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Gelinkt

Gelinkt

Titel: Gelinkt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Len Deighton
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Straßen dieser auf drei Seiten von der Mauer –
    hinter der West-Berlin lag – begrenzten Gegend waren menschenleer.
    »Werner«, sagte Fiona, als sie unter den Bäumen eines kleinen öffentlichen Parkplatzes anhielt und den Motor abstellte. Sie sah sich nach ihm um. »Sie sind nur eine Karte in einem Poker-Spiel. Das werden Sie ja wissen.«
    »Was passiert einer Karte in einem Poker-Spiel?« fragte Werner.
    »Am Ende des Spiels wird sie mit den anderen gemischt und weggelegt, bis zum nächsten Spiel.«
    »Tut das weh?«
    »In ein paar Tagen werden Sie wieder in West-Berlin sein.
    Das verspreche ich Ihnen.«
    Sehr langsam kam ein Wagen die Straße entlang. Er fuhr an ihnen vorbei und hielt etwa hundert Meter weiter. Werner sagte

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    nichts und Fiona ebensowenig. Der Wagen wendete, als wollte er wieder zurückfahren, hielt dann aber an und fuhr rückwärts.
    Schließlich fuhr er wieder an ihnen vorbei und bog an einem Straßenschild ab, das nach Selchow wies. »Das war ein Fahrschüler«, sagte Fiona.
    »Warum erzählen Sie mir das?« sagte Werner. Der Wagen hatte ihn nervös gemacht.
    »Ich möchte, daß Sie eine Botschaft für mich bestellen.«
    »Eine schriftliche Botschaft?«
    Der gute alte Werner. So einfältig war er also nicht. »Nein, Werner, eine mündliche Botschaft.«
    »An Bernard?«
    »Nein. Im Gegenteil. Sie müssen mir versprechen, daß Bernard nichts davon erfährt.«
    »Was wird denn hier gespielt?«
    »Sie kommen doch ziemlich regelmäßig her, Werner. Sie wären der perfekte Mittelsmann.«
    »Bitten Sie mich, für Moskau zu arbeiten?«
    »Nein.«
    »Aha.« Werner lehnte sich zurück, was wegen der ihm auf den Rücken gefesselten Hände unbequem war. Nach einigem Überlegen lächelte er sie an. »Aber wie kann ich sicher sein?«
    Das Lächeln war sorgenvoll.
    »Wegen der Handschellen kann ich nichts machen, Werner.
    Es ist nicht gestattet, Häftlinge und Schlüssel zugleich zu transportieren.«
    »Wie kann ich Ihnen trauen?« sagte er wieder.
    »Ich will, daß Sie mit Sir Henry Clevemore reden. Würde das Ihre Zweifel ausräumen?«
    »Ich kenne ihn nicht. Ich habe ihn noch nie gesehen.«
    »Bei ihm zu Hause, nicht in seinem Büro. Ich werde Ihnen seine Privatnummer geben. Sie werden Ihre Botschaft auf den Anrufbeantworter sprechen.«
    »Ich weiß nicht.«

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    »Du lieber Himmel, Werner! Reißen Sie sich zusammen, und entscheiden Sie sich!« schrie sie. Sie schloß die Augen. Da hatte sie die Selbstbeherrschung verloren. Daran war dieser Fahrschulwagen schuld.
    Werner sah sie staunend an und verstand plötzlich den panischen Schrecken, den man ihr angemerkt hatte. »Warum ich? Warum jetzt? Was ist mit Ihrem regelmäßigen Kontakt?«
    »Ich habe keinen regelmäßigen Kontakt. Ich habe mich hier erst mal umgesehen, Deponien verwendet. London hätte vermutlich in ein oder zwei Monaten jemanden geschickt. Aber dies ist eine perfekte Gelegenheit. Ich werde Sie als Agenten für die Stasi anwerben. Sie werden mir persönlich Bericht erstatten, und jedesmal, wenn Sie das tun, erhalten Sie Material von mir, das Sie mit zurück in den Westen nehmen.«
    »Das würde gehen«, sagte Werner und dachte nach. »Würde Sir Henry dafür sorgen, daß ich Ihnen auch was zu bieten hätte?«
    »Alle meine Berichte müssen auswendig gelernt werden«, sagte Fiona. Da hatte sie es getan: sich Werner auf Gnade oder Ungnade ausgeliefert. Es würde schon gutgehen. Später würde sie Werner dazu bringen, ihr von ihrem Mann und ihren Kindern zu erzählen, aber jetzt noch nicht. Eins nach dem anderen. Nun begann er, ihr zu glauben. Sein Gesicht hellte sich auf, und seine Augen wurden größer. Er sollte an einer wahrhaft ungeheuerlichen Sache beteiligt werden. »Was für ein Coup!« sagte er leise und mit glühender Bewunderung. In diesem Augenblick war er ihr ergebener Sklave geworden.
    »Bernard darf nichts wissen«, sagte Fiona.
    »Warum?«
    »Aus allen möglichen Gründen. Er wird sich Sorgen machen und sich in die Karten sehen lassen. Er kann seine Gefühle nicht verbergen. Das müssen Sie doch wissen.« Er blickte aus dem Fenster. Fiona hatte sich ihren Helfer gut ausgesucht. Werner hatte immer ein Geheimagent werden

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    wollen. Er träumte davon, wie andere Leute davon träumen, Filmstars zu werden, Tore für ihr Vaterland zu schießen oder eine eigene Talk-Show im Fernsehen zu haben. Werner verstand was von Spionage. Er las Bücher darüber, sammelte Zeitungsausschnitte und prägte sich

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