Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Generation P

Generation P

Titel: Generation P Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Viktor Pelewin
Vom Netzwerk:
doch mal die Dinge so zu sehen: Ich bin ein Werkzeug in Allahs Hand, und was Allah tut und wie er es tut, ist unerforschlich. Und wenn Allah es nicht gewollt hätte, stünden nie und nimmer sämtliche Fernsehtürme und Fernsehkommentatoren auf meinen drei Feldern. Ist es so?«
    »Es ist so.«
    »Dann dürften keine Fragen mehr offen sein.«
    Radujew hielt Beresowski den Lauf der Waffe an die Stirn.
    »O doch!« sagte er. »Es geht noch weiter. Ich werd dir sagen, wie bei uns im Dorf die alten Leute reden. Nach Allahs Wunsch und Willen, sagen sie, muß diese Welt sein wie eine Himbeere, die einem auf der Zunge zergeht. Und habgierige Leute wie du sind daran schuld, daß die Welt sich in Pisse verwandelt hat, Pisse, die mit der Haut in Berührung kommt. Vielleicht war es Allahs Wille auch, daß Leute wie du auf die Welt gekommen sind. Doch Allah ist gnädig, und darum ist sein Wille ebenso, daß man Leute, derentwegen das Leben keine Himbeere ist, wieder aus der Welt schafft. Und wer mit dir nur fünf Minuten geredet hat, für den hört das Leben auf, eine Himbeere zu sein, dem frißt sich die Pisse tief ins Hirn, verstehst du das? Für so was, mein Lieber, werden in Europa satte Wiedergutmachungen verlangt.«
    Beresowski seufzte tief.
    »Ich sehe, du bist auf unser Gespräch gut vorbereitet. Na schön. Um was für Wiedergutmachungen geht es?«
    »Ich weiß nicht, welche Wiedergutmachungen es geben könnte. Irgend etwas Gottgefälliges.«
    »Zum Beispiel?«
    »Ich weiß nicht«, zierte sich Radujew. »Eine Moschee bauen vielleicht. Es müßte allerdings eine sehr große Moschee sein, groß genug, um in ihr Abbitte leisten zu können für meine Verfehlung, mich mit einem Mann an einen Tisch gesetzt zu haben, der Urin auf die Haut seiner Herrlichkeit spritzt.«
    »Verstehe«, sagte Beresowski und ließ die Arme ein wenig sinken. »An welche Größe hattest du gedacht?«
    »Ich denke, fürs erste würden zehn Millionen reichen.«
    »Ist das nicht ein bißchen viel?«
    »Das weiß ich nicht, ob das viel oder wenig ist«, erwiderte Radujew in gesetztem Ton. »Die Kategorien › viel ‹ oder › wenig ‹ erschließen sich uns nur im Vergleich. Aber vielleicht hast du auf dem Weg in mein Hauptquartier die Herde Ziegen gesehen?«
    »Ja. Was hat die damit zu schaffen?«
    »Solange die zwanzig Millionen nicht auf meinem Konto bei der Islam-Bank sind, wirst du siebzehnmal pro Stunde in ein Faß mit Ziegenpisse getaucht, sie wird mit deiner Haut in Berührung kommen und Reizungen hervorrufen, und dabei kannst du überlegen, ob das viel oder wenig ist, siebzehnmal in einer Stunde.«
    »He-he-he«, sagte Beresowski und ließ die Arme sinken, »was soll das? Eben waren es noch zehn Millionen!«
    »Du hast die Schuppen auf dem Kopf vergessen.«
    »Hör mal, mein lieber Salman, so kommen wir nicht ins Geschäft.«
    »Willst du noch zehn drauflegen für den Schweißgeruch?« fragte Radujew und fuchtelte mit der Maschinenpistole. »Willst du?«
    »Nein, Salman«, sagte Beresowski, und es klang müde. »Für den Schweißgeruch will ich nicht noch drauflegen. Aber sag mal, wer filmt uns da eigentlich die ganze Zeit?«
    »Was, wieso?«
    »Na dort, die Aktentasche auf dem Fensterbrett«, Beresowski zeigte mit dem Finger in die Kamera, »was kann da sonst drin sein?«
    »Ach, du Ausgeburt des Satans!« murmelte Radujew und hob die Maschinenpistole.
    Weiße Zickzackstreifen liefen über das Bild, dann war alles nur noch ein graues Geflimmer, und im Saal ging das Licht an.
    Asadowski grunzte und wechselte mit Morkowin einen Blick.
    »Und?« fragte Tatarski schüchtern.
    Asadowski zog die Mundwinkel nach unten.
    »Kannst du mir mal sagen, was das soll? Ich dachte, du arbeitest in der Kompromat-Abteilung. Hat dir schon mal einer erklärt, was Kompromat bedeutet?«
    »Kompromittierendes Material«, antwortete Tatarski brav wie ein Schuljunge.
    »Ach ja? Man möchte meinen, du machst für Beresowski die PR. Dein Auftrag war, eine Unterredung zwischen Radujew und Beresowski zu stricken, bei der Beresowski den tschetschenischen Terroristen zwanzig Millionen Dollar übergibt. Und was machst du? Soll das eine Übergabe sein? Eine Moschee wird gebaut, na prima! Da können wir von Glück reden, daß es nicht die Erlöser-Kirche ist. Wüßte ich nicht genau, daß Beresowski unser Produkt ist, müßte ich annehmen, du würdest von ihm bezahlt. Und Radujew? Der ist überhaupt der reinste Theologieprofessor! Liest Zeitschriften, von denen noch nicht mal

Weitere Kostenlose Bücher