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Gentlemen, wir leben am Abgrund

Gentlemen, wir leben am Abgrund

Titel: Gentlemen, wir leben am Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Pletzinger
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Bestellung für die Pizza nach dem Spiel auf. Siebenmal Tonno. Fünf Diavolo. Vier Margarita. Keine Sonderwünsche. »Hier stinkt’s«, sagt Miro mit finsterer Stimme, als er aus dem Bad kommt. »Toter Hase. Nein. Toter Fasan!«

    Das Spiel ist so hässlich, wie der Coach es versprochen hat. Gleich zu Beginn verliert Alba dreimal den Ball leichtfertig und liegt 8:2 hinten.Kruni ć nutzt die Situation und springt wie besessen vor der Bande herum, er will das ohnehin schon laute Publikum ins Spiel bringen, die Trommeln, das Gebrüll. Er will ihre Herzen. Oldenburg soll Alba niederschreien.
    Das Oldenburger Maskottchen ist ein zerzauster Vogel, ein Kampfhahn vielleicht. Er hat bessere Zeiten gesehen, die Saison war nicht einfach. Jetzt will der Gerupfte seinerseits rupfen. Aus Berlin ist ein einzelner Fanbus dabei, die gelben Trikots der Berliner Fans werden vom Oldenburger Gelb verschluckt.
    Neben mir und Baldi sitzt Katja von der Beeck in ihrem Rollstuhl, sie hält ein selbstkopiertes Poster in die Luft, Let’s go, ALBA ! Wir wollen das 2:0.
    Coach Katzurin hat ohne Julius Jenkins begonnen, um seine geprellte Rippe zu schonen. Jetzt bringt er ihn und Baynes fährt tatsächlich sofort den Ellenbogen aus. Jenkins weicht aus. Vorne trifft er sofort. Baldisitzt immer direkt am Spielfeldrand, um jede Vibration des Spiels zu spüren, ich sitze seit Monaten neben ihm und weiß, wann er reden will und wann gebrüllt wird. Baldi sieht, wie Baynes zweimal gezielt den Ellenbogen spitzt, als Jenkins unter dem Korb durchschneidet. Jenkins weicht aus, die Schiedsrichter sehen die Aktionen des Australiers nicht oder pfeifen nicht, weil Baynes Jenkins’ Rippe nicht trifft. Baldi fällt vor Entrüstung fast aufs Spielfeld.
    »Prosciutto-Baynes«, hat Femerling ihn genannt, aber Baynes guckt, als sei nichts geschehen.
    Ich frage mich, ob er die konkrete Anweisung »Rippe« bekommen hat oder ob die Attacken seine eigene Idee sind. Baldi brüllt, Kruni ć springt. Aber Bryce hat Geduld, Rochestie steuert das Spiel, und Mac spielt kontrolliert. Alba holt Punkt um Punkt auf und geht in Führung, 10:16, aber Oldenburg kommt direkt mit einem Bogdanovi ć -Dreier zurück, 23:20. Während er zurückläuft, feuert der Serbe sich selbst an, und das Publikum liebt ihn dafür. Sven Schultze pfeifen sie gnadenlos aus. Er antwortet mit einem Dreier, das Publikum hasst ihn aus ganzem Herzen. »Hacker!«, ruft ein betrunkener Junge mit nordischem Akzent hinter uns, seine Stimme taumelt leicht. »Schuuuultzedupenner!«, wütet er, und ein wenig Pappbecherbier schwappt auf den freiwilligen Feuerwehrmann neben Katja von der Beeck.
    Im zweiten Viertel findet Baynes Jenkins zum ersten Mal, glücklicherweise trifft er ihn an der falschen Seite. Oldenburg stellt auf Zonenverteidigung um, aber Alba scheint ruhig zu bleiben, vielleicht zu ruhig. Nach zwei leichten Fastbreaks der Oldenburger nimmt der Coach eine Auszeit. Er wiederholt den Angriffsplan gegen Zonenverteidigung, die Mannschaft geht zurück aufs Feld und fängt sich direkt vier weitere Punkte ein. Oldenburg ist wieder dran. Und weil der Coach im Basketball eingreifen kann, greift Katzurin wieder ein. Auszeit.
    »Da kennt er nix«, sagt Baldi.
    Aus dem Tosen der Halle ragt nur das Wort Focus! heraus, dreifach gebrüllt: Focus! Focus! Focus! Alba bekommt gegen die Zonenverteidigung der Oldenburger keine guten Würfe. Tadija wirft zweimal in letzter Sekunde und in höchster Not von weit draußen, aber er trifft nicht.
    In der Kabine explodiert der Coach, er bellt Fragmente von Sätzenin die verschwitzte Kabinenluft, aber die Spieler wissen, was er meint. »Freunde. Freunde! Wir spielen gegen eine Zone. What are you doing? Wir stehen mit fünf Spielern in der Gegend herum und passen den Ball. Und am Ende wirft Tadija von der Mittellinie? What are you doing? Benutzt euren Kopf! Sie setzen uns unter Druck, das war zu erwarten. Jetzt spielen sie Zone, also bringt den Ball unter den Korb. Stecht in die Verteidigung. Penetriert! Wir haben tausend Möglichkeiten, spielt Horns oder Chest. Bewegt den Ball. Spielt als Mannschaft. Bewegt den Ball! Benutzt euren Kopf! Eins müsst ihr verstehen: Wenn wir hinten so verteidigen und vorne nicht clever sind, verlieren wir. Dann fahren wir nochmal nach Oldenburg!«
    Coach Katzurin sieht sich in der Kabine um, er schweigt, die Spieler nicken, über uns geht die Klospülung. »Let’s go!«, sagt Julius. Huddle. Aspirin. Wasser. Weiter.

    Yassin hat sich den Rat des

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