Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

Titel: Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Nylund
Vom Netzwerk:
kommt der Tod endlich zum Todesverschlinger«, sagte es.
    Das war der Augenblick, den Fiona in den folgenden Jahren in der Rückschau am stärksten als Wendepunkt empfinden würde. Ihre Wirklichkeit wandelte sich in diesem Moment. Einem sprechenden Krokodil in die Augen zu starren … danach konnte einfach nichts mehr sein, wie es einmal war.
    Doch noch immer rang sie darum, sich an ihre alte, unphantastische Welt zu klammern, und suchte wild nach einer Erklärung. Es musste in dieser Kanalisation Gase geben, die Halluzinationen hervorriefen – wie Ratten, die Geigenmusik gehorchten, und sprechende Reptilien. Das war die einzig vernünftige Erklärung, oder?
    Aber die tiefe Stimme dieses Krokodils war keine Illusion. Es sprach mit der Last der Zeitalter, wie Großmutter. Als hätte es schon mit Hunderten von Mädchen vor ihr gesprochen, ihnen gesagt, dass sie ruhig sein und in seine klaffenden Kiefer hineinspazieren sollten.
    Langsam schüttelte sie den Kopf, um diese Gedanken zu verscheuchen.
    Sie musste sich dem hier stellen. Sie musste sich allem stellen. Vielleicht würde ihre entfernte Verwandtschaft sie wirklich töten. Vielleicht war ihre Mutter eine echte Göttin gewesen. Und vielleicht redete ja wirklich ein Krokodil mit ihr.
    »Es sitzt einfach nur da«, sagte Eliot. »Warum schwimmt es nicht auf uns zu?«
    »Wenn ich euch tot sehen wollte«, antwortete das Krokodil, »wärt ihr es längst. Kommt näher. Lasst uns die Sache zu Ende bringen.«
    »Es ist eine Falle«, flüsterte Eliot. »Vergiss nicht, es ist auf kurzen Distanzen am schnellsten. Es springt seine Beute an.«
    »Ich glaube nicht, dass es eine Falle ist«, flüsterte Fiona zurück. Sie räusperte sich und wandte sich dann an das Tier:
»Wir wollen dich nicht töten, und wir werden es auch nicht tun – es sei denn, wir sind dazu gezwungen, weil wir uns verteidigen müssen.«
    Das Tier schnaubte. »Ich habe die Zeichen gelesen. Ich weiß, dass ihr kommt, um mich zu bezwingen.«
    Fiona kniff die Augen zusammen. Standen in den Augen des Krokodils etwa Tränen?
    Das Krokodil auf der Insel veränderte seine Haltung, und seine Schulter wurde sichtbar. Ein Metallschaft hatte seinen Stummelarm durchbohrt, und die Gliedmaße war geschwollen, grau und schlaff. Fiona konnte sehen, dass das Metall von Zahnabdrücken übersät war – oberhalb und unterhalb -, wo das Krokodil versucht haben musste, den Schaft abzubeißen. Schwarzes Blut quoll hervor und tropfte aus der Wunde auf die Knochen.
    Fiona konnte sich kaum vorstellen, welche Schmerzen es leiden musste.
    »Es wäre ja etwas anderes, wenn es uns angreifen würde«, flüsterte sie Eliot zu, »aber ihm einfach so den Kopf wegzupusten, das wäre …«
    »Mord?«, sagte Eliot. »Ist es nicht das, wofür wir hier sind? Die einzige Art, die Prüfung zu bestehen?«
    Sie schwiegen einen Moment lang.
    »Weißt du noch, was Machiavelli über die Bauern beim Schach sagt?«, fragte sie ihn. »Dass sie sich ändern müssen, um zu überleben?«
    Eliot nickte.
    »Ich glaube nicht, dass ich zu jemandem werden kann, der tötet, nur, weil es ihm befohlen wird.«
    »Ich auch nicht.« Eliot sah das Gewehr an und dann sie. »Was willst du also tun?«
    »Ich bin mir nicht sicher, aber es muss einen anderen Weg geben. Das hier ist schließlich ein intelligentes, sprechendes Wesen.«
    Eliot trat von einem Fuß auf den anderen; er sah unsicher und unbehaglich aus.
    »Wir könnten versuchen, ihm zu helfen«, sagte sie. »Dieses
Ding aus seinem Arm ziehen. Es kennt vielleicht unsere Familie. Vielleicht hilft es uns herauszufinden, wie wir überleben können.«
    Eliot atmete langsam ein und dann wieder aus, um sich zu stählen. »Ich versuche, es mit Musik zu besänftigen. Du könntest näher herangehen – entweder, um ihm zu helfen, oder … egal.«
    Fiona presste die Lippen aufeinander und versuchte sich vorzustellen, wie sie sich freiwillig auf das Tier zubewegte. Es gelang ihr nicht.
    Sie nickte, richtete sich gerader auf und wandte sich wieder an die Bestie: »Wir werden dir helfen. Das Ding da aus deiner Schulter holen. Danach können wir vielleicht reden.«
    Das Krokodil musterte sie einen Moment lang mit seinen golden und schwarz gefärbten Augen, ohne zu blinzeln. »Nun gut. Komm her und bring es zu Ende.«
    »Das klingt nach einer Einladung«, sagte Fiona zu ihrem Bruder.
    »Oder nach einer Falle«, antwortete er.
    Wenn das der Fall war, hatte Fiona immer noch das Gewehr; doch sogar damit war sie gar nicht sicher, ob

Weitere Kostenlose Bücher