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Geliebter Tyrann

Titel: Geliebter Tyrann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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nicht verstehen. Niemand kann das.« Er verließ die Bibliothek.
    Nicole war wie betäubt von seiner heftigen Reaktion und dachte daran, daß Bianca ihr gesagt hatte, Clay schien der Tod seines Bruders wenig zu berühren, denn er sei ja gleich danach auf Brautschau gegangen, als wäre nichts geschehen. Doch Nicole hatte nun selbst erlebt, was passierte, wenn man nur den Namen der beiden Toten erwähnte.
    Sie stand auf und begann, die leeren Teller abzuräumen, gab es dann aber wieder auf. Es war ein langer, anstrengender Tag gewesen, und sie war sehr müde. Sie verließ die verstaubte Bibliothek und ging hinauf in das Zimmer, das Clay ihr angewiesen hatte. Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis sie aus dem Kleid geschlüpft und ins Bett gestiegen war. Kaum hatte sie den Kopf in die Kissen gelegt, war sie auch schon eingeschlafen.
    Am nächsten Morgen brachten das frühe Sonnenlicht und die helle Freundlichkeit des Zimmers sie wieder zum Lächeln. Vielleicht hatte dieses Zimmer Beth gehört. Als sie zum Kleiderschrank ging, dachte sie, daß es höchstwahrscheinlich bald Bianca gehören würde, aber das mochte sie nicht gern glauben und weigerte sich, diesen Gedanken zu vertiefen. Als sie sich im Kleiderschrank umsah, hörte sie Stimmen vor der Tür. Gestern hatte sie keine Zeit gehabt, sich die Zimmer im Oberstock anzusehen. Eine Tür führte hinaus auf den Flur, die andere vielleicht in das Zimmer der Zwillinge. Immer noch lächelnd, öffnete sie diese Tür, um sich einem halb bekleideten Clay gegenüberzusehen.
    »Guten Morgen«, sagte er, ihr Erröten ignorierend.
    »Es tut mir leid, ich wußte nicht... Ich dachte, die Zwillinge...«
    Er langte nach seinem Hemd. »Möchten Sie gern eine Tasse Kaffee?« fragte er, mit dem Kopf auf eine Kanne auf dem Tisch deutend. »Ich würde Ihnen gern Tee anbieten; doch wir Amerikaner haben nicht mehr so viel für Tee übrig wie früher.«
    Sich nur zu deutlich ihres Aufzuges bewußt, ging Nicole ein wenig zögernd durchs Zimmer zu der Kaffeekanne. Der Raum war ein richtiges Männerzimmer: die Wände waren mit Walnußholz getäfelt und das Bett von gewaltigen Ausmaßen - es nahm fast das ganze Zimmer in Beschlag. Clays Kleider waren über Stühle und Tische geworfen, so daß man kaum die Möbel darunter zu sehen vermochte. Neben der Kaffeekanne standen zwei Tassen, und sie wußte, ohne Clay erst fragen zu müssen, daß Maggie angenommen hatte, sie würden den Kaffee gemeinsam trinken. Sie goß sich eine Tasse ein und trug sie dorthin, wo er mit aufgeknöpftem Hemd auf dem Bettrand saß und einen Stiefel anzog. Sie konnte sich nicht verkneifen, einen Blick auf seine tiefgebräunte, muskulöse Brust zu werfen.
    »Vielen Dank«, sagte er, nahm ihr die Tasse ab und sah ihr nach, wie sie wieder zur Kaffeekanne ging. »Sie haben keine Angst mehr vor mir?«
    »Natürlich nicht«, sagte sie, als sie die zweite Tasse mit Kaffee füllte. Doch sie sah nicht zu ihm hin. »Ich hatte noch nie Angst vor Ihnen.«
    »Oh, ich dachte nur, Sie hätten vielleicht Angst vor mir. Mir gefällt Ihr Haar so, wie es im Augenblick ist. Und was ist das, was Sie da anhaben? Es gefällt mir auch.«
    Sie drehte sich um und blickte ihn mit strahlendem Lächeln an. Ihr Haar hing ihr über den Rücken bis zur Taille hinunter. »Es ist ein Nachthemd«, erklärte sie und war insgeheim froh, daß sie nicht erst in eine Robe geschlüpft war. Das hochgeschlossene ärmellose Leibchen bestand aus cremefarbenen Brüsseler Spitzen, und die dünne Seide, die von der hochgezogenen Taille hinunterfiel, war fast durchsichtig.
    »Ich bin heute morgen spät dran. Hier!« Er hielt ihr die Tasse fordernd hin. Sie nahm sie, immer noch lächelnd, entgegen, bewegte sich aber nicht von der Stelle, während er den anderen Stiefel überzog.
    »Wie haben Sie diese Narbe am Auge bekommen?«
    Er wollte etwas sagen, hielt jedoch inne, als er sie mit einem Augenzwinkern und einem weichen Mund betrachtete, der so gar nicht zu seiner üblichen Grimmigkeit paßte. »Eine Bajonettwunde während der Revolution.«
    »Ich habe das Gefühl, daß Sie mich aus irgendeinem Grund auslachen.«
    Er beugte sich näher zu ihr. »Ich würde nie in meinem Leben eine schöne Frau auslachen, die, nur mit ihrem Nachthemd bekleidet, vor meinem Bett steht«, sagte er und fuhr mit einem Finger über ihre Oberlippe, »ünd jetzt stellen Sie das hin«, sagte er und deutete mit dem Kopf auf die Tasse, die sie immer noch hielt, »ünd verlassen Sie mein

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