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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lady April
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aber, wenn du dir wieder
einmal einen abscheulichen Streich ausdenkst.»
    «Keinesfalls»,
erklärte Letty empört, «außer Cardross triebe mich so weit, aber da verlasse
ich mich auf dich, du wirst es bestimmt verhindern.»
    «O bitte,
tue es nicht», bat Nell beunruhigt. «Wenn er dieser Heirat nicht zustimmt, dann
geschieht es doch nur, weil er sie für ungeeignet hält. Und wie könnte ich
seine Bedenken überwinden oder ... oder auch nur den Wunsch haben, sie zu
überwinden? Wenn du nur ein wenig Geduld hättest! Sieh mal, wenn sich Cardross
überzeugen würde, daß deine Zuneigung wirklich beständig ist ...»
    «Sollte
dieser Tag kommen, wenn er jemals kommt, kann Jeremy tausend Meilen weit weg
sein», unterbrach sie Letty. «Dann könnte ich nichts tun als weiter geduldig
warten, bis er wieder nach England zurückkehrt – wenn er überhaupt
zurückkehrt.»
    «Selbstverständlich
kehrt er zurück!»
    «Ja, aber
würdest du auch nur um einen Groschen wetten, daß er dann allein ist?»
erwiderte Letty. «Ich nicht. Ich will damit nicht sagen, daß er mich nicht
ebenso liebt wie ich ihn, aber wenn er mich jahrelang nicht sieht, und wenn ihn
vielleicht ein Dutzend oder mehr Mädchen umschwärmen, dann wäre es in der Tat
ein Wunder, wenn er einer Ehe entrinnen könnte und mir nicht von einer anderen
weggeschnappt würde.»
    Nell
vermochte dem nichts zu entgegnen. Ihrer Phantasie gelang es bei bestem Willen
nicht, sich das Bild auszumalen, wie Mr. Allandale von einem Dutzend – oder
auch nur von einem halben Dutzend – Mädchen umschwärmt wurde, doch sie behielt
diese Betrachtung klugerweise für sich und fragte bloß nach einer kurzen Pause:
«Was ist eigentlich an ihm so faszinierend, daß du so sterblich in ihn verliebt
bist, Letty? Ich will damit nicht sagen, daß er nicht sehr liebenswürdig und
höflich ist, aber ... aber ...»
    «Ich weiß
genau, was du meinst», sagte Letty mit unerwarteter Herzlichkeit. «Aber ich
habe selbst nicht die geringste Ahnung. Wäre er so ähnlich wie
– oh, wie dein Bruder –, dann hätte sich bestimmt niemand gewundert – auch ich
nicht. Ich versichere dir, ich war ebenso überrascht wie alle andern. Denn es
ist ja nicht so, als hätte ich vorher nie andere junge Leute kennengelernt. Als
ich noch bei meiner Tante lebte, lernte ich alle Leute kennen, die zu Besuch
kamen, denn sie ist keineswegs spießig, wie du weißt, und versuchte nicht
einmal, Selina und mich ständig ins Schulzimmer einzusperren. Wir kannten alle
Beaux von Maria und Fanny, und ich kann dir versichern, einige waren ungemein
attraktiv! Ich hatte jedoch für keinen von ihnen das geringste tendre – bis
ich Jeremy kennenlernte. Ich weiß nicht, wie es kam: es ist mir selbst ein
Rätsel.» In diesem Augenblick schenkte sie einem eleganten jungen Gentleman in
einem Sportkabriolett, der versucht hatte, ihre Aufmerksamkeit zu erregen, ein
strahlendes Lächeln. «Siehst du, hätte ich zum Beispiel dem da meine Zuneigung
geschenkt, dann hätte Cardross allen Grund gehabt, böse zu sein», bemerkte sie.
«Wirklich, Nell, wenn du in Betracht ziehst, welchen Versuchungen ich ständig
durch die abscheulichen Mitgiftjäger der Stadt ausgesetzt werde, nur weil ich
eine reiche Erbin bin, finde ich es erstaunlich, daß Cardross nicht dafür
dankbar ist, daß sich mein Interesse einem Mann mit Grundsätzen und Charakterstärke
zugewendet hat. Und wenn er annimmt, Jeremy liebe mich meines Geldes wegen,
dann befindet er sich in einem gewaltigen Irrtum!»
    Cardross
verdächtigte Mr. Allandale keineswegs der Mitgiftjägerei, doch als ihm einige
Tage später der angekündigte Besuch gemeldet wurde, empfing er den Bewerber um
die Hand seiner Schwester mit kühler Höflichkeit, die wenig Hoffnung auf eine
nachgiebigere Einstellung ließ.
    Mr.
Allandale war durchaus kein schüchterner Mensch, er ließ sich jedoch nur mit
beträchtlichem Widerstreben auf dem Grosvenor Square anmelden. Er war stolz auf
sein klares Urteil, hatte – wenn er seinen eigenen Wert auch nicht gering
einschätzte – jedoch das richtige Empfinden für alle Einwendungen, welche Cardross
gegen seine Heiratsabsichten erheben konnte, und mußte zugeben, daß sie
wohlbegründet waren. Seine Liebe grenzte nach Ansicht seiner Mutter an
Verblendung; es hatte dennoch aller Überredungskünste Lettys bedurft, ihn dahin
zu bringen, sich bei Cardross offiziell um ihre Hand zu bewerben. Die Ungleichheit,
die fraglos sowohl zwischen ihrem Rang wie ihrem Vermögen

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