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Geliebter Schuft

Geliebter Schuft

Titel: Geliebter Schuft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jane Feather
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Haustür geschlossen wurde, dann Henry, der den Schirm in der Diele abschüttelte, und seinen raschen Schritt. »Jetzt regnet es heftig, Mr. Ensor«, sagte Henry beim Eintreten. »Aber die Zeitung habe ich gefunden. Von gestern, also die neueste Ausgabe.« Er holte die zusammengefaltete Zeitung aus der Innentasche seines Mantels. »Nass ist sie nicht geworden.« Er reichte sie seinem Chef. »Der Zeitungsverkäufer sagte, dass sie ihm aus der Hand gerissen wird.«
    Max nickte zerstreut, während er die Schlagzeilen überflog. Ihm fiel auf, dass die Inhaltsangabe auf der letzten Seite nun Informationen über bevorstehende Versammlungen beinhaltete. Es gab den üblichen fett gedruckten Textblock:
    Wird die Regierung weiblichen Steuerzahlern das Stimmrecht gewähren?
    Dann blieb sein Blick an der Überschrift des unmittelbar darunter stehenden Artikels hängen.
    Regierung nimmt Zuflucht zu Spionage Schande über Sir Henry Campbell-Bannerman und sein Kabinett. Wie wir erfuhren, gibt ein gewisser Sehr Ehrenwerter Gentleman, der als Freund unserer Bewegung auftritt, Informationen über die Pläne der WSPU an die Regierung weiter. Ein geheimer Informant also. Stellt unsere Gruppierung für die starren Positionen unserer Regierung eine so ernste Bedrohung dar, dass man zu unfairen Mitteln greift, ufti ihrer Herr zu werden? Sind Frauen so gefährlich, dass man ihnen nicht offen entgegentreten kann? Was sagt dies über den moralischen Mut unserer Regierung aus? Müssen wir daraus schließen, dass Frauen so Furcht einflößend sind, dass man ihnen sogar die Macht des Stimmrechts, sei sie noch so geringfügig, verweigert? Der Sehr Ehrenwerte Gentleman, der diesen Titel wohl kaum verdient, hat sich mit geheucheltem Interesse und vorgetäuschten Freundschaftsbekundungen das Vertrauen einiger Mitglieder unserer Bewegung erschlichen, nur um diese zu verraten. Man fragt sich, wie sein Wahlkreis, der Urbane Mittelpunkt von Swold, diese Vorgehensweise eines Mannes, der erst kürzlich gewählt wurde, um die Interessen der Bürger im Parlament zu vertreten, beurteilen wird. Es ist wohl kaum das Benehmen eines Ehrenmannes. Oder eines ehrlichen Mannes. Oder eines mutigen Mannes. Der Sehr Ehrenwerte Gentleman, der so eifrig das ehrlose Gewerbe eines Spitzels betreibt, ist nicht mehr als ein Werkzeug des Premierministers.
    In dieser Tonart ging es weiter, doch Max nahm es kaum zur Kenntnis, obwohl sein Blick dem gedruckten Text folgte.
    Wut wallte in ihm auf, so dass er nicht merkte, wie aus seinem Gesicht jede Farbe wich. Sein Teint war von gespenstischer Blässe, ein grauer Schatten lag um seinen schmalen, verkniffenen Mund.
    »Ist alles in Ordnung, Mr. Ensor?« Henry starrte ihn an, erschrocken über die plötzliche Veränderung. »Sie sehen gar nicht wohl aus.«
    Max schaute von der Zeitung auf. Seine blauen Augen blickten Henry so kalt und hart an, dass der Sekretär unwillkürlich einen Schritt zurückwich. »Mir geht es gut, danke, Henry.« Max faltete die Zeitung zusammen und steckte sie in die Innentasche seiner Weste. Sein Ton kam Henry fremd vor, seltsam knapp und ohne den typisch satten Klang. »Ich gehe jetzt außer Haus und weiß nicht, wann ich wieder zurück sein werde. Wenn Sie die Korrespondenz für mich beantworten würden, wäre ich sehr dankbar. Sie kommen damit sicher zurecht. Ich unterschreibe dann nur.«
    »Gewiss, Sir«, sagte Henry zu Max' rasch verschwindendem Rücken. Die Tür schloss sich mit einem leisen Klicken, das irgendwie bedrohlicher klang, als wenn man sie zugeschlagen hätte. Henry kratzte sich am Kopf, von der Frage bewegt, was in The Mayfair Lady gestanden hatte, das seinen Chef so erbost hatte.
    Als Max hinaufging, um seinen wasserdichten Automantel, die Schirmmütze und Autobrille zu holen, bewegte er sich ganz automatisch, ausschließlich von Wut und Zorn gesteuert. Jetzt war ihm alles klar ... ihre plötzliche Reserviertheit an jenem Abend, die Tatsache, dass sie ihm seither aus dem Weg gegangen war. Constance musste letzten Mittwoch nach dem Dinner im Unterhaus sein Gespräch mit dem Premierminister belauscht haben. Den genauen Wortlaut wusste er zwar nicht mehr, konnte sich aber vorstellen, wie er in ihren Ohren geklungen haben musste. Und seither hatte sie ihren Rachefeldzug geplant.
    Unter seinem Zorn regte sich das Bewusstsein, dass ihre Wut gerechtfertigt war, da sie sich hintergangen fühlte. Warum aber war sie nicht einfach damit herausgerückt und hatte ihn damit konfrontiert? Jeder Mann

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