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Geliebter Feind

Geliebter Feind

Titel: Geliebter Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
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fanden. Seid Ihr deshalb auf der Klippe vor mir fortgelaufen? Ist das der Ort, an dem es geschehen ist, Liebste?"
    Elizabeth erstarrte, wenn auch nur für einen kurzen Moment.
    Dann hob sie den Kopf und blickte Hugh verwirrt an. „Woher wißt Ihr das?"
    Er hoffte aus tiefster Seele, daß er nicht schon wieder einen Fehler gemacht hatte. „Eure Schwester hat es mir an jenem Ta-ge anvertraut, als sie und Guy de Marche nach Sedgewick auf-brachen."
    Elizabeth stöhnte auf. „Meine Schwester! Wie konnte sie mir das antun?"
    „Sie hat es mir erzählt, weil sie mir vertraute." Sanft hob er Elizabeths Kinn hoch und suchte ihren Blick. „Könnt Ihr das nicht ebenfalls tun? Ich weiß, daß Euch die bösen Erinnerungen noch immer verfolgen. Manchmal sind Qual und Pein indessen nicht gar so groß, wenn man sie mit einem anderen Menschen teilen kann."
    Vor Scham schloß sie die Augen. „Ihr wollt, daß ich Euch berichte, was ... was ich gesehen habe?" fragte sie mit stockender Stimme.
    „Ja, Liebste. Ich glaube nämlich, das ist die Arznei, die Ihr braucht."
    Sie schlug die Augen wieder auf und blickte ihn flehentlich an. „Das kann ich nicht!" stieß sie hervor. „Sir Hugh, was ich gesehen habe. . . ich habe es nicht einmal Kathryn alles er-zählt."
    „Dann berichtet mir so viel oder so wenig, wie Ihr mögt, und wenn es zu schmerzlich für Euch wird, könnt Ihr aufhören, wann immer Ihr wollt." Während des Sprechens strich er ihr das Haar von den Schläfen. „Ich verspreche, Euch nicht zu drängen, obschon ich ehrlich davon überzeugt bin, daß es Euch ganz ge-wiß guttun wird."
    Wie ist es nur möglich, daß die Hände eines Mannes so sanft sein können? fragte sich Elizabeth. Sie spürte, daß dieser Augenblick für sie und Hugh von größter Wichtigkeit war, und sie betete im stillen inbrünstig darum, daß sie die richtige Entscheidung traf.
    Mit leiser Stimme begann sie zu sprechen. Schweigend, doch voller Entsetzen hörte sich Hugh an, welche Scheußlichkeiten man ihrer Mutter angetan hatte. Kein Wunder, daß das arme Mädchen vor Männern Angst hat, dachte er.
    Als Elizabeth geendet hatte, schüttelte krampfartiges Zittern ihren ganzen Körper. Hugh zog sie mit sich aufs Bett hinunter und nahm ihre Hand in seine. Er fühlte ihr Herz heftig schlagen.
    Das Zittern wollte nicht aufhören, obwohl sie keine Tränen vergoß.
    Eine lange Weile später merkte Hugh, daß Elizabeths Körper ruhig war und langsam gegen seinen sank. Da wußte er, daß sie eingeschlafen war.
    Er dagegen lag noch wach, als die Morgendämmerung im Osten schon über den Horizont kroch. Ihn erfüllte nur ein einziger Gedanke: Er würde mit Freuden sein Leben hergeben, bevor er zuließe, daß diesem wunderschönen Wesen, das er in seinen Armen hielt, ein Leid zustieß. Ich will Elizabeth vor allem und jedem beschützen, schwor er sich, und sei es vor mir selbst.
    Sonnenstrahlen tanzten durch das Blätterdach des dunklen Waldes und tauchten die Lichtung in grüngoldenes Licht. Der gurgelnde Bach schien mit den beiden Menschen um die Wette zu lachen und zu kichern.
    „Noch mal!" forderte das Kind fröhlich.
    „Sehr wohl, kleiner Herr", sagte die lachende Frau. „Dieses eine Mal noch, und dann ist Schluß. Mir ist nämlich schon so schwindelig, daß ich kaum noch stehen kann."
    Am anderen Rand der Lichtung saß eine dunkle Gestalt zu Pferde. Den vierten Tag hintereinander beobachtete Guy nun schon die Szene, die sich vor seinen Augen abspielte. Finster sah er zu, wie Kathryn sich anmutig zu seinem Sohn bückte, sich mit ihm zusammen aufrichtete und ihn dann ein ums andere Mal im Kreis herumschwenkte.
    Guy konnte den Blick nicht von ihr wenden; zu bezaubernd sah sie aus. Sie trug keine Haube. Das herrliche Haar floß ihr lose in seidigen Wellen über den Rücken bis zu den Hüften hinab. Ihr altes, schäbiges Gewand vermochte nicht von ihren Reizen abzulenken, sondern verstärkte sie eher noch.
    Guys Hände verkrampften sich an den Zügeln. Wie kam es denn nur, daß er wie behext von ihr war - von ihr, einer Frau, die den Sproß eines anderen Mannes in sich trug? Wenn ich nicht aufpasse, wird sie noch zu einer Besessenheit werden, dachte er.
    War sie es denn nicht schon längst? Wachte er nicht jeden Morgen mit ihrem Bild vor Augen auf? Stellte er sich nicht Nacht für Nacht vor, ihr schlanker Körper bewegte sich unter seinem?
    Guy hob die Hand am Zügel, um sein Pferd in die Lichtung hineinzulenken. In dem Moment, als Kathryn seine Anwesenheit

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