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Gemma

Gemma

Titel: Gemma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Last
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sie ihre Lippen mit der Zunge, sodass sie rosig glänzten.
Langsam senkte Bryce den Kopf, bis sein Mund leicht die Lippen seiner Frau
berührten.
    Gemma wollte zurückzucken, aber bevor sie es
sich versah, hatte Bryce den Kopf leicht seitwärts geneigt und vertiefte den
Kuss. Gemma stöhnte erschreckt auf, als sie seine Zunge tief in ihrem Mund
spürte, wie sie an ihrer Zunge entlangstrich und auf irgend etwas – was? – zu
warten schien. Nach schier endlosen Sekunden – oder waren es Stunden? – hob
Bryce endlich den Kopf. Der Blick, den er ihr zuwarf, enthielt ein Versprechen
für die kommende Nacht, und Gemma fragte sich plötzlich, worauf sie sich da
eigentlich eingelassen hatte.
    Die
angespannte Atmosphäre der kleinen Hochzeitsfeier unter einem improvisierten
Baldachin im Garten wurde Gemma bald zu viel. Während Ethel ausgesprochen
fröhlich war und dem Champagner über die Maßen zusprach, schlug ihr von Sir
Ranleigh eisiges Schweigen entgegen. Onkel Cedric stand verloren an der Seite
und betrachtete sie mit mitleidigen Blicken. Lord Kenmore grinste zufrieden wie
ein Honigkuchenpferd, und ihr Ehemann beobachtete sie schweigend. Nur der
Priester schien guter Dinge zu sein, erzählte, aß und trank und schien die
bedrückte Stimmung nicht einmal zu bemerken.
    »Bitte entschuldigt mich einen Moment«, bat Gemma und verschwand
im Haus. Für einen Augenblick brauchte sie Ruhe. Nur einen winzigen Augenblick, der ihr allein gehörte und in
dem es ihr möglich war, ihre rasenden Gedanken zu sortieren. Wo würde ihr das
besser gelingen als in der Bibliothek? Bücher waren schon immer ihre Zuflucht
gewesen, und Gemma hoffte, dass sie, umgeben von so viel Weisheit und Wissen,
ihre Gedanken würde ordnen können.
    Lautlos öffnete sie die Tür und schlüpfte durch den Spalt. Tief
sog sie den Geruch nach Papier und Leder ein, der sie einzuhüllen schien. Gab
es etwas Schöneres?
    Langsam schritt Gemma tiefer in den Raum, bis
sie einen der großen hochlehnigen Ledersessel erreichte, die am Fenster zum
Verweilen einluden. Entmutigt ließ sie sich auf das kühle Leder sinken. Was
sollte nun aus ihr werden? Warum nur hatte sie sich der Heirat nicht bis
zuletzt widersetzt? Ihr Blick fiel auf den schmalen Goldreif an ihrem
Ringfinger. Wie war es nur möglich, dass sich das filigrane Schmuckstück an
ihrer Hand wie ein Zentnergewicht anfühlte?
    Versonnen drehte sie den Ring um ihren Finger und betrachtete ihn
eingehend. Sie war überrascht gewesen, dass Bryce Campbell – ihr Ehemann! –
überhaupt einen Ring für sie gehabt hatte. Noch dazu einen so zierlichen, der
auf ihren schlanken Finger passte. Ihre Überraschung war so weit gegangen,
dass sie ihm um ein Haar ihre Hand entzogen hätte. Mit einem traurigen Lächeln
dachte Gemma an den Augenblick zurück, der ihr Leben für immer verändert
hatte. Dieser Ring war das sichtbare Symbol dafür, dass sie nun für alle Zeiten
an Bryce Campbell gekettet war.
    Seufzend schloss Gemma die Augen. Hinter ihrer Stirn schien ein
ganzes Zwergenbergwerk auf Hochtouren zu arbeiten. Gemma presste ihre Hände
gegen ihre Schläfen und begann, sie mit den Fingern zu massieren. Was war es
nur, das irgendetwas hier in Kenmore Manor einen solch störenden Einfluss auf
sie hatte? Noch niemals in ihrem Leben war sie krank gewesen, und auch über
Kopfschmerzen hatte sie noch niemals klagen
können. Aber seit sie in Kenmore angekommen war, fühlte sie sich ständig
abgespannt und müde, und ihr Kopf dröhnte zumeist so sehr, dass sie kaum einen
klaren Gedanken fassen konnte. Was war nur los mit ihr?
    Tief in ihre Gedanken versunken, bemerkte Gemma erst, dass sie
nicht länger allein im Raum war, als ein Schatten über sie fiel. Erschrocken
öffnete sie die Augen.
    Sir Godfroy stand vor ihr, ein mitleidiges Lächeln auf dem
Gesicht.
    Beschämt, dass ausgerechnet er sie an ihrem Hochzeitstag derart
niedergeschlagen ertappte, straffte Gemma die Schultern. In ihren Augen lag
ein kampfbereites Funkeln.
    Godfroy trat einen Schritt zurück, sein mitleidiges Lächeln noch
immer intakt.
    »Ich möchte Euch beileibe nicht stören, Gemma,
aber ich glaube, dass Ihr einen Freund in einer Situation wie dieser gut
gebrauchen könnt«, stellte er leise fest. Warm und beruhigend strich seine
Stimme über sie. »Es tut mir leid, dass es so weit gekommen ist«, fuhr er fort.
»Wie gern hätte ich Eure Heirat mit diesem ... diesem Tier verhindert.«
    Gemma wandte ihren Blick nicht ab und musterte ihn kalt.

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