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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lord Sherry
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doch tatsächlich getan», erklärte Sherry mit einer Aufrichtigkeit, die
der Meinung seiner Freunde nach an Tollkühnheit grenzte. «Sie wollte bloß
nichts von mir wissen.»
    «Sie hat
dir einen Korb gegeben?» rief Wrotham, dessen verstörtes Gesicht plötzlich
strahlte.
    «Das sage
ich doch die ganze Zeit. George, ich bin überzeugt, daß sie ein selteneres Wild
im Auge hat als einen von uns beiden. Paß nur auf, wenn sie es fertig bekommt,
daß er den erforderlichen Mut aufbringt, dann wird sie Severn heiraten.»
    «Sherry!»
donnerte der verstörte Liebhaber, sprang auf und ballte die Fäuste. «Ein Wort
der Herabsetzung gegen die lieblichste, die göttlichste, die vollkommenste
Frau, und ich ziehe dich dafür zur Verantwortung!»
    «Ach was,
du wirst mich nicht zur Verantwortung ziehen», erwiderte der Viscount.
    «Soll ich
dich einen Feigling nennen?» fragte Wrotham.
    «Nein,
nein, tu's nicht, George», bat Ferdy höchst beunruhigt. «Du kannst den armen
Sherry doch nicht einen Feigling nennen, weil er sich mit dir nicht duellieren
will. Sei vernünftig, alter Knabe!»
    «O Gott,
laß ihn reden, was er will», sagte der Viscount reichlich angewidert. «Zum
Teufel, George, wenn ich heute nicht heiratete, dann würde ich dir mit Wonne
etwas Blut abzapfen! Es ist hoch an der Zeit, daß jemand etwas von deinem
hitzigen Blut fließen läßt.»
    «Außerdem»,
sagte Mr. Ringwood streng, «sagte Sherry kein einziges Wort, das du übelnehmen
könntest. Nimm an, sie hätte wirklich die Absicht, Severn zu heiraten. Was
dann? Da ist doch nichts dabei, nicht wahr? Ich glaube, sie hat den Wunsch,
Herzogin zu werden. Das möchte so ziemlich jedes Mädchen.»
    «Ich kann
nicht glauben, daß sie so wenig romantisch denken könnte», sagte Wrotham,
schritt zum Fenster und starrte auf die Straße.
    Seine
Freunde, seit langem an Kummer gewöhnt, stellten erleichtert fest, daß sich
sein Zorn für den Augenblick gelegt hatte, und sie kamen wieder auf das Problem
zurück, dem sich Sherry gegenübersah. Ihre Diskussion erregte sofort die
Aufmerksamkeit Lord Wrothams, er trat vom Fenster zurück und bat den Viscount
ganz freundlich, ihm zu erklären, wie es dazu gekommen war, daß er ein völlig
unbekanntes Mädchen heirate. Sherry gab ihm sehr zuvorkommend ein Resumé seiner
Entführungsgeschichte. Lord Wrotham, endlich überzeugt, daß er alle Ansprüche
auf die Hand der Unvergleichlichen Isabella aufgegeben hatte, schüttelte ihm
herzlich die Hand und brachte ihm seine Glückwünsche dar.
    «Ja, das
ist alles gut und schön», sagte Mr. Ringwood, «aber damit haben wir noch immer
keinen Bischof gefunden, der uns diese Speziallizenz gibt.»
    «Sherry,
ich fürchte, es wird doch eine Fleet-Ehe sein müssen», sagte Mr. Fakenham
traurig.
    «Nein»,
sagte Mr. Ringwood. «Das geht nicht. Wäre nicht rechtskräftig.»
    In diesem
Moment brachte Lord Wrotham seine Freunde zum Verstummen, denn er eröffnete
ihnen, daß er mit einem Bischof bekannt sei. Er suchte diesen schweren Fehler
zu erklären, indem er entschuldigend hinzufügte, daß seine Mutter während der
letzten zehn Jahre mit diesem Burschen dauernd beisammengesteckt habe. Da er
noch immer unter der Einwirkung seiner gewandelten Gefühle stand, die durch die
Erkenntnis hervorgerufen worden waren, daß er den Viscount nicht mehr zu
seinen Rivalen zählen mußte, erbot er sich, Sherry bei dem Kirchenfürsten
einzuführen.
    Der
Viscount nahm dieses Angebot freudigst an und versicherte sich auch der Dienste
von Mr. Ringwood. Als dieser erfuhr, daß seine Aufgabe darin bestand, die
Braut seines Freundes zu den berühmtesten Modistinnen und Schneiderinnen
Londons zu begleiten, um sie daran zu hindern, Toiletten zu kaufen, die für
ihren Rang nicht paßten, starrte er den Viscount verzweifelt an. Alle seine
Proteste verhallten gänzlich wirkungslos. Der Viscount versicherte ihm, daß er
sich mit Miss Wantage ausgezeichnet verstehen werde, und nachdem er ein
Rendezvous mit Lord Wrotham vereinbart hatte, entführte er ihn in seinem
Phaeton erbarmungslos ins Hotel Grillon.

5
    Miss Wantage hatte trotz ihrer leicht
verständlichen Angst, schutzlos an einem so furchteinflößenden Ort wie dem
Hotel Grillon allein zu bleiben, eine ruhige Nacht verbracht, da sie durch die
aufregenden Ereignisse des vergangenen Tages genügend müde war, um in einen so
tiefen Schlaf zu versinken, daß selbst die ungewohnten Straßengeräusche Londons
sie nicht zu wecken vermochten. Der Viscount war

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