Geliebte zweier Welten: Roman (German Edition)
verkleideten, und das nur, weil der Heilige Gral angeblich in diesem Hügel versteckt war und weil die Legenden den Eingang zu Avalon an diesem Ort vermuteten. Folglich erregten Samael und seine Sippschaft in dieser Umgebung kein Aufsehen.
Er kam auf dem Boden auf und bremste hart, um nicht auszurutschen. Alles war in völlige Stille getaucht, und das kam ihm merkwürdig vor. Er war davon ausgegangen, Cahal und Menw zu sehen, doch im Augenblick konnte er noch nicht einmal ihren Geruch in der Luft ausmachen. In der Tat hätten sie sehr viel früher als er dort eintreffen müssen, aber abgesehen von einem einzelnen Vogel war keiner da.
Er dachte darüber nach, wie sonderbar das alles doch war, als teuflisches Lachen hinter ihm erklang. Caleb verkrampfte sich, drehte sich ruckartig um und erblickte zu seiner Überraschung Samael.
Zunächst konnte er keinen klaren Gedanken fassen, und der erste greifbare Gedanke war der, dass man ihm eine Falle gestellt hatte. Der zweite galt Aileen, die in Gefahr war. Ebenso wie Daanna.
»Hallo, Caleb.« Samaels Stimme war kalt, ohne jede Gefühlsregung.
Caleb zog seine Oberlippe hoch, bleckte die Zähne und knurrte wie ein Löwe. Er hätte diesem Verräter ganz gerne einfach den Kopf vom Leib gerissen. Es sprang einem geradezu ins Auge, dass Samael zum Vampir geworden war. Seine Augen waren ganz rot, seine Haut hatte jegliche Farbe verloren, sein Haar war weiß wie Schnee und die Venen zeichneten sich auf seinem Gesicht ab. Außerdem stank er – nach verfaulten Eiern, nach Schwefel.
»Wahrscheinlich ist dir bereits klar, dass du nicht mit Cahal gesprochen hast.« Samael lächelte selbstzufrieden und zeigte auf sein Handy. »Das Gute daran ist, dass ihr euch aus Angst, von anderen durch eure Wellen aufgespürt zu werden, nicht mental miteinander verständigt, und euch so gezwungen seht, diese Dinger zu benutzen, und die können ja zum Glück manipuliert werden.« Er zeigte auf ein Gerät, das einem Mikrofon ähnelte, und steckte es in sein iPhone.
»Ein Stimmverwandler«, murmelte Caleb und verfluchte sich zum wiederholten Mal.
»Schlauer Junge. Sag mal, Caleb, habe ich dich mit meinem Anruf bei etwas Bestimmtem gestört? Hast du dich heute Nacht an Aileen erfreut? Wie oft hast du sie schon rangenommen?«
Die einfache Tatsache, dass Samael den Namen seiner Cáraid aussprach, machte ihn rasend. Er stürzte sich auf ihn, zog seinen Dolch aus der Hose, um ihn in Samaels Herz zu treiben.
Aileen richtete sich mit einem Ruck auf dem Bett auf. Sie schwitzte und war unruhig. Besorgt. Ihre Hand tastete nach Caleb, fand aber nur den Bettüberwurf. Sie wollte von ihm umarmt und beruhigt werden, aber er war nicht da.
Sie sah sich im Zimmer um und bemerkte, dass die Fenster zum Balkon noch offen waren. Sie legte die Hände auf ihre kalten Arme und rieb daran, damit ihr warm wurde. Sie stand auf und zog sich das burgunderfarbene Seidennachthemd über.
»Caleb?«, rief sie verwirrt und setzte sich wieder auf das Bett.
»Ja, Liebes?«
Aileen bedeckte sich mit der Bettdecke, sprang auf und drehte sich auf der Suche nach der Herkunft dieser Stimme um sich selbst. Denn der, der ihr geantwortet hatte, war nicht Caleb.
Mikhail war hier bei ihr.
Sie kniff die Augen zusammen und sah ihn. Er saß auf der Kommode, versteckt im Schatten, und hielt etwas in der Hand, das auf sie gerichtet war.
»Lächle in den Fotoapparat, mein Kind«, befahl er in spöttischem Tonfall. »Caleb sieht dich gerade an.«
Ehe Caleb seinen Dolch in ihn hineinstoßen und ihn so völlig wehrlos machen konnte, bevor er sich in Asche auflöste, hielt Samael ihm sein iPhone vor das Gesicht, damit er ihm live vorführen konnte, was sich bei Mikhail abspielte.
»Halt, Caleb. Oder du musst zusehen, wie er dieser Schönheit den Hals durchschneidet.«
Caleb schwebte noch immer über Samael, sah aber auf den Bildschirm, und sein Herz blieb stehen. Mikhail hatte Aileen an den Haaren gepackt und zog sie wüst daran. Aileen wehrte sich nicht, weil Mikhail ihr etwas sagte, das jeglichen Widerstand bei ihr brach.
»Denk nicht einmal dran, Süße«, sagte Mikhail. »Wir haben Caleb, und wenn du versuchst, dich mir zu widersetzen, bringe ich ihn um. Hast du das verstanden?« Lasziv leckte er über ihr Gesicht, das sie mit zusammengepressten Augen abwendete.
»Ja, ich habe dich gehört«, presste sie leise hervor. »Wo ist er? Wo haltet ihr ihn fest?«
»Er ist in guten Händen.«
»Mikhail, du Hurensohn«, entgegnete sie
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