Geliebter Freibeuter
und wir wieder in die Zivilisation zurückkehren können.«
Kate schenkte Eloise ein wehmütiges Lächeln und sagte leise:
»Ich weiß, dass es unmöglich ist hierzubleiben, aber man darf ja wohl noch träumen. Vielleicht glaubst du, ich wäre blind, aber ich habe sehr wohl bemerkt, dass der Captain dir nicht gleichgültig ist. Und du ihm auch nicht.«
»Das ist völliger Unsinn!«, entgegnete Eloise scharf, aber Kates letzter Satz ließ ihr Herz schneller schlagen. »Wie kommst du darauf, er würde sich etwas aus mir machen? Außer natürlich als Geisel, die ihm Geld einbringt, versteht sich.«
Kate lächelte wissend. Sie kannte Eloise seit ihrer Geburt, und auch wenn sie nicht über ihre Gefühle sprach, war es doch offensichtlich, dass Eloise dem Captain längst nicht mehr so ablehnend gegenüberstand wie an den ersten Tagen ihrer Entführung. Sie tätschelte Eloises nackten Unterarm.
»Komm, die Arbeit wartet, oder willst du heute lieber in deinem Zimmer bleiben?«
Eloise ging bereitwillig mit Kate zu den Hütten, von denen die ersten nun wieder leer standen. Alles, selbst Aufräumen und Putzen, war besser, als allein in ihrem Zimmer vor sich hinzugrübeln und doch zu keiner Lösung zu kommen.
In den folgenden Tagen bemerkte Eloise, wie Betty sich veränderte. Ihre Augen strahlten mehr als sonst, und bei der Arbeit sang und lachte sie ständig. Als Eloise am Abend erschöpft, aber zufrieden von der Arbeit in die Halle des Herrenhauses trat, sah sie Dark Flynn und Betty nahe beieinanderstehen und miteinander flüstern. Da Eloise weiche Schuhe ohne Absätze trug, hatten die beiden ihr Kommen nicht bemerkt. Betty lachte hell auf, legte eine Hand auf Flynns Arm und lehnte sich an seine Brust.
»Natürlich freue ich mich, Betty. Das ist eine wunderbare Nachricht«, hörte Eloise Flynn leise und – wie es ihr schien – zärtlich flüstern.
Ein heißer Stich bohrte sich in Eloises Körper, und sie schlug die Tür geräuschvoll zu. Flynn und Betty fuhren auseinander und wandten sich ihr zu. Während Betty einen Anflug von Verlegenheit zeigte, trat Flynn Eloise unbefangen entgegen.
»Ah, Lady Eloise, Ihr seid wieder fleißig gewesen. Ich zolleEuch meinen Respekt, dass eine Dame wie Ihr sich so rührend um die armen Menschen kümmert.«
»Das ist christliche Nächstenliebe«, murmelte Eloise, nur um irgendetwas zu sagen, und drückte sich an Flynn vorbei, der ihr den Weg zur Treppe versperrte. »Wenn Ihr mich bitte entschuldigen wollt. Ich möchte in mein Zimmer, um mich frisch zu machen.«
Flynn trat mit einer übertrieben höflichen Geste zur Seite und sagte: »Es interessiert Euch vielleicht, zu erfahren, dass der Zeitpunkt und Ort der Geldübergabe vereinbart worden sind. Euer Bräutigam wird Euch demnächst auslösen, somit wird meine Gastfreundschaft Euch gegenüber in wenigen Tagen ein Ende finden.«
»Ich danke Gott dafür«, gab Eloise zurück, während ihre Gefühle etwas anderes sagten.
Sie spürte Flynns Blicke in ihrem Rücken, als sie stolz und aufrecht die Treppe hinaufschritt. Wahrscheinlich war der Grund für Bettys Fröhlichkeit, dass Flynn bald wieder ganz allein ihr gehören würde.
»Sollen sie doch miteinander glücklich werden«, sagte Eloise, als sie die Tür hinter sich schloss, aber sie wusste, nie zuvor hatte sie solche Worte weniger ernst gemeint als in diesem Augenblick.
Wie von Eloise erwartet, zeigte sich Kate über die Nachricht weniger erfreut.
»Dann ist unser Abenteuer also vorbei.« Sie seufzte, trat ans Fenster und schaute hinaus. »Ich weiß, es klingt verrückt, aber mir wird das hier alles schrecklich fehlen.«
Mir auch, hätte Eloise am liebsten gerufen, stattdessen sagte sie: »Auf Jamaika wird es ebenso schön sein. Nein, ichkorrigiere mich – es wird um vieles schöner sein, denn dort sind wir frei. Sir David führt ein großes Haus, in dem es Gesellschaften und Bälle geben wird. Du wirst sehen, Kate, in einigen Wochen wird uns diese Entführung wie ein Traum vorkommen, der langsam, aber sicher verblasst.«
»Ach, ich weiß nicht …«
Erschrocken bemerkte Eloise, dass Kates Schultern zuckten. Schnell trat sie neben sie.
»Aber, Kate, du denkst doch nicht ernsthaft daran, bei Cubert zu bleiben? Bei einem Piraten, einem einfachen Menschen, der nichts sein Eigen nennt und wahrscheinlich auch nie in den Genuss einer gewissen Bildung gekommen ist.«
»Dennoch hat dieser Mann mehr Herz, und dieses am rechten Fleck, als Dutzende aus der sogenannten
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