Genosse Don Camillo
dieser Art hat schon mein Großvater an unsern
Waschbecken montiert. Woher kommst du ?«
»Aus einer Gegend, die die
größte Zahl an Kommunisten hat und daher zivilisiert und fortgeschritten ist.
Übrigens, wenn das dummes Zeug ist, bin ich in bester Gesellschaft, denn
Churchill hat die gleiche Feststellung in seinen ›Erinnerungen‹ gemacht.
Ich könnte nicht behaupten, daß
Churchill ein Freund der Kommunisten ist .«
Rondella hatte jedoch diesmal
äußerst klare Vorstellungen und gab nicht nach:
»Ich pfeife auf Churchill! Ich
sage, daß derartige Übertreibungen der Sache schädlich sind, weil sie das Spiel
der Gegner begünstigen. Wenn die Wahrheit die wichtigste Sache ist, muß man der
Wahrheit Ehre widerfahren lassen .«
Don Camillo nahm seine Brille
mit den dunklen Gläsern ab.
Dann ließ er in die Stille die
folgenschweren Worte fallen:
»Die Wahrheit? Es gibt nur eine
Wahrheit, und zwar jene, die mit dem Nutzen des Arbeitervolkes eins ist.
Genosse, du glaubst mehr deinen Augen als deinem Hirn. Und dein Hirn kann nicht
urteilen, denn allzu starker bürgerlicher Bodensatz verhindert sein richtiges
Funktionieren .«
Rondella verlor seine
Beherrschung:
»Dein Hirn ist voll
Kürbissamen, Genosse. Zudem bist du ein Biest, das mein Gemüt seit dem ersten
Tage, da wir uns gesehen haben, angewidert hat. Wenn wir wieder in Italien
sind, werde ich dir die Schnauze zerschlagen .«
»Ich habe nicht deine Geduld«,
sagte Don Camillo ruhig, stand auf und ging um den Tisch herum, »ich zerschlage
sie dir gleich hier .«
Es dauerte nur Sekunden.
Rondella sprang auf, landete einen Faustschlag, und Don Camillo versetzte ihm
einen Direkten, der ihn wieder zum Sitzen brachte. Er blieb auch sitzen!
Der Funktionär redete auf die
Übersetzerin ein, und die Genossin gab Peppone Bericht. Daraufhin erhob sich
Peppone, und als er Rondella vom Stuhl hochgezogen hatte, brachte er ihn ins
Freie, damit er sich an der Luft erholen konnte.
»Genosse«, erklärte er ihm,
sobald Rondella imstande war, die Verse zu reimen, »der Kommissär hat bemerkt,
daß du nervös bist. Dieses Klima ist dir unzuträglich. In einer Stunde geht das
Flugzeug nach Berlin. Dort ist alles bereit für deine sofortige Rückkehr nach
Italien .«
»Bestimmt gehe ich«, schrie
Rondella. »Und du kannst dir die Freude gar nicht denken, die ich verspüren
werde, wenn ich eure Fratzen nicht mehr sehe .«
»Sei still! Wir sehen uns in
Italien wieder !«
Rondella zog die Brieftasche
heraus, entnahm ihr die Mitgliedskarte der Kommunistischen Partei Italiens und
zerriß sie, indem er wütend schrie:
»Ja, wir werden uns
wiedersehen, doch ich werde auf dem andern Ufer sein !«
Peppone mußte ihm einen Tritt
in den Hintern versetzen, aber er tat es mit tiefem Bedauern.
Lächelnd trat er wieder ein:
»Alles in Ordnung«, erklärte er
Nadia. »Er ist sehr dankbar für die Bemühungen des Genossen Oregow und läßt
sich ihm empfehlen .«
Darauf hob er sein Glas und
schlug ein Prosit vor auf das Wohlergehen der siegreichen Sowjetunion.
Genosse Oregow antwortete mit
einem Trinkspruch auf den Frieden und die baldigste Befreiung der vom
Kapitalismus unterdrückten Arbeiter Italiens.
»Jetzt trinken wir auf Nadias
Wohl«, sagte Scamoggia.
»Genosse«, riet ihm brüderlich
Don Camillo, »man sollte nicht übertreiben .«
Alles endete großartig.
Eine Stunde später, als der
Exgenosse Rondella mit verwirrtem Kopf und dem Hintern in Flammen nach Berlin
flog, traten Peppone und Don Camillo in ihre Kammer.
»Lösch das Licht, Genosse«,
sagte Don Camillo. »Sobald wir entkleidet und im Bett sind, wirst du es wieder
anzünden .«
»Dummheiten !« rief Peppone, indem er die Lampe ausschaltete.
»Dummheiten, wieso? Ein
kommunistischer Senator verdient die Genugtuung nicht, einen Priester in
Unterhosen zu sehen !«
Als es wieder Licht gab, griff
Don Camillo zu seinem Notizbuch und trug eine Bemerkung ein: »Nr. 1: Bekehrung und Rettung des
Genossen Walter Rondella .«
»Einer weniger !« fügte er fröhlich mit lauter Stimme bei.
»Nur ein Priester war zu einem
so niederträchtigen Spiel fähig«, flüsterte Peppone. »Aber einen zweiten
Streich werdet Ihr mir nicht versetzen !«
Don Camillo seufzte.
»Das kann nur er wissen«, sagte
er und zeigte Peppone seinen dicken Füllfederhalter.
Peppone schaute ihn ahnungsvoll
an.
Darauf hob Don Camillo die
Hülse von seiner dicken Feder, schraubte das Deckelchen ab und zog aus der
großen Röhre etwas Langes
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