Geliebter Feind
endgültig verließ.
Guy betrachtete die kleine Hand, die sich so vertrauensvoll in seine schmiegte, und lauschte auf Kathryns tiefen und regelmäßigen Atem.
Was sollte er nur mit ihr tun? Er wußte es beim besten Willen nicht. Auch konnte er sich nicht erklären, warum er sie nicht von Sedgewick fortlassen wollte.
Sie war zu sehr Dame und Herrin, als daß er sie als Dienstmagd verwenden konnte. Auf Ashbury hatte er noch gedacht, er könnte sie möglicherweise zu seiner Mätresse machen, doch zu diesem Zeitpunkt hatte er noch nicht gewußt, daß sie schwanger war. Sicher, es dürfte noch einige Monate dauern, bevor das Ungeborene ihn daran hindern würde, seine Lust an ihr zu stillen, und wahrscheinlich war sein Verlangen nach ihr dann auch schon verflogen.
Er beugte sich zu ihr hinunter, schob das Tuch von ihrer Schulter und entblößte so ihre eine Brust seinen Blicken. Mit jedem Atemzug schien Kathryn ihm den so verführerischen Hügel wie eine Opfergabe darzubringen. Guy bewunderte die helle, fast durchscheinende, seidige Haut, von der sich die zarte Rosenknospe verlockend abhob. Er wollte sein Verlangen niederringen, das ihn wider bessere Vernunft zu überwältigen drohte, doch es gelang ihm nicht. Er mußte diese Frau berühren, oder er würde sterben.
Er legte die Finger um ihre Brust. Der Kontrast zwischen seiner dunklen Hand und der hellen Haut erregte ihn noch mehr. Sanft schloß er die Finger um das weiche Fleisch, streichelte und liebkoste . . .
Sie fühlt sich wie Samt und Seide an, dachte er. Es drängte ihn, sich über sie zu beugen, seine Lippen um diese verlockende Knospe zu schließen und zu fühlen, wie sie sich unter dem Spiel seiner Zunge hart aufrichtete.
Da ihm jedoch klar wurde, daß es zu einem mörderischen Wortgefecht kommen würde, falls sie erwachte, strich er nur mit dem Daumen hauchzart über die rosa Spitze, während Kathryn wie ein unschuldiges Kind weiterschlief.
Selbstverständlich handelte es sich bei dieser Frau weder um ein Kind, noch war sie unschuldig. Im Geist sah er Kathryn zusammen mit Roderick vor sich, wie er ihnen damals bei Ashbury zum erstenmal begegnet war. Er preßte die Lippen zusammen. Sein Gesicht wurde wieder zu der kalten, harten Maske. Er riß die Hand fort und verachtete sich selbst wegen der Leidenschaft, die er für diese verführerische Hexe empfand. Das ist nichts als Fleischeslust, schalt er sich. Kathryn bedeutet mir nichts, gar nichts!
Und weil er das so wollte, sollte es auch so sein.
9. KAPITEL
Bei Sir Hugh Bainbridge verliefen die Dinge ein wenig anders.
Seine Schwierigkeiten betrafen zwar ebenfalls das weibliche Geschlecht, doch das Problem bestand darin, daß seine erwähl-te Dame kaum wußte, daß er überhaupt existierte.
Er verglich sie immer mit einer kleinen, sehr seltenen Blume, die man nur ein einziges Mal im Leben fand. Diese Blume war so zart und empfindlich, daß sie sich bei der ersten flüchtigen Be-rührung in nichts auflöste und dann für immer unerreichbar blieb.
Hugh wußte, daß Elizabeth sich vor ihm - wie vor allen Männern - fürchtete; die Gründe dafür hatte Lady Kathryn ihm genannt. Wie heikel es indessen tatsächlich um sie stand, hatte er erst später gemerkt.
Die Spaziergänge in der Nähe der Burg waren zu einer Ge-wohnheit geworden. Elizabeths Scheu war für Hugh nichts weniger als schmerzlich. Der einzige Mensch, dem sie offensichtlich vertraute, war ihre Schwester Kathryn. Bei der kleinsten seiner Berührungen zitterte sie. Doch inzwischen - o Wunder! -
schien er Fortschritte bei ihr zu machen . . .
Die Dämmerung lag schon über dem Land, als sie eines Abends die Burg hinter sich ließen. Hughs eher ziellose Schritte führten sie zu einer zerklüfteten Klippe. Hoch oben kämpften die Möwen gegen den Sturm an, während tief unten die dunklen Granitblöcke eben erst ins brandende Meer gestürzt zu sein schienen.
Als Hugh Elizabeth anschaute, merkte er sofort, daß etwas nicht in Ordnung war. Sie hatte sich fest in ihren Umhang ge-hüllt und die Arme um ihren Körper geschlungen, als fröre sie ganz jämmerlich.
„Elizabeth?" Er berührte ihre Schulter, doch sie schien das gar nicht wahrzunehmen. Ihr glasiger Blick war auf einen Punkt hinter Hughs Rücken gerichtet. Es war, als befände sie sich in einer anderen Zeit, an einem anderen Ort.
„Elizabeth, was habt Ihr?" fragte er in absichtlich scharfem Ton. „Sagt mir, was es ist."
„Diese Stelle . . . " , sagte sie absolut tonlos. „Weshalb?"
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