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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Junggesellentage
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von Mrs. Underhill zu erkundigen. «Er fragte nach
Miss Tiffany, aber ich sagte ihm, die Miss habe Kopfschmerzen. Dann sagte er,
wenn Sie zu Hause sind, möchte er statt Tiffany mit Ihnen sprechen. Ich wollte
Sie eben suchen. Sir Waldo ist im grünen Salon.»
    Es lag ihr
auf der Zunge, sich verleugnen zu lassen, sie unterdrückte aber diese Absicht.
Da sie nicht davonlaufen und ihren Posten verlassen konnte, mußte diese
Unterredung wohl stattfinden. Sie mußte durchhalten, solange sie konnte. Sie
überlegte, daß sie ja der Begegnung mit dem Unvergleichlichen nicht ausweichen
könne, und nahm sich vor, Ruhe und Würde zu bewahren.
    Als sie den
grünen Salon betrat, sah sie ihn an einem Tisch in der Mitte des Zimmers
stehen, die letzte Ausgabe des Liverpool Mercury überfliegend. Er legte
die Zeitung weg und sagte mit einem Lächeln, das ihr Herz erbeben machte:
«Endlich!»
    «Bitte um
Entschuldigung. Haben Sie lange gewartet?» sagte sie, entschlossen, eine
Haltung freundlicher Höflichkeit zu bewahren. Sie hoffte, er werde daraus
ersehen, daß es zwecklos war, irgendeine Erklärung abzugeben.
    «Mehr als
eine Woche! Ja, ich weiß, Sie halten es mit Ihrer Stellung für unvereinbar,
Besucher zu empfangen; aber ich war sehr diskret, glauben Sie mir! Ich sagte
dem Butler, daß ich mich nach den Abgereisten erkundigen möchte – und ging
sogar so weit, zuerst nach Miss Wield zu
fragen.»
    «Wir haben
noch keine Nachricht.»
    «Sie können
noch keine haben. Aber es war die einzige Ausrede, die mir einfiel.» Er hielt
inne. Das Lachen erfror in seinem Auge, als er sie anblickte. «Was haben Sie?»
fragte er in verändertem Ton.
    Sie gab
sich unbeschwert. «Warum? Nichts!»
    «Also, speisen
Sie mich nicht so ab, sagen Sie es mir!» Er ließ nicht locker. «Etwas ist
geschehen, das Sie betrübt. Quält Sie dieses verwöhnte Kind?»
    Sie wußte,
daß ihr eine schwere Aufgabe bevorstand, aber in ihrer Zerrissenheit hatte sie
weder geahnt, daß er sofort den Kummer in ihrem Gesicht sehen noch daß er in
einem Ton tiefer Anteilnahme sprechen werde. Es gelang ihr, ein Lächeln
vorzutäuschen und zu sagen: «Du meine Güte! – Nein, wirklich nicht, Sir ...»
    «Was ist es
denn?»
    Wie konnte
man einen Mann fragen, ob es stimme, daß er etliche uneheliche Kinder habe? Das
war ganz ausgeschlossen! Nicht das dreisteste Frauenzimmer könnte das tun.
Überdies war es ja zwecklos! Sie kannte die Antwort, und was sie wußte, hatte
sie nicht aus zweifelhafter oder übelwollender Quelle. Lindeth hatte es ihr
gesagt! Dem fiel es nicht im Traum ein, zu scherzen oder bösen Klatsch zu
machen, er behandelte die Sache als eine leicht bedauerliche
Selbstverständlichkeit. Dieser Gedanke bestärkte sie in ihrem Entschluß, und
sie sagte mit fester Stimme: «Nichts als Kopfschmerzen. Ich glaube, daß wir ein
Gewitter bekommen werden – das verursacht mir oft Kopfschmerzen. Auch Tiffany
fühlt sich nicht wohl. Eigentlich sollte ich bei ihr sein und nicht mit
Vormittagsbesuchern schwatzen. Ich hoffe, Sie halten es nicht für unhöflich,
Sir Waldo, wenn ich wieder laufe, aber ...»
    «Ich halte
Sie nicht für unhöflich, nur für unaufrichtig. Warum nennen Sie mich einen
Vormittagsbesucher, wenn Sie doch ganz genau wissen, daß ich die Gelegenheit
abgewartet habe, Sie privat sprechen zu können, und bestimmt nicht in der
Absicht, gesellschaftliche Floskeln zu wechseln.» Er lächelte sie an. «Haben
Sie Angst, gegen den Anstand zu handeln? Seien Sie doch nicht so
altjüngferlich! Sie wissen, daß auch das strengstbehütete Mädchen einen
Heiratsantrag ohne Anstandsdame entgegennehmen darf.»
    Sie
streckte die Hand abwehrend von sich, wandte den Kopf und sagte beschwörend:
«Sagen Sie das nicht! Ich flehe Sie an!»
    «Aber,
meine liebe ...»
    «Sir Waldo,
ich bin Ihnen sehr verbunden – fühle mich sehr geehrt – aber ich kann Ihren
schmeichelhaften Antrag nicht annehmen.»
    «Warum
nicht?» fragte er ruhig.
    Bestürzt
sagte sie sich, daß sie eigentlich eine unerwartete Reaktion von seiner Seite
hätte erwarten können. Da sie aber darauf nicht vorbereitet war, stammelte sie
unzusammenhängend: «Ich kann nicht – ich weiß nicht – ich habe keine Absicht –
nie einen Gedanken an Heirat ...»
    Er schwieg.
Eine Falte erschien zwischen seinen Brauen. Dann blickte er sie fest und voll
Verwunderung an. Schließlich sagte er: «Glauben Sie nicht, daß Sie doch einmal
an Heirat denken sollten? Das ist ganz leicht! Überlegen Sie doch, um wie

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