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Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Titel: Geopfert - [Gus Dury ; 1] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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dem Rückweg beschließe ich, die Sache in die Hand zu nehmen. Ich warte draußen, bis das Licht im Schlafzimmer meiner Mutter ausgeht. Als ich hineingehe, sitzt er immer noch in seinem gewohnten Sessel und sieht sich die Benny Hill Show an. Er lachte sich halb scheckig, als der kleine kahlköpfige Mann sich auf den Kopf schlägt.
    Ich stelle mich vor den Fernseher. Schalte ihn aus.
    »Was denkst du, was du da machst?«, faucht er mich an.
    »Steh auf!«
    Er legt die Stirn in Falten. »Verpiss dich. Zisch ab ins Bett.«
    »Ich sagte: Steh auf!«
    Er starrt mich an, versucht mich aus der Fassung zu bringen, aber ich bin unnachgiebig. Dann sagt er: »Was soll das werden, Jungchen? Willst du mich herausfordern?«
    Das Blut brodelt in meinen Adern, in meinem Mund habe ich plötzlich einen merkwürdigen Geschmack nach Kupfer, als ich sage: »Genau.«
    Er lacht.
    »Herausgefordert von einem Feigling wie dir. Einem Winz-Feigling, den selbst ein Ally Donald ausgestochen hat – dieser magere kleine Strahl Pisse.«
    Mein Mund wird trocken, ich lecke über meine Lippen. »Das funktioniert nicht mehr. Los, steh auf!«
    Er stellt sein Cally Special ab, legt seine Hände auf die Lehnen des Sessels und wuchtet sich hoch. Er steht in seiner ganzen furchterregenden Größe vor mir. Als er seinen wütenden Blick auf mich richtet, rühre ich mich nicht von der Stelle, und er macht einen Schritt nach vor.
    Paaaf.
    Meine Faust erwischt ihn sauber. Er geht zu Boden wie ein Kartenhaus. Er schüttelt den Kopf, tapst mit den Handflächen über den Boden.
    »Hoch«, sage ich.
    Mühsam rappelt er sich auf. Sein übermäßiges Ego lässt nicht zu, dass er zu Boden gestreckt wird. Er holt nach mir aus, der Schlag kommt von weit unten, und ich weiche ihm locker aus. Ich gebe ihm einen Schlag auf den Hinterkopf, und er fliegt durch die Wäsche, die meine Mutter zum Trocknen neben den Kamin gehängt hat.
    Er hämmert mit den Fäusten auf den Boden und wuchtet sich wieder hoch. Er stürmt mit gesenktem Kopf auf mich zu, aber er ist zu langsam. Ich erwische ihn mit einem Tritt, und der Absatz meines Stiefels bringt ihn schlagartig zum Stillstand. Er sinkt auf die Knie, Blut strömt von seinem Kopf.
    Ich gebe ihm einen Augenblick, dann: »Hoch!«
    Er berührt seine Verletzung. »Sieh nur, was du gemacht hast!«
    »Was ich gemacht hab? Das hast du dir selbst zuzuschreiben.«
    »Aber ich bin dein Vater.«
    »Das ist keine Entschuldigung.«
    Er steht auf. Sieht mich an. Ich blicke in seine Augen. Ich bin bereit, ihn erneut zu schlagen, falls er sich nur einen Zentimeter rührt. Aber er steht bewegungslos vor mir.
    Ich gehe an ihm vorbei in mein Zimmer. Packe meinen Kram. Auf meinem Weg hinaus schaut er nicht auf.
    »Wehe, ich höre, dass du gegen irgendwen in dieser Familie jemals wieder auch nur ein böses Wort erhebst«, warne ich ihn.
    Er schaut immer noch nicht auf, als ich die Tür hinter mir zuziehe.

E in weiterer Brief von Debs’ Anwalt. Ich hielt es nicht für wert, ihn aufzumachen. Ich meine, was sollte denn schon Großartiges drinstehen?
     
    Herzlichen Glückwunsch, Ihr letzter Anruf war ein solcher Erfolg, dass Ms Deborah Ross beschlossen hat, das förmliche Scheidungsverfahren mit sofortiger Wirkung einzustellen …
    Das bezweifelte ich. Knüllte den Brief zu einer Kugel und pfefferte ihn in den Müll. Mein Herz fühlte sich an wie verbrüht, aber vielleicht war es an der Zeit weiterzuziehen. Wie sagt man noch schnell? O ja: Wenn schon von vornherein feststeht, dass es nix wird – lass es einfach sein!
    Ich war mit Sicherheit kein guter Fang. Meine Karriere war am Arsch. Ich hatte ein ernstes Alkoholproblem und obendrein auch noch sämtliche Zähne im Oberkiefer verloren. Ich meine, wer würde mich bewerten?
    Debs verdiente Besseres, verdiente einen sauberen Neuanfang. Man musste schon ein grausamer Bastard sein, um sie aufzuhalten. So gern ich mir auch vorstellen wollte, dass sie immer da sein würde, wusste ich doch auch, dass ich es vergeigt hatte. Vielleicht würde ich ihr eines Tages wieder gegenübertreten können, ihr sagen, dass es mir unendlich leid tat, aber dieser Moment war mit Sicherheit noch nicht jetzt. Ich holte mir Unterstützung bei George Burns, der gesagt hatte: »Weißt du, was es bedeutet, wenn du abends zu einer Frau nach Hause kommst, die dir ein bisschen Liebe, ein bisschen Zuneigung, ein bisschen Zärtlichkeit schenkt? Es bedeutet, dass du im falschen Haus bist.«
    Auf dem Leith Walk wartete ich auf den Bus. Ein

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