Georgette Heyer
Rat
folgen. Nur ein leicht angetrunkener Gentleman erhob die Einwendung, daß
niemand in einer Spielhölle spielen solle, der den Falschspielern nicht
gewachsen sei. Doch als seine Rede bei dem folgenden Versuch, diese Bemerkung
weiterhin zu erläutern, hoffnungslos unzusammenhängend wurde, indem er von der
traurigen Geschichte eines Dummkopfs berichtete, der, nachdem er in einem Club
vorsichtig angebissen, nachher in einer Spielhölle alles verlor, achtete
niemand mehr auf ihn.
Als sich
die Gesellschaft auf den Stufen des Clubs trennte, beleuchtete das Morgenlicht
bereits schwach diese Szene. Mr. Hethersett, welcher wußte, daß es Tage dauerte
könne, bis er wieder Gelegenheit fand, Dysart zu erreichen, überraschte ihn
nicht wenig dadurch, daß er vorschlug, sie sollten einander auf dem Weg in ihre
respektiven Behausungen Gesellschaft leisten. «Duke Street, nicht wahr?» sagte
er. «Werfen Sie einen Blick in meine Wohnung. Sie liegt auf unserm Weg, und die
Nacht ist noch jung.»
Dysart sah
ihn an und verdächtigte ihn, leicht angesäuselt zu sein, konnte aber keinerlei
Anzeichen hierfür entdecken. Da er sich jedoch über seine ständige Mißbilligung
völlig klar war, wußte er keinen andern Grund, um sich diese plötzliche
Freundlichkeit zu erklären. Ehe er Zeit gefunden hatte, ihm zu antworten, erbot
sich Mr. Fancot, der am St. James Square wohnte und einen Diener weggeschickt
hatte, um eine Droschke zu
holen, großmütig, sowohl ihn wie Mr. Hethersett mitzunehmen und an ihren
Wohnungen abzusetzen.»
«Bin Ihnen
sehr verbunden», erwiderte Mr. Hethersett, in dessen Gesicht sich
aufsteigender Unwille zeigte, «doch ich gehe lieber zu Fuß. War heute abend
verteufelt stickig im Club. Brauche etwas frische Luft.» Er begegnete dem
lebhaft forschenden Blick des Viscount und sagte kurz angebunden: «Habe Ihnen
etwas zu sagen!»
«Tatsächlich?»
sagte Dysart neugierig. «Dann komme ich selbstverständlich mit Ihnen.»
Sie
verließen den Club nun gemeinsam, wurden jedoch fast unmittelbar darauf von
einem ungemein gesprächigen Gentleman überholt, der sich ihnen anschloß und
geschwätzig erklärte, da die King Street sein Bestimmungsort sei, wolle er mit
ihnen gehen. Seine Gesellschaft wurde von Dysart freudig aufgenommen und von
Mr. Hethersett, der voraussah, daß es schwerfallen würde, ihn abzuschütteln,
mit stummer Resignation. Die Notwendigkeit, ihn gleichfalls einzuladen, würde
schwer zu umgehen sein, doch er war entschlossen, es dennoch nicht zu tun, wie
sehr es ihm auch gegen den Strich gehen mochte, ungastlich zu erscheinen.
Das
Kunststück gelang ihm auf Kosten seines geduldigen Ausharrens an der Ecke der
Ryder Street und von Sankt James, während der Viscount und, Mr. Wittering
zwanzig Minuten lang einen Streit fortsetzten, der schon begonnen hatte, ehe
die Gesellschaft den südlichen Teil des Piccadilly überquert hatte. Er wurde
mit beträchtlicher Lebhaftigkeit geführt und gab Mr. Hethersett die
Möglichkeit, sooft ihm bei jedem neuen Gesichtspunkt des Viscount die
Gelegenheit geboten wurde, auch sein Scherflein in gelassenerer Form
beizusteuern. Bonapartes Sieg bei Lützen über den die vereinten Streitkräfte
von Rußland und Preußen befehligenden General Wittgenstein war erst vor kurzer
Zeit in London bekannt geworden und noch immer ein beliebtes Diskussionsthema.
Mr. Wittering schüttelte den Kopf über dieses Unglück und gab seiner Meinung
Ausdruck, daß man gegen Boney nicht aufkommen könne und daß es niemals gelingen
werde, ihn zu besiegen. Da sein Pessimismus von vielen Leuten geteilt wurde und
man derartige Bemerkungen in den vergangenen Jahren bei allen
gesellschaftlichen Veranstaltungen zu hören bekam, fand es Mr. Hethersett nicht
der Mühe wert zu antworten. Anders stand es jedoch mit dem Viscount. Er war
bereit zuzugeben, daß kein ausländischer General die geringste Hoffnung habe,
Boney zu besiegen, er empfahl aber Mr. Wittering abzuwarten, wie rasch Wellington
ihn in Stücke hauen werde. Mr. Wittering erklärte geringschätzig, einer oder
der andre Sieg in Spanien habe noch nichts zu besagen. Hierauf bot ihm der
Viscount unverzüglich eine Wette um fünfhundert Pfund an, daß sich die
englische Armee, ehe das Jahr um war, jenseits der Pyrenäen befinden werde. Der
Streit nahm hierauf immer hitzigere Formen an.
Mr. Wittering, kein Anhänger der Wellesleys, war unklug genug zu sagen, man
habe die Siege Wellingtons maßlos übertrieben. Worauf er innerhalb weniger
Minuten
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