Geliebter Tyrann
schlagen.
Nun sprangen alle am Tisch auf, um sie daran zu hindern. Doch Bianca stieß ein Keuchen aus, ihre Augen tränten, sie sprang vom Tisch zurück und griff sich mit der Hand, mit der sie Mandy schlagen wollte, an den Fuß. Dort ruhte auf ihrem dicken Knöchel ein großer, sehr heißer Pflaumenpudding.
»Wischt mir das Zeug ab!« schrie sie und zappelte mit dem Fuß.
Nicole war diejenige, die ihr ein Handtuch zuwarf; doch niemand bückte sich, um ihr die klebrige Masse abzuwischen. Travis zog Alex unter dem Tisch hervor. »Ich glaube, er hat sich die Finger verbrannt, Janie.«
»Schade um den Pudding«, sagte Wes traurig und sah Bianca dabei zu, wie sie versuchte, auf einem Bein zu balancieren, während sie mit dem Handtuch den Pudding abwischen wollte. Ihr Bauch war so dick, daß sie kaum ihren Knöchel zu erreichen vermochte.
»Es ist überhaupt nicht schade um ihn«, sagte Janie.
»Clayton Armstrong!« schrie Bianca. »Wie kannst du es wagen, stumm dabeizustehen, während ich auf so unverschämte Art beleidigt werde?«
Jeder drehte sich jetzt Clay zu. Niemand hatte darauf geachtet, daß er beim Essen einen Becher Bourbon nach dem anderen getrunken hatte. Nun sah er mit glasigen Augen auf Bianca und hörte sich ihr Gekeife teilnahmslos an.
»Clay«, sagte Nicole leise, »ich denke, du solltest Bianca jetzt lieber nach... Hause bringen.«
Clay ging um den Tisch herum, packte Biancas Arm und zog sie zur Tür, ohne auf ihre Schreie zu achten, daß der Pudding ihr immer noch das Bein verbrenne. Er nahm einen Krug voller Bourbon mit, während er sie über die Schwelle nach draußen schob. Die kalte, von Schnee erfüllte Luft drohte die nasse, klebrige Masse an Biancas Knöchel in Eis zu verwandeln.
Bianca folgte Clay nur widerstrebend und stolperte im Dunklen hinter ihm her. Ihr Kleid war ruiniert; sie konnte die kalte Preiselbeersoße auf ihren Schenkeln fühlen, und ihr Knöchel schmerzte von der Brandwunde und der Kälte. Tränen verschleierten ihre Augen, so daß sie kaum sehen konnte, wohin sie gingen. Wieder einmal hatte Clay sie gedemütigt. Seit sie in Amerika eingetroffen war, hatte er nichts anderes getan.
Am Steg ächzte Clay, als er Bianca hochhob und sie in das Ruderboot setzte. »Wenn du so weiter ißt, werden wir ertrinken müssen«, sagte er mit leicht verschwommener Stimme.
Sie hatte sich jetzt mehr als genug beleidigen lassen, dachte sie, während sie ihm steif gegenübersaß. »Dir scheint dieses neue Getränk gut zu schmecken«, sagte sie mit süßer Stimme, während sie mit dem Kopf auf den Krug auf dem Boden des Bootes deutete.
»Es läßt mich eine Weile lang vergessen. Alles, was mich vergessen läßt, ist willkommen.«
Bianca lächelte im Dunklen. Als sie an der anderen Seite des Flusses ankamen, nahm sie die Hand, die er ihr bot, trat aufs feste Ufer und folgte ihm rasch zurück zum Haus. Als sie an der Gartentüre anlangte, zitterte sie, weil sie wußte, was sie nun tun mußte, obwohl sie sich fast übergeben mußte, wenn sie daran dachte.
Clay stellte den Krug auf den Tisch in der Halle und trat wieder ins Freie hinaus.
»Bauer!« murmelte Bianca, hob ihre Röcke an, rannte die Treppe zu ihrem Zimmer hinauf, öffnete eine Schublade in der
Kommode und nahm eine kleine Flasche Laudanum heraus. Wenn sie das Schlafmittel unter den Bourbon mischte, würde Clay nicht merken, was mit ihm geschah. Sie hatte gerade noch Zeit, ein paar Tropfen von dem Schlafmittel in das Glas zu schütten, das sie nun mit Bourbon füllte. Das Zeug roch entsetzlich!
Clay zog eine Augenbraue in die Höhe, als sie ihm das Glas anbot. Aber er war schon zu betrunken, um nach Gründen für ihre Handlung zu suchen. Er hob das Glas, prostete ihr mit einer spöttischen Grimasse zu und leerte es in einem Zug. Dann stellte er das Glas auf den Tisch und hob den Krug an die Lippen.
Bianca lächelte nur über seine bäuerischen Manieren und sah zu, wie er die Treppe hinaufwankte. Als sie die Tür seines Schlafzimmers gehen und dann das Poltern seiner Stiefel auf dem Boden hörte, wußte sie, daß es Zeit war, ihren Plan auszuführen.
Die Halle war dunkel, und Bianca stand lauschend am Fuß der Treppe. Schon die Vorstellung dessen, was sie vorhatte, erregte ihren Ekel; sie haßte die Berührung eines Mannes so sehr wie ihre Mutter sie geliebt hatte; doch während sie sich noch einmal in der Halle umsah, wußte sie, daß sie das alles verlieren würde, wenn sie nun nicht zu Clay ins Bett stieg. Sie nahm die
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