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Genesis Secret

Genesis Secret

Titel: Genesis Secret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Knox
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Kraft, aber überall an seinem Körper waren Hände, die ihn festhielten. Die Kapuze aus altem Sackleinen roch nach schlechtem Atem.
    Irgendwo ging eine zweite Tür auf. Die Stimmen wurden lauter, und Rob hörte eine Frau eine Frage rufen und mehrere Männer schreiend etwas erwidern. Es herrschte ein fürchterliches Durcheinander. Rob versuchte, langsam zu atmen, um sich zu beruhigen. Er wurde umgestoßen. Jetzt lag er seitlich auf dem Boden. Durch das Sackleinen konnte er ganz schwach jesidische Gewänder erkennen. Gewänder und Sandalen und Männer.
    Sie banden ihm die Hände auf den Rücken. Grober Zwirn schnitt schmerzhaft in seine Haut. Dann begann ein Mann finster auf ihn einzureden - war es Arabisch? Kannte er diese Wörter? Er versuchte, seine Haltung zu verändern, und spähte angestrengt durch den groben Stoff der Kapuze. Er schluckte. Was hatte da gerade aufgeblitzt? War das wieder dieses Messer? Das große Messer, das sie ihm an die Kehle gedrückt hatten?
    Die Angst fuhr ihm in die Knochen. Er dachte an seine Tochter. An ihr bezauberndes Lachen. Ihr blondes Haar an einem sonnigen Tag: leuchtend wie der Sonnenschein selbst. Ihre blauen Augen, wie sie zu ihm aufschaute. Papa. Tiere. Papa. Und jetzt würde er wahrscheinlich sterben. Er würde sie nie wiedersehen. Er würde ihr Leben zerstören, indem er sie nie mehr sah. Er würde der Vater sein, den sie nie gehabt hatte.
    Überwältigende Trauer wallte in ihm hoch. Fast weinte er. Unter dem Sackleinen war es heiß, und sein Herz klopfte. Er musste sich zusammenreißen, durfte nicht die Nerven verlieren. Er war noch nicht tot. Sie hatten nichts weiter getan, als ihn zu überwältigen. Und ihm Angst einzujagen.
    Doch kaum begann wieder Hoffnung in ihm aufzukeimen, musste er an Franz Breitner denken. Ihn hatten sie umgebracht; da hatten die Arbeiter in Göbekli Tepe kein Pardon gekannt. Sie hatten ihn auf diese Stange gestoßen, ihn aufgespießt wie einen Frosch im Labor. Einfach so. Er musste an den Blutschwall aus der Wunde in Franz’ Brust denken. An das Blut, das in den gelben Staub von Göbekli gespritzt war. Und dann musste er an die zitternde Ziege denken, die in den Straßen von Sanliurfa geschlachtet worden war.
    Rob begann aus vollem Hals zu brüllen. Seine einzige Hoffnung war Karwan. Sein Freund. Sein jesidischer Freund. Vielleicht hörte er ihn. Seine Schreie hallten von den Wänden des Raums wider. Erneut schrien die kurdischen Stimmen auf ihn ein. Er wurde geschubst und getreten. Eine Hand packte ihn am Hals, erdrosselte ihn fast; eine andere legte sich um seinen Arm. Doch Rob trat wütend um sich: Die Angst war der Wut gewichen. Er biss in die Kapuze. Wenn sie ihn umbringen wollten, würde er sich wehren; er würde alles versuchen, er würde es ihnen schwer machen …
    Plötzlich wurde ihm die Kapuze vom Kopf gerissen. Blinzelnd schnappte Rob nach Luft. Ein Gesicht blickte auf ihn herab. Karwan.
    Doch es war nicht der Karwan, den er kannte: der rundgesichtige, freundliche Bursche. Das war ein finster dreinblickender Karwan; wütend, aber beherrscht und gebieterisch.
    Karwan schnauzte die Männer um ihn herum an und erteilte ihnen auf Kurdisch Befehle. Und die Männer in ihren traditionellen Gewändern, alle deutlich älter als er, gehorchten ihm widerspruchslos: Sie katzbuckelten geradezu vor ihm. Einer von ihnen wischte mit einem feuchten Tuch über Robs Gesicht. Der feuchtmodrige Geruch war ekelhaft. Aber die Kühle war auch erfrischend. Ein anderer Mann half Rob, sich aufzusetzen; sie lehnten ihn gegen die Wand.
    Karwan erteilte einen weiteren Befehl. Anscheinend forderte er die Männer in den langen Gewändern auf, zu gehen: sie verließen gehorsam den Raum. Einer nach dem anderen verschwanden sie, und hinter dem letzten fiel die Tür zu. Jetzt waren Karwan und Rob allein in dem kleinen Raum. Rob schaute sich um. Es war eine schäbige Kammer mit nackten gekalkten Wänden und zwei hohen Fensterschlitzen, die nur wenig Licht hereinließen. Möglicherweise eine Art Abstellkammer; ein Nebenraum des Tempels.
    Die Schnüre gruben sich noch immer schmerzhaft in seine Handgelenke. Um die Blutzirkulation anzuregen, rieb er, so gut es ging, die Handgelenke aneinander. Dann sah er Karwan an. Der junge Jeside hockte auf einem reichbestickten verblichenen Teppich. Er erwiderte Robs Blick und seufzte. »Ich wollte Ihnen helfen, Mr Luttrell. Wir dachten, Sie geben Ruhe, wenn wir Sie hierherkommen lassen. Aber Sie wollen unbedingt mehr. Immer, immer

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