Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

Problem war, dass Fiona eifersüchtig war. Wie damals, als Louis ihm die Geige geschenkt hatte. Das hatte ihr auch nicht gefallen.

    Und dabei hatte er kein einziges Wort über ihre blöden Pralinen gesagt. Sogar jetzt griff sie in ihre Tasche, zog noch eins der Dinger hervor und schob es sich in den Mund, wobei sie versuchte, es zu verbergen.
    »Solltest du die nicht eher auf dem Boden rollen, Scarabaeus sacer ?«
    Scarabaeus war die wissenschaftliche Bezeichnung für den Skarabäus oder Pillendreher, der seine Ausbeute an Exkrementen über den Boden zu seinen Nestern rollte.
    Fiona errötete, konnte aber nicht sofort antworten, weil sie erst die klebrige Süßigkeit zerkauen musste.
    Eliot wusste, dass sie das Wort kannte. Dafür würde es beim Vokabelbeleidigungsspiel keine Punkte geben. Aber zu sehen, wie sie sich abmühte und die Praline kein bisschen genießen konnte, war beinahe so gut, wie zu gewinnen.
    An der Midway Avenue erschauerten die Pfirsichbäume in ihren Kübeln in der warmen Brise. Blüten fielen ab, trieben durch die Luft und sahen wie Schneeflocken aus an diesem heißen kalifornischen Nachmittag.
    Doch das hätte eigentlich nicht sein dürfen.
    Diese Pfirsichbäume hatten schon vor Monaten geblüht, und ihre winzigen, verfaulten Früchte waren auf der Straße zu abstrakten Kunstwerken zerspritzt.
    Endlich gelang es Fiona zu schlucken. »Ich verstehe, dass du mit der Nahrungsquelle des Skarabäus vertraut bist – für eine Ampulla varicis ist das ja naheliegend.« 45
    Eliot wusste, was sie meinte, aber er war nicht länger bei der Sache. Auf der Midway Avenue ging etwas Seltsames vor sich.
    »Haben sie die Bäume ausgetauscht?«, fragte er.
    Fiona starrte geradeaus, sah aber nicht die Bäume an. Ihre Aufmerksamkeit war fest auf den alten VW-Käfer gerichtet, der vor ihrem Wohnblock parkte.
    Er gehörte dort nicht hin. Eliot kannte jedes schrottreife
Auto, das an der Midway Avenue parkte. Dieses hier fiel wirklich auf: Es war in Regenbogenfarben, die auf der Motorhaube zu einem Friedenszeichen zusammenwirbelten, batikähnlich lackiert. Ein Aufkleber auf der Stoßstange verkündete: LIEBT EURE MUTTER und zeigte ein Bild des Planeten Erde.
    »Gehört das Onkel Henry?«, flüsterte Fiona.
    Sie sahen einander an – und rannten dann zum Seiteneingang des Wohnblocks. Vielleicht hatte die zweite Prüfung begonnen. Oder vielleicht hatte Großmutter mit dem Rat gesprochen und ihn überredet nachzugeben, was die nächsten beiden Prüfungen betraf.
    In jedem Fall würde Eliot als Erster oben sein.
    Er drängte sich an Fiona vorbei. Nicht, dass er schneller gewesen wäre, aber ihre Büchertasche war am Geländer hängen geblieben. Als er erst einmal vor ihr war, ließ er sie nicht mehr vorbei, sondern versperrte ihr den Weg mit den Ellenbogen.
    Das hätte er nicht tun sollen. Es war ein schmutziger Trick. Aber als er den Flur entlangraste und ein einziges Mal als Erster an ihrer Wohnungstür anlangte, fühlte er sich gut.
    Fiona holte ihn einen Augenblick später ein.
    Sie ließen sich einen Moment Zeit, um sich die Kleider glattzustreichen, und Fiona schob ihr Gummiarmband in die Tasche.
    Eliot langte nach dem Türgriff, hielt dann aber inne. Drinnen lachte jemand.
    Gelächter war nichts, was sie in ihrem Zuhause je zu hören bekamen. Das hier war das Lachen einer Frau, stammte aber nicht von Großmutter oder Cee (nicht, dass Eliot Großmutter jemals auch nur hätte kichern hören). Dieses Lachen war voller Leben.
    »Das ist nicht Onkel Henry.« Fiona nickte zur Tür hinüber. »Nun geh schon.«
    Eliot runzelte die Stirn, dann öffnete er die Tür.
    Er blinzelte gegen das Sonnenlicht an, das durchs Esszimmerfenster fiel. Drei Gestalten saßen am Tisch. Es war ganz wie gestern, als Robert dort gewesen war, Großmutter saß an
einem Ende, Cee am anderen. Aber diesmal saß ein Mädchen zwischen ihnen.
    Sie sah ganz entspannt aus und saß sogar nahe bei Großmutter; ihre Hand ruhte neben ihrer. Wenn überhaupt, dann war Großmutter diejenige, die unbehaglich dreinsah.
    Das Mädchen war älter als Julie, aber nicht viel. Sie war vielleicht achtzehn. Ihr Haar war honigblond und hatte die gleiche Farbe wie das intensive Sonnenlicht.
    Großmutter trug ihre übliche steinerne Maske und musterte Fiona und Eliot, als sie in der Tür standen.
    »Kommt herein, Kinder«, sagte Großmutter. »Ich möchte euch eure Tante Claudia vorstellen.«
    Das Mädchen wurde munter und lächelte sie an. Ihre Gesichtszüge ähnelten