Geliebter, betrogener Mann
sie und trieben die Müden durch Kolbenstöße oder mit langen, dünnen, biegsamen, durch die Luft pfeifenden Bambusgerten an.
Pohland und Heidkamp standen am Wasserfall, als der Trägerzug aus dem Dschungel brach: zuerst ein Offizier mit drei Mann; dann, eng hintereinander, stolpernd, keuchend unter den schweren Säcken, Kisten und Paketen, mit aufgerissenen Augen und Mündern, die Thais. Heidkamp umklammerte den Arm Pohlands.
»Man sollte dreinschlagen. Das ist ja langsamer Mord«, keuchte er.
»Für Ihre sittliche Erregung haben sie hier kein Verständnis.« Er nickte zu Oberst Nam Ngoi Phu, der die Meldung des Offiziers entgegennahm und nun auf sie zukam. »Es scheint alles nach Plan gegangen zu sein. Wir werden es hören.«
Die Schlange der Träger riß nicht ab. Auf dem Plateau und am Dschungelrand warfen sie die Lasten ab und hockten sich auf den Boden. Stumpfsinnig sahen sie auf ihre Lasten und rührten sich nicht – zweihundert halbnackte, knochige Gestalten, fahlgelb, mit faltiger Haut überzogene Gerippe. Pohland kam dem Oberst entgegen.
»Wie sehen denn diese armen Menschen aus?« fragte er laut. Nam Ngoi Phu hob erstaunt die dünnen Augenbrauen.
»Wieso?«
»Verhungert.«
»Wir sind ein armes Land, nur die Reichen werden bei uns satt.«
»Wann haben diese Menschen zum letztenmal etwas zu essen bekommen?«
»Beim Abmarsch.«
»Also vor zwei Tagen«, sagte Pohland erschüttert.
»Und sie werden gleich etwas bekommen, Sir. Sattsein ist bei uns eine Belohnung. Sie haben die Lasten gut bis hierher gebracht, also werden sie zu essen bekommen.« Nam Ngoi Phu lächelte wieder freundlich. »Sie haben alles mitgebracht, was Mr. Heidkamp braucht. Übermorgen können Sie anfangen.«
Er wartete keine Antwort ab, sondern drehte sich um und ging zu seinen Soldaten zurück. Einige Thais hatten begonnen, Holz zu sammeln, um Reis in großen, verbeulten Kesseln zu kochen. Dazu gab es aufgequollene Bohnen, die in drei großen Fässern wässerten.
Ingenieur Heidkamp faßte Pohland wieder am Arm. Er zeigte auf einen Träger, der neben seiner Last, einer Kiste, auf der Erde lag, mit verdrehten Augen und stöhnend aufgerissenem Mund. Blutiger Speichel tropfte ihm über die knochige Brust, die in Abständen von wenigen Sekunden von Krämpfen erschüttert wurde.
»Da muß man doch helfen, Herr Pohland.«
»Oberst!« rief Pohland laut. Nam Ngoi Phu drehte sich verwundert um.
»Sir?«
»Sehen Sie sich das an!« Pohland trat an den Träger heran und beugte sich hinunter. Er rüttelte ihn, aber der Thai zeigte keinerlei Regungen; er stöhnte und verkrampfte sich. »Der Mann ist doch todkrank.«
»Ihm wird sofort geholfen werden.« Der Oberst winkte zwei Soldaten. Sie hoben den Thai an Beinen und Armen hoch und trugen ihn seitlich in den Dschungel. Kurz darauf bellte ein einzelner Schuß auf. Heidkamp verfärbte sich.
»Das ist Mord!« schrie er.
Nam Ngoi Phu hob bedauernd die Schulter. »Es war notwendig, Sirs. Meine beiden Leute waren Sanitäter. Sie haben den Befehl, eine Epidemie zu verhindern. Der Mann war anscheinend sehr krank.«
Er ging wieder zurück zu seinen Soldaten und ließ Heidkamp und Pohland mit ihrem bleiernen Entsetzen allein.
»Jetzt wissen wir, wie es uns ergehen wird«, sagte Heidkamp nach einer ganzen Weile leise. »Hier gilt der Mensch einen Dreck.«
»Noch weniger, Heidkamp. Aus Dreck kann man Häuser bauen.« Pohland wischte sich über die Stirn. »Es wird uns nichts anderes übrigbleiben: Wir müssen die Arbeit so lange hinausziehen, bis ein Wunder geschieht.«
»Glauben Sie daran?«
»Nein.«
»Mit anderen Worten: Wir sind schon tot.«
»So kann man es nennen.« Pohland atmete tief auf; er spürte, wie sich seine Kehle verkrampfte. »Sehen Sie, dort baut man jetzt Zelte auf. Ich nehme an, die großen Kisten sind für Sie. Gehen wir!«
Innerhalb von vierzehn Tagen stand der Kern des neuen Dschungeldorfes. Es war verblüffend und erschütternd zugleich zu sehen , wie die Thais die Hütten bauten, wie sie Stämme sägten und die Eckpfähle der Häuser in den harten Steinboden rammten.
Aus dem Dschungelwald schleppten sie armdicke, biegsame Lianen heran, die kunstvoll zu Wänden geflochten wurden, an die man dann die nasse Erde verschmierte. Eine Woche grelle Sonne, und die Wände waren hart wie Beton. Die Dächer waren Geflechte aus Bambusstangen, auf die man wie Schindeln dicke, lange Blätter legte und sie mit Lianen regelrecht zusammennähte.
In diesen beiden Wochen waren
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