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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lady April
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Es
fragte sich nur – besaß er den Mut? Mr.
Hethersett, der sich den um den Tisch stehenden Zuschauern zugesellte,
überlegte dies, während er ihn nachdenklich betrachtete. Körperlichen Mut
besaß er gewiß in hohem Maße. Doch ungeachtet des perversen Stolzes, den er
darein setzte, für einen jungen Mann gehalten zu werden, der sich um nichts
bekümmert, sprach bisher nichts für die Annahme, daß er auch Charakterstärke
besaß. Mr. Hethersett, um einige Jahre älter, und ein Mann aus ganz anderem Holz,
zählte nicht zu seinen Freunden und ganz gewiß nicht zu seinen Bewunderern. Er
ließ ihm jedoch Gerechtigkeit widerfahren, anzuerkennen, daß man, obwohl er ein
widerspenstiger Schlingel war, mit einem entschiedenen Hang zum Leichtsinn,
unverbesserlich verschwenderisch und jederzeit bereit, sich in jede
extravagante Tollheit zu stürzen, die ihm seine teuflische Phantasie eingab,
nie etwas davon hörte, daß er, selbst in seiner verwegensten Laune, jene
Grenze überschritt, die zwischen den entschuldbaren leichtsinnigen Streichen
eines ausgelassenen jungen Mannes und den fragwürdigen Heldentaten lag, die
seinem Namen Unehre bringen konnten. Er war ebenso hochherzig wie gutmütig, und
Mr. Hethersett glaubte, daß er seiner Schwester aufrichtig zugetan war. Er
wußte auch, daß Cardross, welcher ihn besser kannte und über seine Streiche in
steigendem Maße außer sich geriet, seinetwegen keineswegs verzweifelte. Ohne
ihm eine Zukunft vorhersagen zu wollen, die sich durch Besonnenheit und
Zahlungsfähigkeit auszeichnete, glaubte er doch, daß er, wenn man ihm eine
Kornettstelle in einem Regiment verschaffen könnte, für seine ruhelose
Veranlagung einen Auslauf finden und sich dann bestimmt leidlich gut aufführen
würde.
    «Er mag ein
Taugenichts sein», sagte Cardross, «doch es ist kein Arg in ihm – nichts von
einem Heuchler! Es wäre mir ein großes Vergnügen, ihn scharf in Zucht zu
nehmen – denn er ist ein durch und durch mutiger Junge, und ich gestehe, daß
mir das an ihm gefällt.»
    Mr.
Hethersett schätzte das Urteil seines Cousins ungemein und in Erinnerung an
seine Worte entschloß er sich, mit Dysart zumindest Fühlung zu nehmen. Da er
dieser Aufgabe keineswegs mit Vergnügen entgegensah, dachte er, je früher er
sich ihrer entledigen könne, desto besser wäre es. Er beschloß daher, Dysart
die Angelegenheit noch am selben Abend zu unterbreiten, vorausgesetzt, daß er
sich nicht als Verlierer vom Spieltisch erhob. Aus den stark geröteten Wangen
und dem zu hellen Glanz seiner Augen hatte er bei flüchtigem Hinsehen geschlossen,
daß er ein wenig angetrunken sei; doch bald erkannte er, daß er ihm diesmal
unrecht getan hatte. Der Viscount, dessen Überschwenglichkeit ihn dazu
verleiten konnte, sich fast zu jeder Tagesstunde zu betrinken, war ein viel zu
leidenschaftlicher Spieler, um sich in diesem Zustand an einen Spieltisch zu
setzen. Obwohl ein Glas neben ihm stand, verringerte sich der darin befindliche
Brandy während der ganzen Zeit kaum um einen Bruchteil; und Mr. Hethersett
beobachtete auch dies genau,
während er gelegentlich bei einer Wette, die der Croupier monoton bekanntgab,
einen Einsatz machte.
    Das Spiel
wurde zu einer verhältnismäßig frühen Stunde abgebrochen. Selbst der Viscount
stimmte zu, da das Spiel nach einer erfolgreichen Serie auch für ihn flau und
langweilig geworden war. Er erhob sich zwar nicht als Verlierer, sein Gewinn
war aber auch nicht groß. Als ihn jemand wegen seines unbeständigen Glücks
hänselte und meinte, er werde sich schließlich doch gezwungen sehen, zum Faro
zurückzukehren, erwiderte er fröhlich, nur ein Schafskopf könne den Anzeichen
verständnislos gegenüberstehen, die alle darauf hindeuteten, daß sich sein
Glück an diesem Abend gewendet hatte. «Habe nicht einen Penny an diesem Tisch
verloren!» sagte er.
    «Dafür hast
du mehr als vierzig Guineen in deiner Börse», fügte Mr. Fancot ermutigend
hinzu. «Meiner Meinung nach ist das wichtig, Dy! Bleib bei den Würfeln!»
    «Ja, ich
glaube, das werde ich auch tun», stimmte Dysart zu. «Verwünscht, was meinst
du, ob ich mein Glück nicht einmal in diesem neuen Haus versuche, von dem mir
Jack erzählte?! Ich erinnere mich, mein Vater hat mir einmal gesagt, er hätte
oft festgestellt, daß es gut ist, den Ort zu wechseln.»
    Lord
Pevenseys notorischen Pechs ungeachtet, stimmten alle außer Mr. Hethersett
darin überein, daß der Viscount kaum etwas Besseres tun könne, als seinem

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