Gene sind kein Schicksal
und verbrachten jeden Tag 50 Minuten lang mit entsprechenden Übungen. Die restlichen 15 Testpersonen dagegen hatten noch nie meditiert. Nachdem die Gehirne aller Probanden im Kernspin durchleuchtet waren, ergab sich ein deutlicher Unterschied: Die westlichen Meditierer verfügten über eine auffällig dickere Hirnrinde (Kortex) als die Nichtmeditierer.
Auf diese Weise hat Sara Lazar einen faszinierenden Ausweg aus der Stressfalle aufgezeigt. Wenn man die steigenden Anforderungen und die fehlende Anerkennung im Beruf nicht selber beeinflussen kann, so kann man doch versuchen, die Stressfaktoren durch Meditieren zu bändigen und zu zähmen.
In Deutschland war es Britta Hölzel, die den Befund mit Begeisterung aufnahm. Sie studierte damals Psychologie in Frankfurt und absolvierte gleichzeitig eine Ausbildung zur Yoga-Lehrerin. »Es war, als ob ich in zwei Welten lebte«, erinnert sie sich, »hier die Wissenschaft, da die Meditation.«
In ihrer Doktorarbeit, so entschied sie, wolle sie versuchen, die zwei Kulturen miteinander zu versöhnen. Sie ging an das Bender Institute of Neuroimaging der Universität Gießen, einen der wenigen Orte in Deutschland, wo die Forscher für das unkonventionelle Ansinnen der jungen Psychologin offen waren.
Für eine Studie gewann Hölzel zwanzig Anhänger der buddhistischen Achtsamkeitsmeditation (aus einem Vipassana-Zentrum in Deutschland) und untersuchte deren Gehirne mit dem Kernspintomographen. Zur Kontrolle durchleuchtete sie die Denkorgane von Menschen, die nicht meditierten. Nicht nur, dass sie Lazars Befunde zur Hirnrinde bestätigte. Erstmals untersuchte Britta Hölzel auch den Hippocampus – in dieser Region war eine überdurchschnittlich hohe Dichte an grauer Substanz zu verzeichnen. [75]
Nach dieser Studie ist Britta Hölzel von Gießen in das Labor von Sara Lazar am Massachusetts General Hospital gegangen, eine der renommiertesten Forschungsstätten der Welt. Seitdem gibt sie dort, neben ihrer Forschungsarbeit, ihre Yoga-Kurse. Wenn ihr die Doppelbelastung zu viel wird, weiß sie, was zu tun ist: die Beine zum Schneidersitz verschränken, die Handflächen nach oben drehen, die Augen schließen und den Stress aus dem Gehirn lassen.
Kapitel 8 Glauben macht gesund
Die Patientin werde bald genesen, da ist Doktor Zubieta voller Zuversicht. »Wir verabreichen Ihnen jetzt eine Injektion gegen Ihre Schmerzen«, sagt er mit sanfter Stimme und streicht der aschblonden Frau über die Schläfe.
Ehe die Infusion läuft, bleibt der Neurologe Jon-Kar Zubieta noch etwas an der Bettkante. Er trägt einen blütenweißen Arztkittel, nickt verständnisvoll, strahlt die Patientin mit seinen blauen Augen an.
Die 33 Jahre alte Frau darf sich in guten Händen wissen: Eine Krankenschwester achtet auf den richtigen Sitz der Kanülen und Pflaster an Kopf und Händen. Im Nebenraum überwachen Techniker auf Bildschirmen ihren Herzschlag und andere Körperfunktionen.
Dann ertönt eine Computerstimme und zählt rückwärts: »Zehn, neun, acht …« Als der Countdown beendet ist und die klare Lösung durch einen Schlauch in die rechte Armvene fließt, ist es auf einmal still im Raum. Die Frau hat die Augen geschlossen – werden ihre Schmerzen endlich verschwinden?
Ginge es nach den Regeln der reinen Pharmakologie, bestünde wenig Hoffnung. Um die Patientin herum ist nämlich ein Riesenschwindel im Gange: Nicht etwa ein Schmerzmittel strömt in ihren Körper, sondern eine gewöhnliche Kochsalzlösung.
Die Frau spielt die Hauptrolle in einem Experiment, dessen Hintergrund ihr niemand verraten hat. Es geht um eines der größten Rätsel der Hirnforschung: Warum lindert es die Schmerzen, wenn ein Patient nur glaubt, es werde ihm geholfen? Wieso genesen Kranke, wenn sie nur zum Schein behandelt werden? Wie kann es sein, dass Zuversicht die Steuerung von Genen in den Hirnzellen verändert?
Diesen menschlichen Fähigkeiten sind nur wenige Ärzte so dicht auf der Spur wie Jon-Kar Zubieta von der angesehenen University of Michigan in Ann Arbor. Die aschblonde Frau in seinem mit Hightech-Apparaten ausgestatteten Untersuchungszimmer ist eine Probandin, und sie nimmt teil an einer Studie, die bereits seit drei Jahren läuft. Als sie für einige hundert Dollar in das Experiment einwilligte, sagte man ihr nicht die ganze Wahrheit: Es gehe um die Erprobung eines neuartigen Schmerzmittels, von dem aber noch nicht ganz sicher sei, ob und wie gut es wirke.
Dazu wurden der Frau, die ansonsten
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