Generalprobe Zeitballett
dreißig Knoten Marschfahrt schleppen! Kurs vorerst voll Süd, damit wir aus den Orkanzonen des Schlundes schnellstens herauskommen. Machen Sie das, Graham.«
Allison starrte mich fassungslos an.
»Schleppen?« wiederholte er. »Hören Sie mal, das ist aber …«
»Na, was soll das schon sein?« fuhr ich ihn an. »Ein selbstverständlicher Vorgang! Haben Sie noch nie einen Dreimaster gesehen, der von einem Atom-U-Boot zum Renner gemacht wird?«
»Nein!«
»Jetzt hat er wieder den gekränkten Blick einer gerupften Nachteule, unser Super-Neptun«, stellte Hannibal fest. »Mann, dressierte Heringe gibt es hier nicht wie seinerzeit bei meinem Einsatz im Chinesischen Meer. Da hatte ich achtzig Knoten drauf. Oder wollen Sie das etwa bezweifeln, eh?«
Framus stampfte aus der Kajüte, die Schultern weit nach vorn gebeugt.
»Schleppen!« hörte ich ihn noch sagen. »Von einem U-Boot schleppen lassen. Auf die Idee kann nur ein Irrer kommen.«
»Von einem getauchten U-Boot!« rief ich ihm nach. »Denken Sie daran! Das geht! Und wenn es so aussieht, als ginge es nicht, dann wird es eben gehend gemacht. Ich möchte wegen der Ortungsgefahr nichts vom Stahlkörper des Bootes sehen. Halten Sie stets drei Mann zum Kappen der Trosse bereit. Wenn wir sie opfern müssen, hat Commander Retue blitzartig und mitsamt der Trosse in der Tiefsee zu verschwinden. Ich will in drei Tagen in Bayronur sein.«
4.
So schnell war die Dreimastbark, wie man die RODKON-WHU infolge ihrer Takelung durchaus bezeichnen konnte, noch nie gelaufen!
Die mächtigen Wasserstaustrahltriebwerke des Jagdboots entwickelten einen Schub, der dem Kommandanten mühelos eine Schleppfahrt von dreißig Knoten erlaubte. Das entsprach unter Berücksichtigung kleiner Schwankungen einer Geschwindigkeit von etwa sechsundfünfzig Kilometer pro Stunde.
Die noch zurückzulegende Strecke hatte in gerader Luftlinie etwa eintausendvierhundert Kilometer betragen. Durch unser Ausweichmanöver nach Süden hatte sich die Distanz auf eintausendneunhundertsechzig Kilometer vergrößert.
Bei einer Schleppgeschwindigkeit von dreißig Knoten pro Stunde wäre die Entfernung in fünfunddreißig Stunden zu bewältigen gewesen, aber wir hatten auf den Maximalwert verzichtet.
Einmal hätte uns die schwere Dünung des heutigen Mittelatlantik das Vorschiff zerschlagen, und zweitens wären wir kurz nach Einbruch der Nacht vor der Hafeneinfahrt von Bayronur angekommen.
Also hatten wir die Fahrt teils gedrosselt, bei besseren Seegang-Bedingungen über den Standardwert erhöht und dadurch einen Zeitwert von fast exakt zweiundvierzig Stunden erreicht.
Noch vor Sonnenaufgang hatten wir die Küste des Erdteils Atlantis geortet und später gesichtet. Trotz vieler Mahnungen hatte ich aber nicht daran gedacht, die Schleppverbindung vorzeitig zu lösen, denn ich war überzeugt, daß die marsianischen Ortungsstationen jetzt nicht mehr auf ein urtümliches Segelschiff ausgerichtet waren.
Fünf Stunden vor dem Insichtkommen der Landmassen war endlich das Ereignis eingetreten, das wir aus der Geschichte kannten. Die auf dem Mond gefundenen Überlieferungen marsianischer Schiffs- und Festungskommandeure hatten unseren Wissenschaftlern Gelegenheit geboten, den denebischen Großangriff auf den Roten Planeten auf die Minute genau zu berechnen.
Wir schrieben nun den 31. März 2011 n. Chr. Vor 187211 Jah ren, 4 Monaten und 7 Tagen war die denebische Schlachtflotte unvermittelt in unserem Sonnensystem erschienen, hatte den marsianischen Abwehrgürtel durchbrochen und den Mars angegriffen.
Die mächtigen Hochenergie-Schutzschirme, die damals über dem Mars
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