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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Serena und das Ungeheuer
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sie auf diesen
Vorteil hin und fügte hinzu, daß sie an Abenden, an denen sie allein war, am
Fenster ihres Salons sitzen und schauen konnte, wer das Theater besuchte, und
sich so wenigstens nicht zu Tod langweilen mußte.
    Emily stimmte Gerards Vorschlag zu,
daß er sich ebenfalls eine Karte verschaffen würde, zeigte sich aber von der
Aussicht, wieder zu einem Entschluß gedrängt zu werden, nicht begeistert. Das
war etwas, woran sie ganz und gar nicht gewöhnt war. Gerard jedoch war beharrlich,
und sie gab nach, denn es dünkte sie nicht sehr wahrscheinlich, daß er
Gelegenheit finden würde, mit ihr allein beisammen zu sein.
    Dann eilte sie in die Trinkhalle
zurück, und Gerard, der bei seiner Reise nach Bath nicht auf einen längeren
Aufenthalt vorbereitet war, ging sich ein Hemd und mehrere zusätzliche
Halstücher besorgen. Es wäre zuviel gesagt, wollte man festellen, daß ihn seine
Angebetete enttäuscht hatte – aber aus der Fassung gebracht hatte sie ihn. Wenn
er sich schon mit einer Entschlußkraft, die er selbst für erstaunlich hielt,
benahm, traf es ihn denn doch ein bißchen schwer, als er entdeckte, daß gerade
der Mensch, für den er seinen glänzenden Plan ersonnen hatte, einen so
zaudernden Geist an den Tag legte. Außerdem hatte er gehofft, Bath mittags
verlassen zu können, und an einem so gefährlichen Ort auf unbestimmte Zeit
müßig warten zu müssen, behagte ihm durchaus nicht. Falls Rotherham Gerards
Absichten argwöhnte, konnte es ihm jeden Augenblick einfallen, nach Bath zu
kommen, nur um sich zu vergewissern, daß Gerard nicht da war; wozu aber würde
das wohl führen?
    Gerade als Gerard aus einem Geschäft
in der Bond Street trat, hatte er das Pech, auf eine der Gefahren, die ihn
bedrängten, zu stoßen. Er hörte sich von einer überraschten Stimme angerufen,
und als er sich umblickte, sah er, daß ihm Lady Serena, in Begleitung eines
großen Mannes von sehr aufrechter Haltung, zuwinkte. Es blieb ihm nichts
anderes übrig, als die Straße zu überqueren, auf sie zuzugehen und seine Lippen
zu einem – wie er hoffte, entzückten – Lächeln zu verziehen.
    «Ja, Gerard, wie kommt denn das?»
sagte Serena und reichte ihm die Hand. «Was bringt denn dich nach Bath?»
    «Ein Freund – ein Schulfreund,
Ma'am!» antwortete er. «Hat mich seit Ewigkeiten eingeladen, ihn zu besuchen!
Er lebt nämlich hier bei seiner Familie. Das heißt,
nicht hier, aber gleich vor der Stadt!»
    «Nein, wirklich! Wirst du lange
hierbleiben?» fragte sie freundlich.
    «Nein, o nein! Ja, ich fahre sogar
schon morgen nach London zurück.» Es fiel ihm ein, sie würde sich wundern, daß
er über hundert Meilen weit gereist war, nur um ein paar Tage bei seinen
Freunden zu sein, und so erschuf er gleich einen zweiten Freund, der in Wiltshire
lebte und bei dem er, wie er sagte, einige Wochen verbracht hatte.
    Serena, die sich nur sehr beiläufig
für seine Erzählung interessierte, stellte ihn Major Kirkby vor. Alle drei
gingen miteinander bis zum Ende der Straße, wo sich Gerard verabschiedete und
sagte, er sei mit seinem Gastgeber in der Westgate Street verabredet. Dann ging
er schnell die Parsonage Lane hinunter, und der Major und Serena, die nach
links abbogen, schlenderten in Richtung der Bridge Street weiter.
    «Und wer ist nun eigentlich dieser
junge Grünschnabel wirklich?»
    Sie lachte. «Rotherhams ältestes
Mündel. Ivo ist der Vormund aller Kinder seines Vetters, und ein sehr
schlechter Vormund noch dazu. Er interessiert sich nicht im geringsten für sie,
und gerade diesen Jungen verachtet er und ist meiner Meinung nach oft sehr
unfreundlich zu ihm. Denn Gerard ist harmlos, selbst wenn es ihm bei seinem Bemühen,
für einen Bond Street-Beau gehalten zu werden, gerade nur gelingt, ein kleiner
Stutzer zu sein. Ich sehe deutlich, daß du ihn dafür hältst!»
    «O nein!» sagte der Major. «Ich habe
zu viele Jungen seines Alters erlebt, die versuchten, den Dandy zu spielen. Die
meisten überwinden das sehr schnell. Er war durchaus nicht erfreut, daß er
dich getroffen hat, nicht?»
    «Glaubst du wirklich?» sagte sie.
«Er ist sehr schüchtern, mußt du wissen. Ich wette, du hast ihn mit deiner
Länge und deiner todernsten Miene eingeschüchtert!»
    «Meine todernste Miene?» wiederholte
er und wurde leicht rot. «Ist sie wirklich todernst?»
    «Sie ist todernst, seit du nach Bath
zurückgekommen bist», sagte sie. «War daheim etwas nicht in Ordnung?»
    «Nicht gerade schlimm –

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