Generation P
ich was gehört habe.«
»Aber das Sujet muß doch eine innere Logik haben!«
»Ich brauche keine Logik, ich brauche Kompromat. Und das da war kein Kompromat, sondern Scheiße. Verstanden?«
»Verstanden«, erwiderte Tatarski beschämt.
An dieser Stelle begann Asadowski einzulenken.
»Ich will mal so sagen. Das Ganze hat einen brauchbaren Kern. Daß Aversionen gegen das Fernsehen geweckt werden, ist schon mal ein Plus. Man möchte immer nur hinsehen und hassen, noch mal hinsehen und noch mal hassen. Und Monopoly – das hat was. War das deine Idee?«
»Ja«, sagte Tatarski, der wieder Mut schöpfte.
»Die ist Klasse. Der Terrorist und der Oligarch verscherbeln das Volkseigentum am Spieltisch. Das bringt den Plebs zur Raserei.«
»Ist es nicht doch ein bißchen zu«, hakte Morkowin ein, aber Asadowski schnitt ihm das Wort ab.
»Nein, nein. Hauptsache, die Leute haben Ablenkung und können ihre Emotionen verpuffen lassen. Die Monopoly-Kiste ist gut, die bringt uns für die Nachrichten ein Einschaltquotenplus von mindestens fünf Prozent. Macht pro Minute Prime-Time. . .«
Asadowski zog den Taschenrechner hervor und fing an zu kalkulieren.
». . . einen Gewinn von neuntausend zusätzlich. Hochgerechnet auf eine Stunde – mal siebzehn. Nicht schlecht. Das machen wir. Laß sie also ruhig ihr Monopoly spielen, und dem Regisseur sagst du, er soll bißchen was zwischenschneiden: Schlangen vor der Sparkasse, Bergarbeiterstreik, alte Omis, hungrige Kinder, verwundete Soldaten, alles so was. Aber nimm das mit den Fernsehkommentatoren raus, sonst müssen wir wieder – zig Dementis simulieren. Ach, und wie wär‘s mit einem Fernsehbohrturm als Chip für ihr Monopoly? Beresowski soll sagen, daß er solche Türme jetzt überall errichten will. Unten pumpen sie Öl und oben Werbung. Fernsehturm mit Bohrsonde, läßt sich doch prima montieren. Wie findest du das?«
»Genial«, gab Tatarski artig kund.
»Und du?« wurde Morkowin gefragt.
»Hundert Pro.«
»Na, seht ihr. Ich könnte den Laden hier locker alleine schmeißen. Also, folgendes verschreibt der liebe Doktor: Du, Morkowin, gibst Kollegen Tatarski noch jemanden zur Verstärkung, am besten den Neuen, den mit dem Freßtick. Den Radujew können wir ungefähr so lassen, aber setzt ihm ein Fes auf, dieses ewige Barett hängt einem zum Hals raus. Dann hätten wir gleich die Türkei-Frage mit angeschnitten. Und was ich schon lange fragen wollte, wieso hat der immerzu eine Sonnenbrille auf? Das ist doch billig! Seid ihr zu faul, die Augen zu rendern, oder was?«
»Dauert zu lange«, sagte Morkowin. »Radujew haben wir ständig in den Nachrichten, und mit Sonnenbrille sind wir zwanzig Prozent schneller. Da fällt ein Großteil der Mimik weg.«
Asadowskis Gesicht verdüsterte sich.
»Die Frequenzfrage kriegen wir hoffentlich bald geklärt. Und gebt Beresowski ruhig ein bißchen mehr Pfeffer, hörst du?«
»In Ordnung.«
»Fangt gleich damit an. Das Material ist eilig.«
»Gebongt«, sagte Morkowin. »Wenn wir hier fertig sind, gehen wir gleich zu mir rüber.«
»Was kommt als nächstes?«
»Fernseher-Werbung. Die neue Tour.«
Tatarski hatte sich schon aus dem Sessel erhoben, um hinauszugehen, doch ein Wink Morkowins hielt ihn zurück.
»Na los«, sagte Asadowski und machte eine lässige Geste. »Zwanzig Minuten hab ich noch.«
Das Licht ging wieder aus. Eine süße kleine Japanerin im Kimono lächelte von der Leinwand. Sie tat eine artige Verbeugung und sprach mit deutlichem Akzent:
»Ich freue mich, Ihnen nun Herrn Yohohori-san vorstellen zu dürfen. Herr Yohohori-san ist der älteste Mitarbeiter der Firma Panasonic und hat deshalb heute die Ehre, die Präsentation unseres neuen Produkts vorzunehmen.«
Das Mädchen trat zur Seite. Ein kreisrunder Saal mit weißen Wänden rückte ins Bild. In seiner Mitte stand eine lange, schmiedeeiserne Truhe, auf der zwölf Gestalten in weißen Leichengewändern hockten und sich nicht rührten. Ein grauhaariger Japaner von markiger Gestalt nahm, eine geöffnete Rumflasche in der Hand, breitbeinig vor ihnen Aufstellung. Er trug einen Sakko, darüber jedoch seltsamerweise einen Gürtel mit großem Schwert. Nach einem Schluck aus der Flasche schnipste er mit dem Finger, worauf die weißen Gestalten von der Truhe sprangen und nach allen Seiten davonliefen. Die Truhe ging auf. Aus ihren Tiefen hob sich ein schwarzer Fernseher von amöbischem Design – da der Truhendeckel mit purpurrotem Samt ausgeschlagen war, mußte
Weitere Kostenlose Bücher