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Geliebter Feind

Geliebter Feind

Titel: Geliebter Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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bemerkte, verschwand ihr Lachen, und der Funke in ihren Augen erlosch.
    Guy wurde auf der Stelle wütend - auf sich selbst und auf sie.
    Mit Peter zusammen schäumte sie über vor Lebendigkeit, lachte und war fröhlich. Nie jedoch lachten diese grünen Augen, nie war ihr Blick zärtlich, wenn er sich mit seinem kreuzte. Und weshalb zum Teufel wünsche ich mir, es wäre so? fragte er sich ärgerlich.
    Langsam stellte Kathryn Peter auf die Füße. Irgendwie fühlte sie sich betrogen, als der kleine Bursche sofort mit ausgestreckten Armen auf seinen Vater zurannte. Dieser saß rasch ab, fing den Jungen auf und hielt ihn hoch in die Luft. Seine harten Züge wurden ganz weich, als er Peter etwas ins Ohr flüsterte.
    Kathryn stand regungslos da. Der Anblick der beiden zusam-mengesteckten dunklen Köpfe löste ein seltsames Gefühl in ihrem Herzen aus.
    Guy de Marche drehte sich halb um und winkte kurz. Ein zweiter Ritter kam heran. Kathryn preßte die Lippen zusammen. Natürlich, das war Sir Michael, der allgegenwärtige Schatten. Dieser ließ sich jetzt von seinem Herrn den kleinen Jungen reichen, setzte ihn vor sich auf den Sattel, wendete sein Pferd und ritt davon.
    Als der Earl sich wieder zu Kathryn umwandte, wirkte sein Gesicht so hart und abweisend wie immer. „Schmerzt Eure Schulter nicht mehr?" fragte er kühl.
    Meine Schulter - die nicht, dachte sie, doch mein Herz . . . Ja, damit verhielt es sich ganz anders, obwohl sie nicht einmal genau wußte, weshalb eigentlich. Überhaupt herrschte in ihrem Inneren ein unentwirrbares Durcheinander aus Feindschaft und Faszination.
    „Nein", antwortete sie schwach. „Meine Schulter ist vollkommen geheilt. Ich fühle keinerlei Schmerzen mehr." Ihre Anspannung wuchs, während Guy de Marche auf ein paar Hand-breit Entfernung zu ihr herankam. Wie immer reagierte ihr Körper auf seine Nähe. Der Earl berührte sie nicht, und dennoch war es ihr, als täte er es.
    „Ihr habt mir noch nicht gesagt, was Ihr von meinen Geschen-ken haltet."
    Der unvermittelte Themenwechsel traf sie unvorbereitet. Es dauerte eine Weile, bevor sie die Frage begriff.
    Gestern hatte der Earl sie, Gerda und Peter zum Wochen-markt ins Dorf mitgenommen, und während er selbst irgendwo-anders seinen Geschäften nachging, blieben die drei sich selbst überlassen.
    Nachdem Peter von den Gauklern und dem Tanzbären genug hatte, bummelten sie zwischen den Verkaufsständen umher. Bei einem, der zahlreiche Stoffe feilhielt, blieb Kathryn stehen. Ein Ballen dunkelblauer, mit Silberfäden durchwirkter Samt hatte es ihr angetan, und sie mußte unbedingt einmal über den weichen Stoff streicheln.
    Diensteifrig kam der Händler heran und blickte sie von oben bis unten an. „Eine ausgezeichnete Wahl, Madam. Bei Eurem dunklen Haar und Eurer hellen Haut ist das genau das Richtige für Euch. Und wenn Ihr den ganzen Ballen nehmt, reicht es für ein Gewand mit passendem Umhang." Er nannte einen Preis, den Kathryn im stillen geradezu empörend fand.
    „Der Samt ist tatsächlich wunderschön." Sie lächelte ein wenig. „Trotzdem - nein, danke." Sie konnte es sich nicht versa-gen, noch einmal sehnsüchtig über den Stoff zu streicheln. Erst als sie sich zum Gehen wandte, sah sie, daß Guy de Marche nur wenige Schritte von ihr entfernt stand und sie beobachtet hatte.
    Heute früh nun, gleich nach dem Morgenmahl, hatte Gerda sie gebeten, in ihr Gemach zurückzukehren, und dort, auf dem Bett ausgebreitet, lagen mindestens ein Dutzend Stoffe - der dunkelblaue Samt befand sich auch darunter -, und sämtlich waren sie feiner als alles, was Kathryn bisher gesehen hatte. Als Gerda ihr berichtete, daß dies ein Geschenk des Herrn war, hatte es ihr die Sprache verschlagen - genau wie jetzt.
    Sie blickte den Earl unsicher an. „Herr, Eure Großzügigkeit überwältigt mich." Und sie bestürzt mich, fügte sie im stillen hinzu. „Es wäre indessen nicht nötig für Euch gewesen, so etwas zu tun."
    Nicht nötig? dachte Guy. Er mochte Kathryn schon lange nicht mehr in ihrer fadenscheinigen Garderobe sehen und hätte am liebsten alles zusammen in das nächste Feuer geworfen. Er seufzte. „Falls die Stoffe nicht Eurem Geschmack entsprechen, dann dürft Ihr Euch etwas anderes . . . "
    „Das ist es nicht", unterbrach sie ihn rasch. „Im Gegenteil, alle diese Stoffe hätte ich mir selbst auch ausgesucht." Ihr war natürlich der Grund für dieses Geschenk bewußt: Sie hatte seinem Sohn das Leben gerettet, und ein Mensch wie Guy de Marche

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