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Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils

Titel: Gemini - Der goldene Apfel - Nylund, E: Gemini - Der goldene Apfel - Mortal Coils Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eric Nylund
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die rechte Hand freibekam.
    Da war Blut. Ihres. Doch das spielte keine Rolle.
    Der Nebel im Krankenwagen kratzte an der Trage und griff danach.
    Fiona öffnete den Klettverschluss der Fesseln an ihrer linken Hand.
    Ihr kam ein einziger zusammenhängender Gedanke: ein Faden. Sie musste eine Schneide finden.
    Sie tastete über die Decke, die man über sie gelegt hatte. Sie
bestand aus Polyesterfleece. Kein Gewebe, aus dem sie einen Faden ziehen konnte.
    Fiona zerrte am Saum ihres Hemdes, und lose Fäden erschienen. Sie löste ein Stück Baumwollfaser und zog sie zwischen ihren Händen straff.
    Ein dunstiger, skelettierter Arm griff nach oben. Gebogene Knochensporen schabten über die Umrandung der Trage, als die Hand nach etwas tastete, das sie packen konnte.
    Die alte Fiona Post hätte geschrien, wäre vor Entsetzen erstarrt oder hätte einfach die Augen geschlossen und gehofft, dass der Albtraum vorbeigehen würde.
    Aber Fiona war längst über Kleinkinderängste dieser Art hinaus. Der Anblick dieser Monstrosität, die nach ihr griff, ließ sie nur eines empfinden: Wut.
    Fiona ließ ihre Schneide vorschnellen – einmal, zweimal, dreimal – und zerteilte den Arm in Knochenstücke, die zu Rauchfähnchen wurden und verschwanden.
    Sie erholte sich, konnte wieder atmen und denken.
    Dann hörte sie die Musik.
    Es klang wie ein Dutzend Geigen, die durch den Nebel tönten … hier … da … rings um den Krankenwagen … und nirgendwo. Es war Eliots Musik, aber nicht so, wie sie sie je zuvor gehört hatte. Neben den üblichen süßen Tönen erklang ein Kreischen, das sich anhörte, als schütte jemand einen Eimer Nägel über eine zerbrochene Tafel aus.
    Der Nebel bewegte sich, wurde fest und teilte sich, um einen Tunnel zu bilden.
    Ein schattenhafter Umriss erschien auf diesem Pfad, ging auf Fiona zu und bearbeitete die Geige mit dem Bogen, während ihm eine abgerollte Bandage von der Hand hing.
    Eliot schaute auf. Er sah Fiona und rannte auf sie zu.
    Fiona tat etwas, das sie nicht mehr getan hatte, seit sie ein Kleinkind gewesen war: Sie umarmte ihren Bruder.
    Er erwiderte die Umarmung mit einem Arm.
    Sofort stieß sie sich wieder von ihm ab. Freude darüber, dass es Eliot gut ging, war eines; aber ihn tatsächlich zu umarmen war irgendwie eklig.

    Außerdem stimmte etwas nicht mit ihm; irgendetwas, das weit über seine übliche Streberhaftigkeit und die Tatsache, dass sie in einem Nebel voller Monster standen, hinausging. Eine rote Linie führte seinen Arm hinauf, und die Haut beiderseits davon war mit Prellungen übersät.
    Wut kochte in Fiona hoch. »Sie haben dir wehgetan.«
    Eliot drehte den Arm nach innen. »Es ist nichts.«
    Fiona war sich ziemlich sicher, dass es nicht »nichts« war, ließ das Thema aber fürs Erste fallen.
    »Was soll das alles? Du hast diesen Nebel wieder hergeholt. Weißt du, dass er Menschen tötet?«
    Eliot bedachte sie mit einem so bösartigen Blick, dass vermutlich sogar Großmutter davor zurückgezuckt wäre. »Ja, das weiß ich. Willst du den Goldenen Apfel finden oder nicht?«
    Fiona hatte Eliot noch nie so erlebt. Er war harmlos, wenn man ihn nicht in die Enge trieb. Und selbst dann war es ihr nie möglich gewesen, ihn als bedrohlich wahrzunehmen.
    Bis jetzt.
    Irgendetwas stimmte nicht mit ihrem Bruder. Oder vielleicht stimmte mit der ganzen Welt etwas nicht, und er war nur ein Teil davon geworden.
    »Ja«, sagte sie zu ihm. »Finden wir das dumme Ding.«
    Eliot nickte, wandte ihr den Rücken zu und hob den Arm, um zu spielen. Fasziniert sah Fiona zu, wie die rote Linie und die Prellungen auf seinem Arm verschwanden.
    Er spielte ein neues Lied: Es war leise und langsam.
    Das Bild eines winzigen Blattes, das sich abmühte, ins Sonnenlicht zu gelangen, erschien vor Fionas innerem Auge; es gab Blüten und summende Bienen und pralle Früchte. Fiona roch Honig und schmeckte …
    »Äpfel«, flüsterte sie.
    Doch der Gedanke an Essen, sogar an etwas so Unverfängliches wie einen Apfel, sorgte dafür, dass sich Fiona vor Abscheu der Magen umdrehte. Sie beherrschte sich, schluckte und es ging ihr besser.
    In Reaktion auf die Musik bewegte sich der Nebel, und ein neuer Pfad bildete sich.

    Eliot spielte und ging voran. Fiona folgte ihm.
    Sie wunderte sich über seine wachsende Begabung. Aber diese neue Wertschätzung verschwand, als sie einen Reiter entdeckte, der in der Dunkelheit vorbeigaloppierte – das Schwert über den kopflosen Oberkörper erhoben. Eine neblige, haiartige Gestalt von

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