Geliebter Rebell
man nichts, was dem normalen Verhalten zuwiderlaufen würde, und man behält alles so ziemlich unter Kontrolle.«
Leicht verzweifelt schaute Gayle auf Geoff, dann auf Tina.
Beide nickten ihr zu, und schließlich erklärte sie sich mit der Hypnose einverstanden.
»Gut.« Dr. Clark erhob sich. »Legen Sie sich bitte auf diese Couch, Mrs. McCauley. Sehen Sie die Spirale an der Wand.
Die müssen Sie einfach nur betrachten. Ihre Freunde bleiben inzwischen in den Sesseln sitzen. Okay?«
»Ja.« Gayle streckte sich auf der braunen Couch aus, die ihr sehr bequem erschien.
Die Ärztin brachte ihr ein kleines Kissen und zeigte auf die schwarze Spirale, die an die Wand gemalt war. »Schauen Sie einfach nur hin und entspannen Sie sich. Und was am allerwichtigsten ist – vertrauen Sie mir.«
Gayle starrte die Spirale an und lauschte Dr. Clark, die sie aufforderte, die Zehen zu entspannen, die Finger, die Füße und Hände, die Waden… Sie hörte die Schritte der Ärztin, die im Raum umherwanderte, dann plätscherndes Wasser, das Rascheln des Windes in dichtbelaubten Bäumen.
Das war Wahnsinn. Ich könnte mich bis in alle Ewigkeit entspannen, dachte Gayle, aber ich bin nicht hypnotisiert, sondern hellwach…
Dr. Clark begann den Bach zu beschreiben, dessen Wasser so vernehmlich rauschte, sprach von einer friedlichen Abenddämmerung. Gayle fuhr fort, die Spirale anzuschauen. Und dann wurde sie gebeten, die Augen zu schließen und sich auszuruhen.
»Ich bin auch nah dran, die Augen zu schließen und mich auszuruhen«, flüsterte Tina in Geoffs Ohr. Er drückte ihre Hand, und sie seufzte. »Hoffentlich hilft das den beiden.«
Diese Hoffnung teilte er. Gayle sah schrecklich aus, so erschöpft und blaß. Sie musste die ganze Nacht geweint haben.
Am liebsten hätte er ihren Mann erwürgt. Doch dann sagte er sich, dass Brent genauso litt.
Dr. Clark erklärte Gayle, sie würde schlafen, bis sie drei Klopftöne hörte, und fragte, ob sie sich wohl fühle und alles verstehen könne. Beides wurde bejaht.
»Haben Sie Ihren Mann schon früher gekannt?« erkundigte sich die Ärztin in ruhigem Ton. »Sehr gut gekannt?«
Geoff wusste nicht recht, was nun geschah, ob seine Fantasie ihm einen Streich spielte. Vielleicht stand auch er unter Hypnose. Jedenfalls schien die Zeit innezuhalten, während sie auf die Antwort wartete.
»Ja«, sagte Gayle endlich.
»Erzählen Sie mir davon.«
Ein Lächeln erschien auf Gayles Lippen. »Ich kannte ihn schon früher. Sehr gut.«
»Als Sie Katrina waren?«
Geoffs Atem stockte, und Tina umklammerte zitternd seine Finger.
»Ja.«
»Sie sind also Katrina. Und wie heißt er?«
»Percy.«
Mühsam schluckte Geoff, und Tina schnappte nach Luft, Gayles Stimme klang so fremd. Und sie sprach mit britischem Akzent. Doch der unterschied sich deutlich von jenem Akzent, mit dem sie einige Engländer hatte reden hören.
»Sie sind Katrina, und er ist Percy. Lieben Sie ihn?«
»Ja. O ja.« Gayle lächelte verträumt, und Geoff dachte Sie liebt diesen Percy – genauso, wie sie Brent liebt.
»Führen Sie mich in die Vergangenheit zurück, Katrina. Wann haben Sie ihn kennengelernt? Erzählen Sie mir davon.«
»Der Kutscher fuhr zu schnell, und die Straßen waren schlammig. Es hatte lange geregnet…«
»Bitte, sprechen Sie weiter, Katrina.«
Das Lächeln vertiefte sich. »Als die Achse brach, half Percy mir aus dem Wagen. Er war so kühn und sagte Dinge, die ein Gentleman nicht äußern darf. Trotzdem fand ich ihn nett. Er war so besorgt um mich… Aber ich wies ihn natürlich in seine Schranken.«
»Und Sie verliebten sich in ihn?«
Gayle errötete, hob die Hände und liess sie wieder sinken.
»Das verstehen Sie nicht. Es schickte sich keineswegs. Mein Bruder war ein Lord und mit dem Gouverneur befreundet – und Percy ein – Hinterwäldler, mehr noch, ein Freund von Patrick Henry. Den bewunderte er. Selbstverständlich durfte ich mich nicht mit einem Verräter einlassen.«
»Aber Sie taten es?«
Unbehaglich wand sich Gayle auf der Couch umher.
»Taten Sie es?« fragte Dr. Clark.
»Das werde ich Ihnen nicht erzählen.«
»Wollen Sie mir gar nichts erzählen?«
»Nein… ja… Ich musste ihn Wiedersehen, das verstehen Sie sicher. Ich führte eine Begegnung herbei. Und ich wusste, dass er meine Gefühle erwiderte. Ich wünschte mir seine Liebe, doch ich hatte Angst, denn ich war erst sechzehn. Und ich hatte so viele schlimme Geschichten über die Männer gehört. Vor allem über die
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