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Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

Titel: Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Nylund
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können.
    Ihr Faden hing durch. Er schrumpfte vor ihren Augen.
    Fiona stellte sich vor, dass eine warme Flüssigkeit zwischen ihren Fingern pulsierte. Dann gerann sie und kühlte sich langsam ab.
    Es war Blut. Ihr Blut.
    Blut, das bald vergossen werden würde.
    »Es tut mir leid«, flüsterte Dallas, so leise, dass nur Fiona es hören könnte. »Noch einen Tag. Vielleicht ein wenig länger. Er sagt, dass du so viel noch übrig hast.«
    Fiona schaute auf. Alle sahen sie seltsam an.
    »Ich verstehe nicht. Einen Tag, bis was geschieht?«
    Aber sie wusste es. Das Tick-Tack, das in ihrem Leben noch übrig war, war kristallklar am Faden aufgereiht und ausgemessen. Und dann hörte es auf.
    »Die Fäden haben sich schon geirrt«, sagte Dallas und wandte sich zu Großmutter um. »Mindestens ein oder zwei Mal.«
    Fiona nahm den Faden in Augenschein. Er war wieder nur ein Stück Garn. Kein Blut. Keine Vorzeichen eines drohenden Verhängnisses. Und doch hatte sie den Geschmack von Asche im Mund. Sie ließ den Faden fallen und sah zu, wie er spiralförmig zu Boden schwebte.

    Einen Tag noch? Vielleicht ein bisschen länger? Das war nichts. Und das jetzt, da alles sich ändern sollte – eine neue Familie, Robert … Dinge, von denen Fiona ihr ganzes Leben lang nur zu träumen gewagt hatte.
    Wie konnten sie das geschehen lassen? Großmutter und Cee starrten sie hilflos an. Es kümmerte sie nicht. Sie hätten etwas tun können, um das hier zu verhindern. Wenigstens hätten sie es versuchen müssen.
    Und Dallas? Fiona wünschte sich, sie hätte sie nie kennengelernt.
    Nur eines konnte ihr jetzt helfen.
    Fiona rannte in ihr Zimmer. Sie knallte die Tür zu und verschloss sie.
    Sie warf ihre Büchertasche hin, griff hinein und packte eine Handvoll Trüffel. Dann stopfte sie sich alle in den Mund. Sieben oder acht: Bitterschokolade, weiße und Milchschokolade, Toffees, Zitrone und Vanille, Haselnuss und Karamell.
    Sie kaute und kaute und erstickte beinahe, als sie schließlich zu schlucken versuchte.
    Ihr Puls hämmerte, und ihr Blut dröhnte wie eine Flutwelle – aber die Panik und der Zorn in ihrem Inneren wurden nicht schwächer.
    Sie schlug in einer letzten vergeblichen Geste mit den Fäusten auf ihren Schreibtisch und sackte dann zusammen.
    Wollte sie so ihren letzten Tag verbringen? Mit Temperamentsausbrüchen und Pralinenorgien?
    Sie hörte ein Klopfen – nicht an ihrer Tür, sondern an der Vordertür der Wohnung. Es ertönten Schritte und neue Stimmen im Esszimmer.
    Nach einem Augenblick klopfte es sacht an ihrer Tür.
    »Fiona«, flüsterte Eliot. »Ich bin’s. Geht es dir gut?«
    Das war eine gigantisch dumme Frage, aber Eliot hatte das Herz auf dem rechten Fleck.
    Sie versuchte zu antworten, aber ihre Kehle war von der Schokolade zu ausgetrocknet.
    »Robert ist hier«, sagte Eliot. »Der Rat sagt, unsere nächste Prüfung hat begonnen.«

    Wenn der Faden Recht hatte, wenn sie nur noch ein oder zwei Tage zu leben hatte, dann würde sie sie nutzen. Vielleicht würde sie überleben, vielleicht auch nicht, aber sie musste ihrem Bruder helfen, die Sache durchzustehen.
    Fiona schritt zur Tür – blieb stehen, ging dann zurück und packte ihre Büchertasche.
    Es gab eines, was sie vorher tun musste.
    Sie öffnete ihre Tür, ging den Flur entlang und durchs Esszimmer – wobei sie jeden dort ignorierte, sogar Robert – und marschierte geradewegs in die Küche.
    Sie zog ihren herzförmigen Kasten hervor. Den immer noch vollen herzförmigen Kasten. Es war das beste Geschenk, das sie je erhalten hatte.
    Fiona öffnete den Müllschlucker, erstarrte dann aber, unfähig, den Kasten näher heranzuführen.
    Wie konnte sie die Pralinen wegwerfen? Sie sorgten dafür, dass sie sich so gut fühlte.
    Doch diese Gefühle waren nicht echt. Wenn sie nur noch einen Tag zu leben hatte, wollte sie ihn als sie selbst erleben, nicht aufgeputscht von Zucker und schokoladengeweckten Endorphinen. Sie wollte Fiona Post sein, was auch immer das hieß. Schüchtern und unbeholfen, verängstigt … aber sie selbst.
    Fiona zwang ihre Hand, den Kasten über die Kante des Müllschluckers zu schieben.
    Dann ließ sie los.
    Sie sah zu, wie ihr rotes Satinherz fiel und in der Dunkelheit verschwand.

Teil 5
    Die Zweite Heldenprüfung

43
    Todesprüfung
    Eliot hatte noch nie so viele Leute auf einmal in ihrem Esszimmer gesehen – noch nicht einmal damals, als die Wasserrohre geplatzt waren und den zweiten Stock überschwemmt hatten.
    Robert stand flankiert von

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