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Gemma

Gemma

Titel: Gemma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Last
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konnte. Sie traute es dem Koch zu,
ihr den Teller wegzunehmen, aber stattdessen füllte er ihn wortlos nach, als
sie einen hungrigen Blick in Richtung des Topfes warf. Nachdem sie auch die
zweite Portion vertilgt und den Teller mit Brot ausgewischt hatte, ließ sich
Gemma mit einem zufriedenen Seufzer zurücksinken und strich sich über den
Bauch. Sie hätte es niemals für möglich gehalten, was für ein wunderbares Gefühl
es war, sich richtig satt essen zu können. Nie wieder würde
sie einen gefüllten Teller als Selbstverständlichkeit hinnehmen.
    Sie rülpste völlig undamenhaft und hielt sich erschrocken die Hand
vor den Mund. Ein Blick auf den Smutje verriet ihr, dass ihn der Rülpser eher
amüsiert hatte.
    »Wer hätte gedacht, dass ein so schmächtiger kleiner Kerl wie du
so viel futtern kann«, stellte er anerkennend und nicht unfreundlich fest. »Ich
dachte schon, du hörst gar nicht mehr auf zu essen.« Er lachte glucksend. »Wenn
du an Bord bleibst, muss ich größere Portionen kochen.«
    Zögernd lächelte Gemma ihn an, bevor sie an Brads Warnung dachte
und den Kopf senkte. All die Wochen in London hatte sie damit keine Probleme
gehabt, denn es hatte für sie keinen Grund gegeben zu lächeln. Aber sie stellte
fest, dass es verdammt schwierig werden würde, nicht zu lächeln, wenn sie mit
jemandem zusammen war, den sie mochte.
    Jessup zog den Kopf ein, um durch die niedrige Tür in die Kajüte des
Capt'ns zu treten. Bryce Campbell sah kurz auf, um zu sehen, wer es war, bevor
er sich wieder den Zahlenkolonnen in den Büchern widmete.
    »Was gibt's, Jessup?«
    »Nichts Wildes, Capt'n. Es ist nur, dass ich gern einen weiteren
Mann anheuern würde.«
    »Sagtest du nicht, die Mannschaft wäre vollzählig?«, fragte Bryce
geistesabwesend und trug ein weiteres Ergebnis ein.
    »Tja, eigentlich ist sie das ja auch, aber weißt du, dieser Junge
scheint niemanden zu haben ...«
    »Junge? Willst du mir sagen, du hast schon
wieder einen Streuner aufgelesen, Jess?«, fragte Bryce ungläubig und sah auf.
Er stellte den Federkiel ins Tintenfass. Das konnte länger dauern.
    »Nun ja, ich denke, so könnte man es nennen.« Jessup räusperte
sich. »Du weißt doch selbst, wie lange der Koch sich schon beschwert, dass er
keine Hilfe in der Kombüse hat. Und ich dachte mir, ein Paar zusätzliche Hände
könnte nicht schaden.«
    Bryce sah ihn finster an. »Du findest immer
einen Grund, um eine weitere Gossenratte durchzufüttern, nicht wahr, Jessup?«
    »Entschuldigt, Sir, aber Jem ist keine Gossenratte. Was ich bisher
gehört habe, lässt darauf schließen, dass er ein cleverer kleiner Kerl ist,
wenn auch ein wenig mickrig für sein Alter. Er hat kein Zuhause und möchte nach
Amerika ...«
    Bryce warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Ist schon gut, ist
schon gut, ich geb' auf. Wenn du mich >Sir< nennst, kann ich davon ausgehen, dass es dir ernst ist. Also mustere ihn
an, aber versichere dich, dass er die Regeln versteht und keinen Blödsinn
macht, verstanden?«
    »Ja, Sir!« Jessup salutierte grinsend und wandte sich ab, als ihm
noch etwas einfiel.
    »Das hier hat er übrigens zurückgebracht.« Er warf die prall
gefüllte Börse auf den Schreibtisch. Überrascht sah Bryce auf. »Hat anscheinend
darum gekämpft und sich dabei ein prächtiges Veilchen eingehandelt.« Damit
verließ Jessup die Kajüte, um dem Jungen die gute Nachricht mitzuteilen. Obwohl
er ihn gerade erst kennen gelernt hatte, mochte er den kleinen Kerl.
    Als
Jessup die Kombüse betrat, war Jem eifrig damit beschäftigt, einen
Metallkessel, der mindestens so groß war wie er selber, auszuschrubben.
Anscheinend wollte er allen zeigen, dass er eine große Hilfe sein konnte.
    Gemma hörte jemanden hereinkommen und sah
auf. Jessup stand in der Tür, und sie lächelte ihn an, bevor sie daran dachte.
So schnell es gekommen war, verschwand das Lächeln.
    Jessup war überrascht, mehr von dem Lächeln als von seinem
plötzlichen Verschwinden. Der Junge hatte das Gesicht eines Engels. Er sollte
im Kirchenchor singen, statt hier Kessel zu schrubben, aber danach fragte das
Leben leider nicht. Chancen waren viel zu oft ungleich verteilt, das hatte
Jessup leider immer wieder erfahren.
    »Der Capt'n sagt, du kannst bleiben«, teilte Jess dem Jungen mit.
    Bei seinen Worten musste Gemma sich einen Jubelschrei verkneifen.
    »Du bekommst einen Shilling die Woche, und einen Bonus am Ende
der Reise. Der richtet sich danach, wie gut wir unsere Waren im Hafen

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