Gemischte Gefühle
mehr als undurc h dringliche Schwärze wahrnehmen. Er wußte, daß zumindest eine Kamera auf ihn gerichtet war und sein Gesicht in Gro ß aufnahme zeigte. Die Pressekonferenz wurde live in 39 Länder übertragen.
„ He, Ralf, glauben Sie, daß Sie den Zielrichter belästigen werden? “
Einige kicherten. Vergeblich versuchte Ralf den Frager zu erkennen.
„ Ich denke schon “ , antwortete er.
„ Was war das längste Rennen, das Sie je fuhren? “
„ Gröden. Vergangenes Jahr. Es war viertausend Meter lang. “
„ Da gab es aber keine Hindernisse. Das morgige Rennen ist neun-tausenddreihundertsiebenundsiebzig Meter lang und voll mit den heimtückischsten Fallen. Einige Buchmacher legen es fünfzig zu eins, daß Sie nicht mal den ersten Teil des Rennens schaffen werden. “
„ Ich habe mich gewissenhaft vorbereitet. Nie zuvor war ich so in Hochform. “
„ Einige Ihrer Konkurrenten behaupten, daß Sie zu weich für den Profisport sind. Sie haben die Umstellung noch nicht verkraftet. “
„ Dagegen spricht mein Sieg im Aspen-Gold-Cup. “
„ Weshalb fahren Sie für das ATT-Team? “
„ Sie machten mir das beste Angebot. “
„ Was waren für Sie die größten Umstellungen vom sog e nannten Amateur zum Profi? “
Ralf überlegte kurz. „ Amateurrennen sind mit Profire n nen überhaupt nicht zu vergleichen. Bei den Prof is ist alles anders. Der Massens tart aus den Startmaschinen, das gege n seitige Belaue rn und Behindern, und natürlich die Hinde r nisse. “
„ Das wissen wir alle. Aber was war für Sie die größte Umstellung? “
„ Die Taktik. Eine gute Position im Rennen zu suchen. Keinen Meter zu verschenken. “
Weitere Fragen prasselten auf ihn ein.
„ Der Bursche macht seine Sache großartig “ , sagte Bert Zi n nemann zufrieden. Er sah genauso aus, wie man sich den erfolgreichen Manager eines großen Konzerns vorstellte.
Peter Sullivan antwortete nicht. Er starrte den Bildschirm an.
„ Sie haben vorbildliche Arbeit geleistet, Peter. Unser Umsatz hat sich in den vergangenen Wochen um fast dreißig Prozent erhöht. Das ist nur auf die Erfolge Ralfs zurückz u führen. Wenn er nun die Weltmeisterschaft gewinnt …“
„ Er wird sie nicht gewinnen. “
„ Ahh ja, jetzt kommen wieder Ihre langweiligen Einwe n dungen. Er wird verheizt. Er ist noch nicht reif für so ein brutales Rennen. Der Start kommt um ein Jahr zu früh. Er hätte langsamer aufgebaut werden müssen. Das wollen Sie doch sagen? “
„ Richtig. “
„ Peter, Sie wissen, was gespielt wird. Unser Team braucht einen zugkräftigen Fahrer. Wir steckten ganz schön in den roten Zahlen. “
„ Das weiß ich. Trotzdem kommt der Start für Ralf zu früh. Dieses Rennen ist zu schwer für ihn. Ich habe selbst drei Profi-Jahre gebraucht, bevor ich die WM gewann. “
„ Ach was, wenn er nicht gewinnt, ist es auch nicht tr a gisch. Wichtig ist, daß er überhaupt am WM-Lauf teilnimmt. Diese Reklame ist einfach unbezahlbar. “
„ Das schätze ich so an Ihnen, Bert. Sie denken so überaus human. Immer im Interesse des Konzerns unterwegs, immer darauf bedacht, daß die Umsatzziffern steigen. “
„ Das ist meine Aufgabe. Ihre ist es, Ralf gut zu trainieren. Seien wir doch mal ehrlich, wir haben alles für den Jungen getan, was wir konnten. Wir haben die besten Leute eng a giert: Sie als Trainer; den bekanntesten Konditionstrainer; einen erfolgreichen Sportarzt, einen hervorragenden Ma s seur und ein optimales technisches Team. Er ist bestens vo r bereitet. “
„ Bert, Sie sind ein hoffnungsloser Fall. Profiabfahrten sind nich t m it normalen FIS-Abfahrten zu vergleichen. Das sollte auch Ihnen langsam klar geworden sein. Dieser WM-Lauf ist besonders schwierig, etwas Ähnliches hat es nie zuvor gegeben. Bei den Profis setzt sich nur der brutalste, skrupelloseste und härteste Fahrer durch. Das alles trifft auf Ralf nicht zu. Er hat Skrupel. Er wirft nicht einfach einen Gegner um oder drängt ihn aus der Bahn. Er ist noch nicht die Kampfmaschine, die dieser Sport braucht. Vielleicht ist er nächstes Jahr soweit. “
„ Mit Ihrem Pessimismus gehen Sie mir auf die Nerven, Peter. Genug davon. Unser Star kommt. “
Ralf kam auf sie zu. Sein Gesicht war e rn st. Die Gela s senheit und Ruhe, die er vor der Reportermeute gezeigt ha t te, war wie fortgeblasen. Er sah müde aus.
„ Gut gemacht, Ralf, “ lobte Zinnemann ihn auf seine schleimige Art.
„ Immer die gleichen blöden Fragen “ , sagte Ralf und
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