Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Geliebter Tyrann

Titel: Geliebter Tyrann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
Vom Netzwerk:
tragen würde, sähe er trotzdem noch wie ein Gentleman aus!«
    »Ja. Mama«, sagte Nicole gehorsam, ehe sie wieder die Treppe hinunterging. Das Problem, Männer danach zu beurteilen, ob sie Gentlemen waren oder nicht, schien mit ihrem gegenwärtigen Leben wenig zu tun zu haben.
    »Wesley erzählte mir gerade, daß Mr. Armstrong auf der anderen Seite des Husses wohnt. Dann war diese Trauung wohl kein Segen gewesen, wie?« fragte der Doktor.
    »Es ist nicht leicht gewesen; aber ich habe immer noch Hoffnung.« Sie versuchte zu lächeln.
    Sie ahnte jedoch nicht, wie sehr ihr Gesicht das widerspiegelte, was sie dachte. Oder daß die dunklen Schatten unter ihren Augen fast die Tatsache verbargen, daß noch Hoffnung darin lebte - und Verzweiflung.
    Dr. Donaldson meinte stirnrunzelnd: »Haben Sie in letzter Zeit auch genügend gegessen, junge Dame? Genügend Schlaf bekommen?«
    Wes sagte, ehe sie antworten konnte: »Nicole adoptiert Leute wie andere Menschen streunende Katzen. Vor kurzem hat sie wieder zwei Leute ins Haus genommen. Sie versorgt bereits Clays Nichte und Neffen, für die sie gar nicht verantwortlich ist; und nun hat sie ihre Mutter bei sich, die sich bedienen läßt wie eine Königin, und den Mann ihrer Mutter, der sich für den König von Frankreich hält.«
    Nicole lachte. »Wenn man dich hört, scheint mein Leben nur eine große Last zu sein. Tatsächlich liebe ich es, Menschen um mich zu haben, Doktor. Ich würde keinen von ihnen aufgeben.«
    »Daran hatte ich auch nicht gedacht«, antwortete Wes. »Nur solltest du in dem Haus auf der anderen Seite des Flusses wohnen, und Maggie sollte für die Küche sorgen, nicht du.«
    Der Doktor nahm seine Pfeife aus der Tasche und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Die Dinge waren für die kleine französische Lady nicht gut gelaufen, dachte er. Der junge Mann, Wes, hatte recht, wenn er sagte, sie verdiene ein besseres Los. als sich zu Tode zu arbeiten. Er hatte vorgehabt, nach Norden zu reisen und sich in Boston niederzulassen; doch nun beschloß er, die nächsten paar Monate in Virginia zu bleiben. Ihm hatte die Art mißfallen, wie man diese kleine Frau zu einer Ehe gezwungen hatte, die sie gar nicht wollte Er hatte sich immer irgendwie verantwortlich dafür gefühlt. Nun wußte er. daß er in der Nähe bleiben mußte, falls Nicole seine Hilfe benötigte.
    Nicole streifte die Kapuze vom Kopf und hielt ihr Gesicht in den Wind. Sie zog die Riemen des kleinen Ruderbootes durch das Wasser. Noch war der Boden mit Schnee bedeckt. An den Bäumen waren noch keine Knospen zu sehen; doch es hing etwas Undefinierbares in der Luft, das ihr sagte, es würde bald Frühling werden. Zwei Wochen war es her, daß der Doktor sie besucht hatte. Sie lächelte bei dem Gedanken daran, wie er zu ihr gesagt hatte, er würde, falls sie ihn brauchte, in der Nähe bleiben. Wann sollte sich diese Notwendigkeit ergeben? Sie wollte ihm so gerne sagen, ihnen allen sagen, daß sie und Clay Virginia bald verlassen würden.
    Seit Monaten bereitete sie sich schon auf diese Reise vor. Die Zwillinge und Janie würden natürlich mitkommen. Ihre Mutter ließ sie nur ungern zurück; doch Gerard würde inzwischen für sie sorgen, und später, wenn sie ein Haus hatten, konnte Adele zu ihnen ziehen und bei ihnen wohnen. Isaac würde die Mühle betreiben, und solange er Gerard und Adele versorgte, konnte er den verbleibenden Profit für sich behalten. Wenn Adele dann im Westen in Nicoles Haus wohnte, konnte Isaac die Mühle haben und sie mit Lukes Hilfe weiter betreiben.
    Oh, ja, es würde sich alles zum Besten kehren!
    Gestern hatte Clay ihr eine Nachricht zukommen lassen und sie gebeten, ihn heute morgen auf der Lichtung zu treffen. Gestern abend hatte sie kaum Schlaf finden können. Sie hatte die ganze Nacht von diesem Treffen mit Clay geträumt. Sollten ihre Pläne endlich Wirklichkeit werden?
    Sie atmete tief die reine, kalte Luft ein und nahm dann einen
    Hauch von Rauch wahr. Clay war also schon in der Höhle. Sie warf das Tau des Ruderbootes zwischen die Büsche, die den Pfad zur Lichtung verbargen, trat dann ans Ufer und band das Boot fest.
    Sie lief den schmalen Pfad hinauf. Clay stand dort, wie sie heute nacht geträumt hatte, ihr die Arme entgegenstreckend. Sie lief die letzten Schritte und warf sich an seine Brust. Er war so groß, so stark, und seine Brust war hart. Er hielt sie so fest an sich gepreßt, daß sie kaum Luft bekam. Aber sie hatte gar kein Verlangen danach, zu atmen. Sie wollte

Weitere Kostenlose Bücher