Generalprobe Zeitballett
gut und hatten es in unserer Zeit ZONTA genannt. Der positronische Gigant war in der gleichnamigen Stadt installiert. Sie glich jetzt nicht nur einer Raumabwehrfestung – sie war auch eine!
Wenn die Hochenergiebatterien von Zonta-City feuerten, war es trotz des Tageslichts deutlich zu sehen. Die Waffenstrahlen, die mit Lichtgeschwindigkeit in den Raum rasten und dort unbekannte Ziele trafen, waren energiereich genug, um die rötlich scheinende Morgensonne an Leuchtkraft weit zu übertreffen.
»Unsagbar grausam«, sagte jemand.
Ich drehte den Kopf. Es war Professor Ambrosius Tanahoyl. »Dort oben sterben Tausende, und wir …«
»Millionen, Professor.«
»Um so schrecklicher ist es. Konnat, sagen Sie jetzt nicht wieder, das dürfte uns nicht berühren, denn die Leute, die jetzt sterben, wären für unsere Begriffe schon vor 187000 Jahren verschieden.«
»So ist es aber. Nur das Anklammern an diese Gewißheit kann psychische Fehlreaktionen verhindern. Das haben wir nicht zu sehen, verstehen Sie!«
»Man muß wohl ein GWA-Schatten sein, um eine Katastrophe solchen Ausmaßes unbeeindruckt miterleben zu können, wie?« fragte er empört.
Ich versuchte, möglichst unbeteiligt nach vorn zu blicken und den »harten« Mann zu heucheln.
»Was wissen Sie von den Empfindungen aktiver GWA-Schatten, Professor? Sicherlich nicht viel.«
»O doch, Ähnliches ist mir bekannt. Man tut seine Pflicht, nicht wahr?« höhnte er, dabei verzweifelt nach oben schauend.
»Quälen Sie mich doch nicht, Ambro«, bat ich leise. »Ich kann es auch nicht ändern. Oder soll ich unsere Aufgabe vergessen, zum nächsten Marsschiff rennen und ins Gefecht fliegen mit der sicheren Gewißheit, dabei getötet zu werden?«
Er fuhr sich mit gespreizten Fingern durch die Haare.
»Entschuldigen Sie. Ich habe mich wie ein Narr benommen. Natürlich können Sie das nicht. Aber Sie sollten nun wirklich die Schleppverbindung lösen.«
Er ging ebenfalls. Anschließend gab ich die entsprechenden Anweisungen.
Einige Minuten später tauchte die HURON endgültig weg. Wir holten die schwere Trosse ein und schossen sie sauber auf. Die Aufgabe des Atom-U-Bootes war beendet.
Nishimura wickelte das Visiphonkabel auf eine Trommel und sah mich unschlüssig an.
»Über Bord damit, Kenji«, forderte ich, schroffer als beabsichtigt. »Das Kabel ist nur eine Gefahrenquelle.«
»Dann müßten Sie aber auch alle anderen GWA-Ausrüstungen ins Wasser werfen, Sir«, gab er zu bedenken.
»Zwischen großen Kabeltrommeln und Mikroausrüstungen besteht ein Unterschied. Bitte, befolgen Sie meine Anweisung. Allison, bringen Sie das Schiff möglichst elegant in den Hafen. Er soll sehr weiträumig sein, aber lassen Sie sich davon nicht täuschen. Ich möchte, wenn möglich, an einem Kai anlegen und nicht auf Reede liegen. Ignorieren Sie entsprechende Signale.«
Um 8 Uhr 21 am 31. März 2011 n. Chr. passierten wir die Hafeneinfahrt. Sie wurde auf beiden Seiten von hohen Felsformationen flankiert, aber diesmal war von einer marsianischen Raumabwehrfestung nichts zu sehen. Lediglich zyklopenhafte Mauerreste, eigentlich nur enorm große Schuttberge, konnten von der Ortung festgestellt werden.
»Verfallene Festungen aus der Frühzeit«, vermutete Hannibal. »Seit dem Erscheinen der Marsianer haben es unsere atlantischen Vorfahren nicht mehr nötig, ihre Hafeneinfahrt zu sichern. Dort dürften früher Wurfmaschinen mit großer Reichweite gestanden haben. Kennt man auf Atlantis bereits das Pulver?«
»Ja, aber man hat nie Kanonen gebaut. Das Pulver wird in Bergwerken für Sprengungen verwendet. Man experimentiert auch schon mit der Dampfmaschine. Generell gesehen,
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