Georgette Heyer
mich –
schwarze Handschuhe! Du hast sicher keine, du mußt sie dir sofort besorgen!
Auch schwarze Bänder, und ich glaube, du solltest ein hochgeschlossenes Kleid
tragen, kein tiefes Dekolleté – und ich werde keine jungen Leute einladen.
Gerade nur einige meiner wichtigsten Freunde! Was hältst du von Sir Matthew
Hallow? Ich bin überzeugt, er wäre begeistert, hier zu dinieren, und du magst
ihn doch, nicht, mein Liebes?»
«Ja, sehr», antwortete Venetia
geistesabwesend.
«Er ist ein höchst vortrefflicher
Mann – ich wußte doch, er würde dir gefallen, und du ihm! Er bewundert dich
außerordentlich – das habe ich doch gleich auf den ersten Blick gesehen!»
«Nun, solange er nicht darauf
verfällt, mir widerliche Komplimente zu machen – was er aber nicht im
geringsten beabsichtigt, glaube ich –, kann er mich bewundern, soviel er mag»,
sagte Venetia geradezu deprimierend.
Mrs. Hendred seufzte, sagte aber
nichts mehr. Sir Matthew Hallow, obwohl nicht ganz der ideale Mann für
Venetia, hatte viel, was für ihn sprach, und Mrs. Hendred war sehr froh
gewesen, als sie sah, wie sich Venetia und er angefreundet hatten. Er war vielleicht
fast zu alt für sie, und es war ein Jammer, daß er ein Witwer war, aber er
schien eine Vorliebe für sie gefaßt zu haben, und obwohl man von ihm allgemein
annahm, er habe sein Herz mit seiner Frau zusammen begraben, bestand kein
Zweifel, daß ihn Venetias Schönheit sehr beeindruckte und er ihre Gesellschaft
angenehm fand.
Er war jedoch nicht der einzige
mögliche Gatte, den Mrs. Hendred für ihre Nichte gefunden hatte, daher war sie
durch Venetias mangelnde Begeisterung nicht übermäßig niedergeschlagen. Sie beschloß,
auch Mr. Armyn zum Dinner einzuladen – er wußte alles über römische Ruinen oder
so irgend etwas und konnte eventuell gerade zu einem Mädchen passen, das drei
geschlagene Stunden im Britischen Museum verbrachte und sich aus den
Bücherborden der Leihbibliothek ein Buch über das Mittelalter aussuchte.
Venetia schien Mr. Armyn gut leiden
zu können – sie sagte, er habe einen wohlgebildeten Geist. Sie mochte auch zwei
andere heiratsfähige Junggesellen gut leiden und stimmte Mrs. Hendred zu, daß
der eine sehr gewandt und der andere äußerst gentlemanlike war. Mrs. Hendred
neigte stark dazu, in Tränen auszubrechen, und hätte es wahrscheinlich auch
getan, hätte sie gewußt, daß es Venetia aufgegeben hatte, Sehenswürdigkeiten zu
besichtigen, und jeden Nachmittag der Suche nach einem Haus widmete.
Sie entdeckte, daß das eine höchst
ermüdende und deprimierende Aufgabe war. Aber sie hatte nun schon einen ganzen
Monat bei ihrer Tante gelebt und hegte nicht nur das Gefühl, daß ein Monat eine
sehr vernünftige Dauer eines Besuches darstellte, sondern sehnte sich immer
stärker danach, ihren eigenen Haushalt einzurichten. Vielleicht würde sie, wenn
sie die ganze Zeit etwas zu tun hatte – wie sie das vorhatte –, nicht so
unglücklich sein. Vielleicht konnte sie ihre Liebe über den unvermeidlichen
Haushaltssorgen vergessen oder sich zumindest an die Trostlosigkeit gewöhnen,
wie sich Aubrey an sein Hinken gewöhnt hatte.
Als sie eines Nachmittags von einem
dieser Ausflüge zurückkam, informierte sie der Lakai, der ihr die Tür öffnete,
daß ein Gentleman sie besuchen gekommen sei und mit Mrs. Hendred im Salon
sitze. Venetia stand wie angewurzelt da und spürte, wie ihr Herz aussetzte.
«Ein Mr. Yardley, Miss», sagte der
Lakai.
17
Edward war aus zwei Gründen nach London
gekommen. Einmal wünschte er einen Arzt zu konsultieren, der ihm von ihrem braven
Huntspill empfohlen worden war – nicht daß er glaubte, es sei irgendein Grund
zu Unruhe vorhanden, aber er konnte nicht leugen, daß er immer noch hustete,
was seine Mutter betrüblich nervös machte. Als daher Huntspill in seiner
empfindlichen Art sagte, falls sie sich einbilde, es sei
mehr los, als er entdecken könne, dann wäre es am besten, sie riefe doch einen
Arzt aus York herbei – hatte sich Edward entschlossen, statt dessen einen
Londoner Arzt zu Rate zu ziehen. «Und ich bilde mir ein, meine liebe Venetia,
ich brauche dir erst nicht zu erzählen, warum ich es vorgezogen habe, das zu
tun, oder was der zweite Grund für meinen Besuch der Metropole war!» sagte er
schalkhaft.
«Es tut mir leid, daß du noch nicht
ganz gesund bist», antwortete sie. «Ist Mrs. Yardley auch in London?»
Nein, er war ohne die Mama gekommen.
Sie hatte zwar große Lust gehabt, ihn zu
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