Geliebter Pirat: Sie hatte der Liebe entsagt - doch er eroberte sie im Sturm (German Edition)
Streifen. In dem dämmrigen Licht sah sie den Vormast. James stand nicht mehr dort. Sie sah die Taue, mit denen er gebunden gewesen war; sie lagen zerschnitten auf den Planken, daneben eine Kette und die Handschellen.
Von James Ardmore dagegen war nichts zu sehen. Wie sie erfuhr, war auch ihr früherer Gemahl, Sir Edward Worthing, verschwunden.
Ein Monat später
Lady Whitney-Jones, Ehefrau des siebten Barons Whitney-Jones, hob ihre makellos gezupften Brauen und warf einen entsetzten Blick durch die Werkstatt des Schneiders. Was um alles in der Welt suchten die skandalöse Lady Worthing und ihre höchst befremdliche Tochter ausgerechnet hier? Sie hätte den Anstand besitzen können, sich weiterhin zu verbergen. Nach Mayfair zurückzukehren und bei Madame Aurora elegante Kleider zu bestellen, und das auch noch vollkommen gelassen, war einfach nicht zu ertragen.
Diana spürte diese Gedanken, die der hocheleganten Lady durch den Kopf gingen, während sie Isabeaus Mantel zuknöpfte. Die Dame folgte mit ihren etwas hervorstehenden Augen jeder Bewegung Dianas, sagte aber kein Wort.
Schließlich nahm Diana Isabeaus Hand. Sie nickte der Lady, die sie jetzt höchst unelegant anglotzte, kühl zu. »Guten Tag, Lady Whitney-Jones.«
Dann ging sie entschlossen an ihr vorbei und durch die Tür hinaus, bevor Lady Whitney-Jones sich eine Antwort hatte zurechtlegen können.
Draußen schien die Junisonne warm auf den Bürgersteig der Oxford Street. Londons Einwohner strahlten, froh über das langersehnte schöne Wetter. Diana sah die Kutsche ihres Vaters, die ein Stück entfernt an der Straße wartete. Ein großer, mittelblonder Mann plauderte mit dem Kutscher. Als er Diana sah, drehte er sich zu ihr um und tippte an seinen Hut.
»Hallo, Diana. Euer Vater hat mich gebeten, Euch nach Hause zu geleiten. Also, da bin ich.«
»Leutnant Jack.« Sie nahm seine ausgestreckte Hand. Sie hatte ihn einige Tage nicht gesehen, weil er in der Nähe von Whitehall logierte und im Moment die meiste Zeit in der Admiralität verbrachte. »Ich sollte Euch wohl eigentlich nicht länger so nennen. Schließlich habt Ihr einen eigenen Namen.«
»Leutnant Jack gefällt mir.«
Obwohl er seine Qualen in Haven überlebt hatte, nicht zuletzt deshalb, weil der Schiffsarzt ein kleines Wunder vollbracht hatte, wirkte Jack immer noch ein wenig gehetzt. Die Furchen um seine Augen hatten sich vertieft. Nachdem er aus diesem unnatürlichen, durch seine Kopfverletzung verursachten Schlaf erwacht war, hatte er sich immer noch nicht an seinen Namen erinnern können. Diana hatte gehofft, dass das Trauma seiner Bewusstlosigkeit ihn so schockiert hätte, dass er sein Gedächtnis wiedererlangte, aber es hatte sich nichts verändert. Was Leutnant Jack nur zu deutlich spürte.
Er hieß nicht »Jack«. Sein Name war Richard Delacroix, genau wie Leutnant Pembroke vermutet hatte. Lord Richard Delacroix, um genau zu sein, Bruder des Herzogs von Carlisle. Er war als privilegierter Sohn in Norfolk aufgewachsen und hatte sich dann entschlossen, zur See zu fahren. Er hatte als Kadett angeheuert, seine Prüfungen bestanden und sich bis zum Ersten Offizier hochgearbeitet. Die Admiralität hatte bereits erwogen, ihm sein eigenes Kommando zu geben. Jetzt zögerten sie natürlich und meinten, sie müssten abwarten, wie sich seine Krankheit entwickelte.
Also hatte Leutnant Jack einen Namen und eine Familie – und eine Gattin. Sie lebte mit seinem Sohn und seiner Tochter in Norfolk, hielt sich jedoch zurzeit in London auf, wo sie sich um ihre Kinder und die seiner beiden Brüder kümmerte. Leutnant Jack war nicht zu ihr gegangen. Diana hatte ihn noch nicht nach dem Grund gefragt.
»Der Name Jack kommt mir irgendwie vertrauter vor«, erklärte er.
»Ich fühle mich geehrt, dass ich ihn benutzen darf«, erwiderte Diana. Sie ließ sich von ihm in die Kutsche helfen. Anschließend hob er Isabeau hinein, die glücklich auf die Sitzbank neben ihre Mutter kletterte. Isabeau liebte es einzukaufen.
Jack stieg ebenfalls ein und setzte sich auf die Bank ihnen gegenüber. Die Kutsche fuhr los, über die Oxford Street zur Mount Street, wo Admiral Lockwoods Haus lag.
Kaum hatten sie sich in Bewegung gesetzt, da erlosch Dianas Lächeln. »Gibt es etwas Neues?«
»Nein. Es tut mir leid, Diana.«
Leutnant Jack und ihr Vater versuchten eifrig, James Ardmores Aufenthaltsort herauszufinden. Nach seiner Flucht von dem Schiff war er jedoch wie vom Erdboden verschwunden. Man hatte nirgendwo an
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