirklich vorhin gesagt, dass ich lieber Sie schlagen soll, als Ihre Tasche durcheinander zu bringen?“
Er konnte nicht anders, als ihr Lächeln zu erwidern. „Ja, das stimmt. Ich bin ein Mann voller Fehler, Lydia.“
Ein weiterer langer Moment des Schweigens. Sie lehnte die Wange gegen seine Schulter, und für diese Augenblicke war die Welt perfekt.
„Ich habe Ihnen nie erlaubt, meinen Vornamen zu benutzen“, wies sie ihn zurecht.
„Doch, sicher“, antwortete er. „Ich bin beileibe kein Experte in so etwas, aber wenn eine Frau an meiner Schulter weint, werte ich das als stillschweigendes Einverständnis, sie mit ihrem Vornamen anzusprechen.“
„Hm“, war alles, was sie darauf erwiderte. Sie wiedersprach ihm nicht.
Sie im Arm zu halten zeigte die zu erwartende Wirkung. Er verlagerte sein Gewicht. „So wenig ich auch vorschlagen möchte, diese Umarmung zu beenden, fürchte ich dennoch, es wäre eine gute Idee.“
„Wirklich?“
Jonas hielt inne, dieses Mal etwas länger. Er würde es nicht sagen. Er würde das nicht wirklich sagen. Er würde … Ach, zur Hölle. Er würde es sagen.
„Es ist achtzehn Monate her, seit ich Gelegenheit hatte, einen Pariser zu benutzen, und allmählich werde ich körperlich erregt. Es wird binnen einer Minute nicht mehr zu verhehlen sein, und das wird peinlich werden.“
Lydia keuchte. „Meine Güte. Sind Sie immer so offen?“
„Es ist eine natürliche physiologische Reaktion“, entgegnete er.
Sie löste sich von ihm, aber nur weit genug, dass sie ihm ins Gesicht schauen konnte. „Dr. Grantham, sagen Sie mir nicht, Sie schämten sich einer natürlichen physiologischen Reaktion.“
Sie hatte ihn nicht losgelassen. Sie hatte nicht losgelassen. Hoffnung war nicht nur da, sie leuchtete strahlend hell. Er lächelte sie an. „Doch, das tue ich. Ich habe nicht vollkommen die Einschränkungen abgestreift, die Anstand und Sitte mir auferlegen, wie absurd sie auch eigentlich sein mögen“, entgegnete er. Mit einer Hand strich er ihr übers Haar, während er sprach. „Ich arbeite daran.“
„Dann arbeiten Sie noch zwei Minuten länger daran“, erwiderte sie ruhig. „Ich bin noch nicht fertig.“
„Ah, Miss Charingford.“ Das war alles, was er sagte, aber er legte die Arme wieder um sie und zog sie näher, atmete ihren alten Schmerz ein und die Gefühle aus, die er noch nicht in Worte hatte fassen können.
„Der Teil, der mich am wütendsten macht“, flüsterte sie an seiner Brust. „ist, dass ich das hier vermisse. Mir fehlt es, gehalten zu werden. Mir fehlt es, andere Lippen auf meinen zu spüren. Mir fehlt das Gefühl von Wärme. Manchmal fehlen mir sogar all die Sachen, die er mit mir gemacht. Es ist wie ein nagender Hunger, der mich von
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