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Genesis Secret

Genesis Secret

Titel: Genesis Secret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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schwindelerregenden Tanz um die heiligen Flammen. Rob machte mit seiner Handykamera unauffällig ein paar Fotos und notierte sich Verschiedenes. Als er wieder von seinem Block aufschaute, sah er mehrere alte Männer, die sich, von den Zuschauern so gut wie unbemerkt, einer nach dem anderen in ein niedriges Gebäude auf der rückwärtigen Seite des Platzes begaben. Ihrem Verhalten haftete etwas Verstohlenes und Heimlichtuerisches an, aber auch eine Aura von Bedeutsamkeit. Während sonst keines der Gebäude bewacht war, hatte sich an der Tür des niedrigen Baus ein Wächter postiert. Warum war das so? Außerdem unterschied sich die Tür - wie ihm zuvor schon aufgefallen war - insofern von den anderen, als sich direkt neben ihr eine Reliefdarstellung einer seltsamen schwarzen Schlange befand. Ein längliches Schlangensymbol.
    Rob spürte ein Prickeln im Nacken. Jetzt wurde es richtig interessant. Was ging in diesem Bau vor sich? Er musste sich unbedingt Zutritt verschaffen. Aber würden das die Menschen hier zulassen? Er schaute sich um. Karwan lag dösend im Gras. Sein Onkel, der Fahrer, war nirgendwo zu sehen. Wahrscheinlich schlief er im Auto. Es war eine anstrengende Fahrt gewesen.
    Das war Robs Chance. Jetzt oder nie. Er lief den Berghang hinunter und überquerte zielstrebig den Platz. Einer der singenden Jungen hatte seine weiße Kopfbedeckung neben das Wasserbecken unter der Quelle gelegt. Rob sah nach links und nach rechts, schnappte sich das Stück Stoff und setzte es auf. Er schaute sich wieder um. Niemand beachtete ihn. Er schlich auf das niedrige Gebäude zu, wo der Wächter gerade dabei war, die Tür zu schließen. Das war seine einzige und letzte Chance. Er verdeckte sein Gesicht mit dem weißen Stoff und huschte durch die Tür in den Tempel.
    Der Wächter gähnte und sah Rob an. Zunächst schien er zu stutzen. Doch dann schloss er achselzuckend die Tür. Geschafft! Rob war im Innern des Tempels.
    Es war sehr dunkel. Der beißende Qualm der Öllampen verpestete die Luft. Die jesidischen Älteren hatten sich in mehreren Reihen aufgestellt; betend, murmelnd, leise singend. Andere knieten und verbeugten sich unablässig: so tief, dass sie mit der Stirn den Boden berührten. Ein Lichtschein erhellte das hintere Ende des Tempels. Rob spähte mit zusammengekniffenen Augen durch den beißenden Rauch. Eine Tür ging auf, und ein Mädchen in einem weißen Gewand brachte einen mit einem groben Tuch zugedeckten Gegenstand herein. Der Gesang wurde lauter. Das Mädchen stellte den Gegenstand auf eine Art Altar, über dem sich ein schimmerndes Bildnis des Pfauenengels befand, der auf sie alle herabblickte, gelassen und überlegen, verächtlich und grausam.
    Vorsichtig, um niemanden auf sich aufmerksam zu machen, machte Rob ein paar Schritte nach vorn; er wollte unbedingt sehen, was unter dem Tuch war. Unmerklich schob er sich immer weiter. Der beschwörende Gesang wurde lauter, aber auch düsterer. Tiefer im Ton. Ein hypnotisches Mantra. Der Lampenqualm war so dicht, dass Robs juckende Augen zu tränen begannen. Er rieb sich das Gesicht und spähte angestrengt nach vorn.
    Plötzlich riss das Mädchen das Tuch weg, und der Gesang verstummte.
    Auf dem Altar lag ein Schädel. Ein Schädel, wie ihn Rob noch nie gesehen hatte. Einerseits war er menschlich, andererseits aber auch nicht. Er hatte schrägstehende, gekrümmte Augenhöhlen. Hohe Wangenknochen. Er sah aus wie der Schädel eines monströsen Vogels oder einer bizarren Schlange. Und doch war er menschlich.
    Plötzlich spürte Rob den kalten Stahl einer Messerklinge an seinem Hals.

34
     
    Alle drängten sich schreiend um ihn. Das Messer drückte sich schmerzhaft gegen seine Kehle, seine Luftröhre. Jemand zog ihm eine Kapuze über den Kopf. Rob blinzelte in der plötzlichen Dunkelheit.
    Türen schlugen zu und gingen auf, und er spürte, dass er in einen anderen Raum geschoben wurde. Er merkte es an der veränderten Akustik, am schwächeren Hall. Jetzt befand er sich eindeutig in einem kleineren Raum. Doch die Stimmen waren immer noch laut und aufgebracht, und sie schrien wild durcheinander. Bedrohlich, fast überschnappend.
    Rob bekam einen Tritt in die Kniekehle und ging in die Knie. Bilder von Entführungsopfern in Internetvideos schossen ihm durch den Kopf. Orangefarbene Overalls. Allahu akhbar. Das Geräusch eines durch eine Luftröhre schlitzenden Messers, das schaumig hervorquellende Blut. Allahu akhbar.
    Nein. Rob setzte sich zur Wehr. Er wand sich mit aller

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