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Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Geopfert - [Gus Dury ; 1]

Titel: Geopfert - [Gus Dury ; 1] Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hanser Verlag
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meiner Mutter ignoriert hatte, meinen sterbenden Vater zu besuchen.
    Ich schnappte mir den Laptop. »Lass uns die Kiste hier hochfahren.«
    Hod wirkte ziemlich unbeeindruckt und überließ mir diese Aufgabe, während er weitere Stellas und was zu knabbern holte. Eine Tüte Doritos und einen Salsa-Dip.
    »Nett«, sagte ich.
    »Es wird dir schmecken. Obwohl Pringles vielleicht doch die bessere Wahl gewesen wären.«
    »Hod, ich meine nicht die Scheißchips. Sieh dir das an.«
    Die Disk enthielt ein Video, das offenbar mit einer anständigen Kamera aus der Ecke eines Zimmers aufgenommen worden war. Material von Zalinskas’ Clubkamera; aber auch nichts anderes als das Zeug, das normalerweise in Crimewatch gezeigt wird.
    »Sozialversicherungsstil«, kommentierte Hod.
    »Was?«
    Das Bild war scharf, eine Nutte saß rittlings über einem Typ auf einem Doppelbett. Der Szene fehlte nur noch ein bisschen windige Keyboardmusik, und man hätte das Ding als Anreißer verticken können.
    »Was ich gesagt habe … Sozialversicherungsstil.« Hod zeigte auf den Bildschirm und imitierte die wippende Bewegung mit dem Finger.
    »Ich verstehe dich nicht so ganz?«
    »Also, weißt du, Gus, so was nennt man Sozialversicherungsstil, weil das Mädchen in den ganzen Genuss kommt.«
    In einem Punkt hatte er recht. Sie war noch ein Mädchen, nicht älter als fünfzehn, und dabei war ich noch ziemlich großzügig. Das Gesicht des Kerls unter ihr war schwerer auszumachen.
    »Können wir ein Stück vorspulen?«
    »O ja.«
    Hods erster Versuch aktivierte den Rücklauf. »Oh. Momentchen … und ab geht’s.«
    In null Komma nichts sprang das Mädchen herunter und ging, um sich anzuziehen. Dann sahen wir das Gesicht des Kerls klar und deutlich. Mein Herz stolperte.
    »Der kommt mir bekannt vor«, meinte Hod.
    »Das überrascht mich nicht.«
    Hod schaute mich an, die Augen zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen. »Warum nicht?«
    »Er ist jeden zweiten Tag im Fernsehen.«
    Hod umklammerte den Bildschirm, ging dicht ran und rümpfte die Nase. Kurz: Er sah hochkonzentriert aus. »Wer ist das?«
    »Weißt du das nicht?«
    »Nein … ich meine, ja, ich erkenne ihn wieder, aber ich kann das Gesicht nicht zuordnen. Wer ist es?«
    Ich nahm den Laptop, zeigte darauf und konnte kaum glauben, dass ich drauf und dran war, es auszusprechen. »Das ist unser Minister für Einwanderung – der ehrenwerte Alisdair Cardownie.«

I ch öffnete die Türen auf den Balkon. Steckte mir eine Marlboro an. Hod kam mit zwei frischen Stella nach. Keiner von uns sagte ein Wort, wir starrten einfach nur hinaus auf die Stadt, die beleuchtet war wie ein Volksfest. Unter uns legte sich ein Taxifahrer auf die Hupe, und aus dem Wohnblock gegenüber liefen zwei junge Mädchen auf die Straße. Das Klackern der Absätze übertönte ihr Gekicher, als sie versuchten, den Pfützen auszuweichen.
    »Sieh dir die an«, sagte Hod.
    »Nur zwei alberne kleine Mädels.«
    »Aber genau das ist es – so sollten sie auch sein.«
    Ich wusste, was er zu sagen versuchte, ich musste die exakten Worte gar nicht erst hören. Die Mädchen sahen nur wenig älter aus als die, die wir gerade mit Cardownie gesehen hatten. Sie hatten noch ihr ganzes Leben vor sich und jedes Recht, es zu genießen. Irgendwie schienen sie mir auf einmal nur noch halb so nervtötend wie der Rest ihrer Altersgruppe.
    »Und was jetzt, Gus?«
    Das war mal eine Frage. Ich fragte mich das ebenfalls. Ich ging nicht davon aus, dass Billy sich an den gleichen Prinzipien orientiert hatte wie Hod und ich. Ich wusste ja, dass Col kein gutes Haar an seinem Sohn ließ. Billy hatte vorgehabt zu verschwinden; er dachte nicht daran, auszupacken und den ganzen Laden auffliegen zu lassen. Er wollte sein Glück machen, wollte abhauen, vielleicht ein paar neu erworbene Fähigkeiten woanders einbringen und davon profitieren. Mir war schlecht von all dem, was ich gesehen hatte: Nadja, Billy, Zalinskas und sein ganzer Laden. Aber noch viel mehr als alle zusammen machte mich Cardownie krank.
    »Weißt du noch, wie ich meinen Job verloren habe, Hod?«
    »Welchen?«
    »Den letzten. Den einzigen, der jemals auch nur einen Furz wert war.«
    »Der Alk, oder?«
    »Okay, schön, das könnte man sagen. Aber ich meine eher den eigentlichen Zwischenfall, wegen dem ich dann den Tritt gekriegt habe.«
    »O ja. Der Abend, als du in den Nachrichten warst, weil du einem Politiker eine Kopfnuss gegeben hast.«
    »Nicht fest genug.«
    Hod legte die Ellbogen auf das

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