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Gene sind kein Schicksal

Gene sind kein Schicksal

Titel: Gene sind kein Schicksal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Blech
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Unsinn.
    Abbildung  7 :
    Einfluss der Umwelt auf Gehirn und Geist
    Das Gegenteil ist der Fall, gerade die sozial benachteiligten Schüler würden von Förderung besonders profitieren. Richard Nisbett von der University of Michigan in Ann Arbor sagt: Die »erwartbar niedrigen IQS für Kinder von Eltern aus der Unterschicht können erheblich verbessert werden, wenn die Umwelt ausreichend kognitive Anreize bietet«. [99]
    Wie mächtig der Einfluss der Umwelt auf die Intelligenz ist, haben die Psychologen Sharon Landesman Ramey und Craig Ramey von der Georgetown University in Washington D.C. dokumentiert. Es ging um Kinder, deren leibliche Eltern gesund waren, aber äußerst arm und schlecht ausgebildet. In einem Projekt etwa kamen die Kinder im Alter von sechs Wochen tagsüber in eine besondere Krippe, in der es für drei Kinder einen Lehrer gab und in der sie besonders gefördert wurden. Nach drei Jahren war der IQ dieser Kinder um etwa 13  Punkte höher als bei Kindern gleichen Alters und gleicher Schicht, die nicht in den Genuss der Förderung kamen. [100] Diese Verbesserungen werden über neurobiologische Vorgänge vermittelt. Die Erfahrungen und Herausforderungen, der Zuspruch der Lehrer und die spielerischen Aufgaben erhöhen die Aktivität bestimmter Gene. In diesem Wechselspiel prägt sich jener Zustand aus, den wir Intelligenz nennen.
    Schlau durch Adoption
    Um den Einfluss der Umwelt auf die Geisteskraft zu erfassen, haben die französischen Psychologen Christiane Capron und Michel Duyme Kinder untersucht, die in Adoptivfamilien Aufnahme gefunden hatten. [101] In den meisten Fällen kommen Kinder aus schwierigen Verhältnissen in besser gestellte Familien aus der Mittel- und Oberschicht. Seltener geht es in die umgekehrte Richtung: Kinder aus begütertem Haus kommen in eine arme Adoptivfamilie – und diese Fälle wollten die Franzosen ebenfalls erforschen. Sie wühlten sich so lange durch staubige Akten, bis sie Unterlagen zu solchen Familien gefunden hatten.
    Dann kontaktierten sie die Familien. Sie ermittelten die Intelligenzquotienten der adoptierten Kinder und fanden zweierlei. Ganz gleich, ob sie zu armen oder reichen Adoptiveltern gekommen waren, Kinder mit reichen leiblichen Eltern schnitten besser bei dem Test ab als die Kinder, die ursprünglich aus der Arbeiterschicht stammten. Entscheidend und bemerkenswert ist der zweite Befund: Die sozialen und ökonomischen Verhältnisse einer Adoptivfamilie haben einen großen Einfluss darauf, wie schlau das aufgenommene Kind später einmal sein wird. Wenn Kinder reicher Eltern von armen Familien aufgenommen wurden, dann hatten sie einen durchschnittlichen IQ von 107 , 5 . Wenn Kinder reicher Eltern dagegen von reichen Familien adoptiert wurden, dann verfügten sie über einen durchschnittlichen IQ von 119 , 6  – das ist ein Unterschied von 12  Punkten. Das bedeutet: Die Umwelt hat einen gewaltigen Einfluss auf die Intelligenz.
    In einer anderen Studie wollten die Psychologen wissen, was passiert, wenn ein Kind aus einer sozial schwachen Familie in eine reiche Adoptivfamilie kommt und die Geschwisterkinder bei den armen leiblichen Eltern bleiben. Bei Intelligenztests erreichten die adoptierten Kinder Werte von 107 und 111 . Ihre Geschwister, die bei den leiblichen Eltern geblieben waren, kamen jeweils auf 95  – wieder macht die Umwelt einen Unterschied in der Größenordnung von mindestens 12  Punkten.
    Damit war die Neugier der französischen Psychologen aber noch nicht gestillt. In einer dritten Studie schließlich wollten sie herausfinden, inwiefern sich die Geisteskraft stark vernachlässigter Kinder verändert, wenn diese erst nach einigen Jahren in eine neue Familie kommen. [102] Aus mehr als 5000 Akten zu Adoptionen suchte Michel Duyme die Unterlagen zu 65  Kindern heraus, die in besonders schlimme Verhältnisse hineingeboren worden waren. Sie waren von ihren leiblichen Eltern derart vernachlässigt und misshandelt worden, dass sie auf Einschreiten der Behörden in Adoptivfamilien kamen. Diese Adoptionen fanden jedoch vergleichsweise spät statt, und zwar, als die Kinder zwischen vier und sechs Jahre alt waren.
    Bevor die Kinder in neue Familien kamen, führten die Mitarbeiter der Jugendämter und Behörden mit ihnen psychologische Tests durch. Der Intelligenzquotient lag jeweils zwischen 60 und 86 . Michel Duyme war bedrückt, als er diese Zahlen in den Unterlagen las. Bei Werten von unter 80 gelten Kinder als lernbehindert – was konnte

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