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Gemuender Blut

Gemuender Blut

Titel: Gemuender Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Pistor
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ihrem Mann auf Verwandtenbesuch in Holland. Wie jeden Montag.«
    »Welch umwerfende Neuigkeit!« Hohn troff aus seinen Worten. »Da wären die blöden Landeier samt ihrem trotteligen Kommissar aus Bonn ja nie drauf gekommen, als Erstes die Exfrau mit den nicht eingelösten Unterhaltsansprüchen, dem jahrelangen Sorgerechtsstreit und dem Rattenschwanz an Klagen zu überprüfen?« Er hieb mit der flachen Hand auf das Dach meines Käfers. »Wie gut, dass Ina Weinz aus Köln kommt und uns auf die Sprünge hilft.«
    »Ich …«
    »Meine liebe Frau Weinz«, zischte er, und an dem Beben seiner Nasenflügel konnte ich erkennen, dass das »liebe« glatt gelogen war, »wenn Sie glauben, Sie kämen ungeschoren aus dieser Sache heraus, dann irren Sie sich gewaltig. Da hilft auch meine Bekanntschaft zu Ihrem Vater nichts.«
    »Steffen Ettelscheid ist in meinen Augen nicht der Mörder Peter Prutschiks!«, unterbrach ich ihn, erstaunt über die Entschiedenheit, mit der ich ihm entgegentrat. »Ich denke, Sie sind auf der falschen Fährte, Herr Sauerbier.«
    »Und wie kommen Sie zu dieser Erkenntnis, Frau Kollegin?« Er unterstrich das letzte Wort mit einer wedelnden Handbewegung.
    »Mein Gefühl sagt mir, dass es zu einfach wäre!«
    »Ihr Gefühl?« Sauerbier lachte hart auf. »Ihr Gefühl, Frau Weinz?« Er lehnte sich an die Seite meines Wagens und verschränkte die Arme. »Ihr Gefühl hat Sie in letzter Zeit öfters mal getäuscht, oder hat mich Ihr Vorgesetzter falsch informiert?«
    »Das gehört hier nicht hin, Herr Sauerbier.«
    »Nein, da haben Sie recht, Frau Weinz. Ihr Gefühl gehört wirklich nicht hierhin. Im Gegensatz zu den Indizien, die uns in diesem Fall vorliegen. Und die sprechen nun mal gegen Steffen Ettelscheid. Er hatte einen Streit, er hat Prutschik geschlagen, er ist hinausgegangen und später wiedergekommen.«
    »Und an seiner Jacke fehlte die Knopfleiste«, murmelte ich mehr für mich als für Sauerbier.
    »Woher wissen Sie von der Knopfleiste?«
    »Weil ich gesehen habe, wie Prutschik sie abgerissen hat.« Ich sah ihm in die Augen. »Prutschik hat Steffen provoziert, das kann ich bezeugen. Ich war dabei. Er hat getobt wie ein Rumpelstilzchen. Und ja, Steffen hat ihn niedergeschlagen.«
    Ich spürte das kalte Metall des Schlüsselbundes zwischen meinen Fingern. »Aber er hat ihn nicht umgebracht.«
    »Und was für eine Erklärung haben Sie für die drei Stunden, die Ettelscheid vom Schützenfest verschwunden war? Er hat behauptet, mit einer Frau zusammen gewesen zu sein, will uns aber nicht sagen, wer die Frau war.« Der Kommissar ließ seine linke Hand an der Rundung des Türholms entlanggleiten. »Sie wissen nicht zufällig, wer das gewesen sein könnte?«
    Ich blickte starr geradeaus. Warum hatte Steffen meinen Namen nicht genannt? Schämte er sich für mich? Wollte er mich schützen?
    »Er war diese drei Stunden mit mir zusammen.« Die Worte kratzten in meiner Kehle. Leise, so als müssten sie sich vergewissern, dass ich sie überhaupt aussprechen wollte.
    Sauerbier schwieg und sog geräuschvoll Luft durch seine Nasenlöcher. Dann schloss er die Augen, hob die Hände und strich mit gespreizten Fingern über seine Stirn.
    »Sie stehen auf Mörder, was?« Sein Blick wurde eisig, als er sich vom Wagen abstieß, seinen Kopf zu mir herunterbeugte und schief legte, wie ein Terrier, der gleich in den Nacken des Kaninchens beißt, um es zu Tode zu schütteln. »In unserem Beruf nichts Ungewöhnliches, vor allem, wenn wir sie gefasst haben.« Er nickte. »Sie allerdings halten sie sich als Liebhaber, Frau Weinz. Das ist ungewöhnlich.«
    Er ging zu seinem Wagen und ließ mich stehen. »Und nicht gut für die Karriere, Frau Kollegin«, rief er, während er seine Wagentür öffnete und sich hineinsetzte. »Morgen früh sehe ich Sie auf der Polizeistation, um Ihre Aussage aufzunehmen. Ansonsten halten Sie sich von allem fern, was mit diesem Fall zu tun hat. Wenn nicht …« Er startete den Motor und lehnte sich noch einmal zu mir hinaus. »Wenn nicht, werde ich die Amtsmühlen in Bewegung und Ihrer Laufbahn ein Ende setzen. Und für den Anfang gibt es in Schleiden eine hübsche Einzelzelle.«
    Sie saß an ihrem Schreibtisch und starrte die Wand an. Fünf Jahre schaute sie nun schon auf denselben kleinen Fleck, der sich neben dem Lichtschalter in Form eines Schmetterlings in die Tapete gefressen hatte. Fünf Jahre. Jeden Tag. Immer zur gleichen Zeit. Papa fand es gut, wenn sie immer zur gleichen Zeit ihre Arbeiten

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