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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lady April
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als
man benötigte, um, anstatt der gewohnten Pechserien, ein paar hohe Treffer zu
machen. An alle Kniffe gewöhnt, die den Gläubigern so geläufig waren,
betrachtete er Madame Lavalles Geschichte, daß es ihr später nicht mehr möglich
sei, das Geld zu kassieren, als glatten Betrug. Seiner Erfahrung nach entfernte
sich kein Gläubiger so weit von seinen Schuldnern, um nicht imstande zu sein,
eine Rechnung einzutreiben. Da er selbst seit Jahren einen gefährlichen
Lebenswandel geführt hatte, wurde er durch ungestüm mahnende Gläubiger nicht
mehr beunruhigt. Er hielt Nell für außergewöhnlich «gänsern». Aber er war ihr
sehr zugetan, und wenn sie vor Angst fast krank war, wie ihr Brief erkennen
ließ, würde er ihr am folgenden Vormittag die Stunde nicht mißgönnen, die er
damit verbrachte, sie zu beruhigen. Überdies könnte er morgen bereits aus der
furchtbaren Ebbe heraus sein. Und konnte es für einen Mann eine größere Freude
geben, als in einer einzigen Nacht durch eine Glücksserie den großen Coup zu
landen und drei- oder viertausend Pfund zu gewinnen?
    Man hätte
glauben können, daß ein Club, in welchem der Mindesteinsatz doppelt so hoch
war wie in allen anderen Spielclubs und das Spiel als geradezu ungeheuerlich
bezeichnet werden mußte, kaum ein Platz für einen jungen Menschen war, der von
einem völlig unzureichenden Monatswechsel lebte und dessen Erbe nur aus
schwerbelasteten Gütern
bestand. Die Männer, die dem Viscount wohlwollten, schüttelten die Köpfe, doch
sie konnten es ihm kaum verargen, in diesem Club zu spielen, da er unter den
Auspizien seines eigenen Vaters Mitglied geworden war. In Lord Pevensey – im
allgemeinen ein recht gleichgültiger Vater – regte sich ab und zu das Gefühl
für seine eigene Verantwortung. Als sich sein Erbe, nach einer mit allerlei
waghalsigen Streichen verbrachten Studienzeit in Oxford, in London häuslich
niedergelassen hatte und im Begriff stand, sein début in der vornehmen
Welt zu machen, hielt er es für seine Pflicht, alles zu tun, was in seinen
Kräften stand, um ihn in der Gesellschaft zu lancieren. Er führte ihn bei White
und Watier ein; er ließ ihn in die Subskriptionslisten des Tattersall eintragen;
er machte ihn auf gewisse Individuen aufmerksam, deren Lebensaufgabe es war,
die Dummen zu prellen; er empfahl ihm, seine Anzüge von niemand anderem als
Weston arbeiten zu lassen, seine Hüte bei Baxter zu kaufen und die Anfertigung
seiner eleganten Stiefel nur Hoby anzuvertrauen. Er warnte ihn auch vor den
Gefahren einer zu auffallend gekleideten Inkognita etwa Garte blanche zu
geben. Zuvorkommend erklärte er seinem Sohn die Merkmale, an welchen man diese
prima Artikel unter der leichtgeschürzten Musselingesellschaft erkannte, und
daß sie erfahrungsgemäß nur darauf aus waren, einen Beschützer um seine
gesamten verfügbaren Geldmittel zu erleichtern; er mahnte ihn eindringlich, nur
die erstklassigsten Ballhäuser zu besuchen. Mit dem gehobenen Gefühl, nichts
verabsäumt zu haben, um dem Viscount eine vielversprechende Karriere zu
sichern, lehnte er jede weitere väterliche Verantwortung ab, da sie ihn
bereits unsagbar zu langweilen begann, und überließ seinen Sohn von nun an
seinem eigenen Schicksal.
    Es wurde
allgemein angenommen, daß Watier, in einem an der Ecke der Bolton Street und
des Piccadilly gelegenen bescheidenen Haus – welches einstmals eine Spielhölle
ganz andrer Art gewesen war –, seine Existenz dem Prinzregenten verdanke.
Watier war einer seiner Köche gewesen. Nachdem der Prinz von einem seiner
Freunde erfahren hatte, daß man in keinem Londoner Club ein wirklich gutes
Dinner erhalten könne, kam er auf die menschenfreundliche Idee, den Gentlemen
der vornehmen Welt einen nicht im herkömmlichen Stil geführten Dining Club zu
verschaffen. Er hatte es Watier vorgeschlagen, den er für den richtigen Mann
hielt, diesen vielversprechenden Plan durchzuführen. Die Idee fand allgemeinen
Beifall. Unter Beteiligung zweier weiterer königlicher Bediensteter ließ sich
Mr. Watier auf das Wagnis ein und war damit so erfolgreich, daß er sich
innerhalb weniger Jahre von der aktiven Beteiligung an der Leitung des Clubs
zurückziehen konnte. Das Unternehmen, welches als Dining Club mit
exzellenter Küche, auserlesenen Weinen und harmonischen Veranstaltungen als
besondere Attraktion begonnen hatte, entwickelte sich im weiteren Verlauf zum
exklusivsten
und gleichzeitig ruinösesten Spielclub Londons. Die Küche, unter der

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