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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lady April
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liebenswürdige Höflichkeit. Und der
bittere Ton seiner Worte verursachte Nell heftiges Herzklopfen. Es kam fast
einem Sakrileg gleich, an den Worten der Mama zu zweifeln. War es aber
vielleicht doch möglich, daß sich Mama geirrt hatte? Nell begab sich langsam
nach oben, wo sie von der vor Empörung zitternden Letty überfallen wurde, welche
sich danach sehnte, ihr übervolles Herz auszuschütten. Nell hörte der
leidenschaftlichen jungen Dame mit halbem Ohr zu, sagte in geeigneten Momenten
ja oder nein, erfaßte jedoch wenig von ihrer herzbewegenden Rede, außer der
düsteren Andeutung, daß ihre Schwägerin sich gezwungen sähe, verzweifelte
Maßnahmen zu ergreifen, falls Cardross seinen gegenwärtigen tyrannischen Kurs
fortsetze. Ehe es Letty aufdämmerte, daß sie für den Bericht über das ihr
angetane schreiende Unrecht keine sehr aufmerksame Zuhörerin hatte, wurde ihr
gemeldet, daß die jungen Damen Thorne eingetroffen seien, um ihre Cousine zum
Besuch einer Ausstellung abzuholen.
    Kurz darauf
befand sich Nell allein und hatte Muße, ihre eigenen Probleme reiflich zu
überlegen. Sie gipfelten alsbald in einem einzigen: wie sie die Hoftoilette aus
Chantillyspitzen bezahlen sollte, ohne sich an Cardross wenden zu müssen. Denn
falls Cardross nicht um einer Konvenienzehe willen, sondern aus Liebe um ihre
Hand angehalten hatte, war dies von vitalster Wichtigkeit. Nichts war besser
dazu angetan, seinen Verdacht zu bestärken, als ihm die Rechnung vorzulegen.
Und jeder Versuch, ihm zu versichern, sie hätte sich bei ihrem ersten Zusammentreffen
in ihn rettungslos verliebt, müßte ihm wie die unaufrichtigste und
verächtlichste Schmeichelei erscheinen.
    Sie hatte
für ihre Probleme noch keine Lösung gefunden, als der Butler eintrat, um ihr
zu melden, daß die Barutsche vorgefahren sei und ihre Befehle erwarte. Nell
geriet in starke Versuchung, sie wieder wegzuschicken, und nur der Gedanke,
daß es die Höflichkeit gebot, in der Upper Berkeley Street einen formellen
Besuch zu machen, um sich nach dem
Befinden einer leidenden Bekannten zu erkundigen, hinderte sie daran.
    Sie befahl
dem Kutscher, auf dem Rückweg durch die Bond Street zu fahren, wo sie einige
Kleinigkeiten einkaufen wollte. Und hier gewahrte sie ihren Bruder, der, seinen
Biberhut auf dem goldblonden Haupt flott zur Seite gerückt, auf seinen
wohlgeformten, in auffallende gelbe Pantalons gehüllten Beinen
dahinschlenderte.
    Der
Viscount hatte sich zwar niemals aus seinen eigenen finanziellen
Schwierigkeiten zu befreien vermocht, geschweige denn jemand anderen; doch
seiner liebenden Schwester erschien er jetzt wie ein mächtiger Verbündeter.
Sie befahl dem Kutscher anzuhalten, und als Dysart in Beantwortung ihres
Zeichens die Straße überquerte, lehnte sie sich eifrig vor, und während sie
seine Hand umklammerte, sagte sie dankbar: «Oh, Dy, ich bin so glücklich, dich
getroffen zu haben! Willst du mir einen Gefallen tun und mit mir nach Hause
fahren? Es handelt sich um eine Sache, wegen der ich dich besonders dringend
sprechen möchte.»
    «Falls du
willst, ich solle dich zu irgendeiner dieser abscheulich überfüllten
Gesellschaften begleiten», begann der Viscount argwöhnisch, «will ich
verwünscht sein, wenn ich ...»
    «Nein,
nein, es handelt sich bestimmt nicht darum», unterbrach sie ihn. «Ich ... ich
brauche deinen Rat!»
    «Nun,
dagegen habe ich nichts einzuwenden», sagte Seine Lordschaft großmütig. «Was
ist also los? Bist du in einer Klemme?»
    «Du lieber
Himmel, nein», sagte Nell, die ihres Lakaien gewahr wurde, der vom Kutschbock
herabgesprungen war und nun die Tür der Barutsche offenhielt. «Bitte steig ein,
Dy. Ich werde dir's sofort erzählen.»
    «Also gut»,
sagte er, stieg in die Equipage und machte sich's auf dem Sitz neben ihr
bequem. «Ich habe schließlich nichts andres zu tun.» Er betrachtete sie
kritisch und sagte mit brüderlicher Aufrichtigkeit: «Was ist denn das für ein
lächerlicher Hut?!»
    «Es ist
eine Angoulême-Haube und die allerneueste Mode», erwiderte Nell lebhaft. «Und
was die Lächerlichkeit betrifft, Dy, so habe ich dich noch nie so komisch
gesehen wie in diesen kanariengelben Pantalons.»
    «Teuflisch,
was?» stimmte Seine Lordschaft ihr bei. «Corny riet mir, sie zu kaufen. Sagte,
sie wären der dernier cri.»
    «Nun, ich
würde an deiner Stelle nicht so unbedingt auf ihn hören.»
    «Ach, ich
weiß nicht, Corny ist immer großartig orientiert. Wenn du dich aber in keiner
Klemme befindest,

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