Geliebter Tyrann
stirnrunzelnd eines von Clays Pferden betrachtete.
»Clay, ich habe den Eindruck, deine Frau mag dein Pferd nicht.« Clay warf nur einen flüchtigen Blick auf Nicole. »Meine Frauen setzen immer auf mich«, entgegnete er und sah Travis dabei bedeutungsvoll an.
Nicole starrte auf Clays Rücken, während er seinem Pferd einen leichten Sattel überwarf und sein Jockey ihm dabei zusah. Sie kannte sich mit Pferden aus. Die Franzosen liebten den Pferdesport mindestens so sehr wie alle anderen Völker auf Erden, und die Pferde ihres Großvaters hatten stets die Gäule des Königs besiegt. Sie wölbte eine Augenbraue. So! Seine Frauen wetten stets auf ihn, glaubte er!
»Dein Pferd wird nicht gewinnen«, sagte sie entschieden. »Seine Proportionen stimmen nicht. Seine Beine sind zu lang im Verhältnis zu seiner Brustweite. Solche Pferde sind nie gute Renner.«
Alle Leute in Hörweite blieben stehen, die Bierkrüge verharrten auf halbem Weg zu den Lippen.
»Hast du das gehört, Clay? Willst du diese Herausforderung annehmen?« fragte Travis lachend. »Sie spricht, als verstünde sie etwas von Pferden.«
Clay ließ sich nicht von seiner Arbeit ablenken. »Möchtest du etwas Geld gegen mich setzen?« fragte er, während er den Sattelgurt strammzog.
Sie starrte ihn an. Er wußte doch, daß sie kein Geld hatte. Ellen stieß sie mit dem Ellenbogen an. »Versprich ihm eine Woche lang Frühstück im Bett. Ein Mann bringt sich um für so einen Preis.« Ellens Stimme war auf dem halben Rennplatz zu hören. Sie hatte, wie fast alle hier Versammelten - Nicole ausgenommen - viel zuviel getrunken.
»Das scheint mir fair zu sein«, grinste Clay und zwinkerte Travis dankbar zu, weil er den Anstoß zu dieser Wette gegeben hatte. Clay schien zu denken, daß damit die Wette zu Ende sei.
»ünd was bekomme ich, wenn das Pferd verliert?« fragte Nicole laut.
»Vielleicht werde ich dir dann das Frühstück ans Bett bringen«, sagte Clay mit einem anzüglichen Grinsen, und die Männer, die ihn umringten, lachten zustimmend.
»Ich würde ein neues Wintercape vorziehen«, erwiderte Nicole kühl, wandte sich ab und ging wieder auf den Rennplatz zu. »Ein Cape aus roter Wolle«, rief sie über die Schulter zurück.
Die Frauen in ihrer Umgebung lachten, und Ellen fragte, ob sie so sicher sei, daß sie nicht als Amerikanerin auf die Welt gekommen sei.
Als Clays Pferd mit drei Längen verlor, mußte er eine Menge spöttischer Bemerkungen über sich ergehen lassen. Man fragte ihn, ob er Nicole nicht lieber nur die Zucht seiner Pferde, sondern auch die Auswahl seiner Tabaksorten überlassen sollte.
Nun, als die Frauen wieder zum Haus zurückgingen, lachten sie gemeinsam über ihre Gewinne und Verluste. Eine hübsche junge Frau hatte versprochen, einen ganzen Monat lang die Stiefel ihres Mannes selbst zu putzen. »Aber er hat mir nicht gesagt, auf welcher Seite ich sie putzen soll«, rief sie lachend. »Er wird der einzige Mann in Virginia sein, dessen Socken sich im Leder spiegeln können.«
Nicole blickte auf die Berge von Eßwaren und merkte erst jetzt, wie hungrig sie war. Die Teller aus gebranntem Ton, die auf einem Tisch gestapelt waren, waren von beträchtlicher Größe, mehr Platten als Teller. Nicole nahm von jedem Gericht ein wenig. »Glaubst du, das kannst du alles aufessen?« fragte Clay hinter ihr im neckischen Ton.
»Vielleicht muß ich sogar noch nachfüllen«, sagte sie lachend. »Wohin kann ich mich setzen?«
»Neben mich, wenn du noch ein bißchen Geduld hast.« Er nahm sich einen Teller und packte viel mehr darauf, als Nicole das getan hatte, nahm dann ihren Arm und führte sie zu einer großen Eiche. Eines von Backes’ Dienstmädchen lächelte und stellte große Krüge voller Rumpunsch auf den Boden neben den Baum. Clay setzte sich auf das Gras, seinen Teller auf dem Schoß, und begann zu essen. Er blickte zu Nicole hoch, die immer noch, ihren Teller in der Hand, neben ihm stand. »Ist etwas verkehrt?«
»Ich möchte keine Grasflecke auf mein Kleid bringen«, sagte sie.
»Dann gib mir deinen Teller«, sagte Clay, nachdem er den seinen neben sich auf den Boden gestellt hatte. Als auch ihr Teller neben ihm stand, faßte er ihre Hände und zog sie hinunter auf seinen Schoß.
»Clay!« sagte sie und wollte sich wieder erheben. Doch er hielt sie auf seinen Schenkeln fest. »Clay, bitte, wir befinden uns auf einem öffentlichen Platz.«
»Was macht das schon«, sagte er und knabberte an ihrem Ohrläppchen. »Die Leute
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