Geliebter Feind
ihren gerundeten Bauch wohl nicht so deutlich gesehen. Guy befühlte ihn, als wollte er sich vergewissern, daß er sich auch bestimmt nicht täuschte. Schließlich stieß er einen bösen Fluch aus und riß die Hand fort, als könnte er es nicht mehr ertragen, Kathryn zu be-rühren.
Sie empfand das wie einen körperlichen Hieb. „Verdammnis über Euch!" schrie sie. „Weshalb mußtet Ihr mir denn folgen?
Weshalb mußtet Ihr mich finden? Ich war doch meinem Ziel schon so n a h e . . . "
Er faßte sie an den Oberarmen und zog sie zu sich heran.
„Sprecht, seid Ihr deshalb entflohen? Weil Ihr ein Kind erwartet?"
„Das fragt Ihr noch? Dachtet Ihr etwa, ich würde mich von Euch in diesem Zustand vorfinden lassen? Ihr würdet mir die Schuld daran gegeben haben. Das weiß ich ganz genau!"
Er überhörte ihr Keifen. „Wie weit seid Ihr schon? Im vierten Monat? Im fünften?" Guy zweifelte keinen Moment daran, daß das Kind von ihm stammte. Sie war zu gut bewacht worden, um irgendwelche Spiele zu treiben.
„Beinahe schon im sechsten."
Er unterdrückte einen weiteren Fluch. „Dann wußtet Ihr also schon von Eurer Schwangerschaft, bevor ich Sedgewick verließ, nicht wahr? Ihr wußtet es bereits, und ihr habt mir dennoch nichts gesagt."
Sie wandte den Kopf, weil sie Guys Blick nicht mehr zu ertragen vermochte.
„Ihr müßt es gewußt haben! Weshalb habt Ihr es mir nicht gesagt?" Schmerzhaft drückte er ihr seine Finger in das weiche Fleisch ihrer Arme und schüttelte Kathryn so wütend, daß ihr Kopf vor und zurück flog. „Antwortet mir, verdammt!"
Im Herzen war er entsetzt über sein eigenes Benehmen, doch Kathryn ahnte ja nicht, welchen Schmerz sie ihm verursachte.
Sie war in dem Augenblick geflohen, da sie von seiner Heim-kunft erfuhr. Hatte sie zuvor vielleicht gehofft, er würde in der Schlacht umkommen und nicht mehr wiederkehren?
„Gerda hat es als erste erkannt", antwortete sie und konnte nur mit Mühe die Tränen zurückhalten. „Ich schwöre, ich habe es erst gemerkt, nachdem Ihr fort wart."
Er starrte sie so lange und so anklagend an, daß sie am liebsten in der Erde versunken wäre. Kein Wort glaubte er ihr! Eine Welle der Trostlosigkeit überschwemmte sie. Gegen jede Vernunft wünschte sie sich plötzlich, Guy möge sie in die Arme nehmen.
Sie wollte ihr Gesicht an seiner Brust bergen, sich an ihm festhalten und alle Feindschaft vergessen.
Doch Guy de Marche, der Earl of Sedgewick war der Grund für ihr Elend, und nicht die Arznei dagegen.
Betäubt und geschlagen sah sie zu, wie er zu seinem Hengst ging. Einen Moment später drückte er ihr eine Decke in die Hän-de. „Schlaft, falls Ihr könnt", befahl er. „Morgen beim ersten Tageslicht brechen wir auf."
Gehorsam und stumm legte sie sich vors Feuer und rollte sich zusammen.
Guy setzte sich vor einen Baum und lehnte sich mit dem Rük-ken gegen den Stamm. Die Gedanken brodelten in seinem Kopf.
Er erinnerte sich an alle die einsamen Nächte, in denen er von Kathryn geträumt, sich nach ihr gesehnt hatte, und nach denen er morgens dann so erregt wie ein unerprobter Jüngling aufgewacht war.
Wieder flammte das Begehren in ihm auf. Das Verlangen, sie zu sich zu drehen und seine Lust an ihr zu stillen, wurde übermächtig, denn seit er damals von Sedgewick fortgeritten war, hatte er bei keiner anderen Frau gelegen - und das nicht etwa aus Mangel an Gelegenheit.
Noch vor drei Nächten hatte ihm eine hübsche Witwe zu verstehen gegeben, daß sie seine Liebesdienste zu schätzen wissen würde. Als sie sich dann allein in ihrem Gemach befanden, hatte Guy festgestellt, daß sie ihn in keiner Weise zu reizen vermochte.
Ihre Hüften waren zu breit, ihre Brüste zu schwer. Er war sich wie ein Eunuch vorgekommen und hatte sich lieber verabschie-det, bevor die Angelegenheit zu peinlich für sie beide wurde.
Kathryn - der Teufel sollte sie holen! - hatte ihn für alle anderen Frauen verdorben. Und jetzt lag sie praktisch neben ihm und war so unerreichbar wie eh und je.
In dieser Nacht fand er keinerlei Erholung im Schlaf.
Kathryn meinte eben erst die Augen geschlossen zu haben, als Guy sie schon wieder weckte. Stumm half er ihr beim Aufstehen. Seiner Miene war nichts anzusehen, doch als Kathryn ihm in die Augen blickte, war es ihr, als schaute sie in die winterkal-ten Wasser der See.
Da sie seine Ungeduld spürte, zog sie sich nur kurz zurück, um zu tun, was zu tun war. Als sie danach zu ihm zurückkehrte, reichte er ihr eine dicke Scheibe
Weitere Kostenlose Bücher