Geliebter Tyrann
Flasche mit dem Schlafmittel und ging die Treppe hinauf.
Mit zitternden Händen zog sie sich in ihrem Zimmer aus und schlüpfte in ein blaßrosa Nachthemd aus Seide. Sie weinte ein bißchen, als sie einen Schluck von dem Laudanum nahm. Wenigstens würde die Droge ihre Sinne ein wenig betäuben.
Das Mondlicht flutete durch Clays Zimmer, und Bianca sah ihn quer über seinem Bett liegen. Er war nackt, und während das silberne Licht über seine bronzene Haut hinspielte, schien er aus Gold gemacht. Doch Bianca fand nichts Schönes an dem Anblick eines nackten Mannes. Das Schlafmittel gab ihr das Gefühl, als träume sie das alles nur.
Leise schlüpfte sie neben Clay ins Bett. Die Vorstellung, daß sie sich ihm anbieten mußte, erschreckte sie. Sie wußte nicht, ob sie das fertigbringen würde.
Clay brauchte keine Ermutigung. Er hatte von Nicole
geträumt, und die Berührung eines seidenen Nachthemdes sowie der Geruch parfümierter Haare lösten in ihm eine Reflexbewegung aus. »Nicole«, flüsterte er, während er Bianca dichter an sich zog.
Doch selbst in seinem betrunkenen, betäubten Zustand erkannte Clay, daß er nicht die Frau neben sich hatte, die er liebte. Als er nach ihr griff, berührte er Fettwülste. Er zog mit einem erstickten Grunzen die Hand wieder zurück und überließ sich seinem Traum von Nicole.
Bianca wartete steif, mit angehaltenem Atem, daß sich seine animalische Lust durchsetzte. Als er ihr aber mit einem Grunzen den Rücken zukehrte, dauerte es ein paar Minuten, ehe sie begriff, daß er sie nicht anfassen würde. Sie fluchte innerlich und sagte der schlafenden Gestalt neben sich laut, was sie von ihrer mangelnden Männlichkeit hielt. Wäre ihr die Plantage nicht so wichtig gewesen, hätte sie diese Karikatur von einem Mann nur zu gern dieser Nicole überlassen.
Doch nun mußte etwas getan werden. Am Morgen mußte Clay glauben, daß er Bianca defloriert hatte, oder ihr Plan würde niemals gelingen. Das Schlafmittel, das sie eingenommen hatte, war ihr nun sehr hinderlich, als sie sich vom Bett erhob und die Treppe hinunterwankte. Aber sie hätte noch so stark betäubt sein können und trotzdem den Weg ans Ziel ihrer Wünsche gefunden - in die Küche.
Auf dem großen Tisch lag ein Stück Rindfleisch in einer Kräuter-Marinade, und Bianca füllte einen Tonbecher zur Hälfte mit Ochsenblut. Dann nahm sie noch sechs übriggebliebene Rosinenbrötchen aus dem Küchenschrank, um sich für ihre Klugheit zu belohnen, und machte sich anschließend wieder zurück auf den Weg ins Haus.
Als sie wieder im Oberstock angelangt war, verspeiste sie zuerst die Rosinenbrötchen, und dann, als sie kaum noch die Augen offenhalten konnte, legte sie sich neben Clay und begoß sich mit dem Ochsenblut. Sie versteckte den Becher unter dem Bett, verfluchte Clay noch einmal, daß er sie zwang, solche schrecklichen Dinge zu tun, und schlief dann neben ihm ein.
16
Die frühe Morgensonne fiel auf den leicht verkrusteten Schnee und prallte von dort zurück in Clays rotunterlaufene Augen. Der Schmerz in seinen Pupillen ging direkt in seinen Kopf, in dem sich alles, was je an Abscheulichkeiten erschaffen worden war, zu tummeln schien. Sein Körper war eine Last, als wiege er tausend Pfund, und jede Bewegung war eine Qual, auch nur, wenn er in die Hocke ging, um eine Handvoll Schnee aufzuheben und ihn auf seine trockene, geschwollene Zunge zu legen.
Schlimmer als dieser wütende Kopfschmerz und sein revoltierender Magen aber war die Erinnerung an diesen Morgen. Er war neben Bianca aufgewacht. Zuerst hatte er sie nur anstarren können, weil sein Kopf zu weh tat, um auch nur einen klaren Gedanken zuzulassen.
Da hatte Bianca rasch die Augen geöffnet und entsetzt geschnauft, als sie ihn sah. Sie hatte sich aufgesetzt und die Decke bis zum Hals hinaufgezogen. »Du Scheusal!« hatte sie durch ihre zusammengepreßten Zähne gezischelt. »Du schmutziges, gemeines Tier!«
ünd dann hatte sie zu ihm gesagt, er habe sie in sein Bett geschleppt und sie vergewaltigt.
Clay hatte ihr nur stumm zugehört, und als sie fertig war, hatte er gelacht. Denn er glaubte nicht, daß er jemals so betrunken gewesen sein konnte.
Doch als Bianca aus dem Bett stieg, war Blut auf dem Laken gewesen, und Blut auf ihrem Nachthemd. Ehe Clay etwas erklären konnte, hatte Bianca ihm gesagt, sie wäre eine Lady, sie würde sich nicht wie eine Hure behandeln lassen, und wenn sie ein Kind bekäme, würde Clay sie heiraten müssen.
Clay war dann aus dem
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